In der Vergangenheit warb FDP-Politiker Christian Dürr immer wieder für mehr Technologieoffenheit. Bei "Markus Lanz" löste Dürr aktuell jedoch Fassungslosigkeit aus, als es um das viel diskutierte Verbrenner-Verbot und die Rolle Chinas in der Autoindustrie ging.
Das Verbrenner-Aus ist Christian Dürr ein Dorn im Auge. Bei "
Deutsche Auto-Krise: "Was ist schiefgelaufen?"
Die deutsche Autobranche steckt schon seit längerer Zeit in einer tiefen Krise. Während das Interesse an E-Autos weiter schwindet, kündigte VW jüngst verschärfte Sparmaßnahmen an. Grund genug für Markus Lanz, am Donnerstagabend auf die Perspektiven der deutschen Automobilindustrie zu blicken. Dabei analysierte der ZDF-Moderator auch die entscheidende Rolle Chinas.
In Bezug auf die kriselnde deutschen Automobilindustrie wollte Markus Lanz wissen: "Was ist an welchem Punkt schiefgelaufen, dass wir heute da stehen, wo wir stehen?" Ex-VW-Chef Herbert Diess antwortete ehrlich, dass die deutsche Autoindustrie vor allem in der elektrischen Welt "ein bisschen gepatzt" habe, denn "Deutschland müsste heute der Hauptmarkt für teure Elektrofahrzeuge sein, was es nicht ist. Das ist China. Und deswegen haben wir da mit Sicherheit einen strukturellen Nachteil, den es jetzt aufzuholen gilt".
Journalistin Christina Kunkel fügte prompt hinzu, dass die Probleme vor allem im Massenmarkt "viel größer" seien. Sie kritisierte in dem Zusammenhang, dass zu lange verschlafen worden sei, was in China passiert. "Und da muss man sich schon fragen: Warum war diese Entwicklung nicht abzusehen?", so Kunkel.
Mit Blick auf Herbert Diess ergänzte die Journalistin: "Sie waren ja auch selber für China verantwortlich. Das heißt, da müssen Sie sich schon an die eigene Nase fassen und auch sagen: Ich habe das vielleicht auch ein bisschen unterschätzt, wie die Dynamiken dort sind." Lanz hakte interessiert nach: "Haben Sie das unterschätzt?"
Herbert Diess: "Wir brauchen die Chinesen hier in Europa"
Der Ex-VW-Chef wiegelte ab und sagte, dass sich "die deutschen Automanager - und zwar alle - sehr intensiv mit China befasst" und den Markt "sehr genau beobachtet" hätten.
Diess erklärte daraufhin, dass die Chinesen sich lange Zeit nicht so engagiert im Bereich der Elektromobilität verhalten hätten. Dies habe sich dann schlagartig geändert: "In China ist jetzt in den letzten Jahren eine unglaubliche Dynamik entstanden, die mich auch überrascht hat in der Geschwindigkeit."
Ein Argument, das Christina Kunkel nicht überzeugen konnte: "Es gab eine ganz klare Industriestrategie. Es war ganz klar abzulesen - China hat schon vor 20 Jahren angefangen, sich diese Rohstoffe zu sichern, die Weiterverarbeitung sich zu sichern, die Technologie aufzubauen."
Mit Blick auf eine eigene Wertschöpfung und Batteriezellproduktion in Deutschland fragte Lanz skeptisch: "Ist es zu spät?" Kunkel nickte ernst: "Aktuell sieht es so aus, als wenn es zu spät wäre."
Herbert Diess sah die Zukunft derweil weniger düster und sagte, dass man den Rückstand aufholen könne - allerdings nur "zusammen mit den Chinesen. Wir brauchen die Chinesen hier in Europa".
"Alleine schaffen wir das nicht?", wollte Lanz wissen. Diess gab daraufhin zu: "Alleine werden wir das nicht mehr schaffen." Eine Aussage, die den ZDF-Moderator nachdenklich stimmte, doch auch Christina Kunkel stellte abschließend klar: "Die Relevanz, die in Zukunft die deutsche Autoindustrie noch haben wird, die entscheidet sich zum großen Teil in China."
Christina Kunkel: "Das stimmt doch nicht!"
In Bezug auf die fehlende Dominanz Deutschlands im Automobilsektor reagierte Markus Lanz überrascht: "Diese deutsche Schlüsselindustrie ist abhängig von China!"
FDP-Politiker Christian Dürr wiegelte zunächst ab: "Von großen Märkten in jedem Fall." Lanz blieb jedoch hartnäckig: "Nein, nein, nein. Von China!" Dürr konterte trocken: "Insbesondere auch von China." Der FDP-Politiker machte weiter deutlich, was die Gründe hierfür sein könnten: "Der Fehler in Europa war, dass Politik sich angemaßt hat, zu entscheiden, was die richtige Technologie ist."
Als Dürr sagte, dass in China - im Gegensatz zu Deutschland - kein Verbrenner-Verbot angepriesen wurde, platzte es aus Christina Kunkel heraus: "Das stimmt doch nicht!"
Dürr referierte dennoch unbeirrt weiter und sagte, dass die Politik nicht entscheiden könne, auf welche Technologie sich Autohersteller fokussieren sollen. "Wenn die batterieelektrischen Autos so überlegen sind, dann braucht man Verbrenner nicht verbieten", so Dürr weiter. Der Politiker plädierte für eine Strategie der "Technologieoffenheit und Marktwirtschaft".
Christina Kunkel konterte unbeeindruckt: "Wir können das gerne in Deutschland so machen, wie es China macht." Laut der Journalistin braucht es nämlich Jahre, wenn man in China einen Verbrenner zulassen wolle. "Das sind doch die Maßnahmen, die dort getroffen werden. Da gibt's ein Verbot!", so Kunkel.
Dürr erklärte daraufhin: "Weil sie erhebliche Emissionsprobleme haben in Städten wegen der Kohlekraftwerke. Das gehört zur Wahrheit dazu." Kunkel stichelte zurück, dass man die Strategie aufgrund der Feinstaubbelastung dann auch in deutschen Städten wie Hamburg etablieren könne. Ein Argument, das Dürr wütend machte: "Bitte Hamburg nicht mit Peking vergleichen!" Der FDP-Mann wiederholte: "Ich rate dringend davon ab, dass Politiker sich hinstellen und über Technologien entscheiden, die die Zukunft bestimmen."
Mit Blick auf den politischen Einfluss im Bereich der neuen Technologien sprach Markus Lanz schließlich die gestrichenen Subventionen für Elektroautos an. Dies habe laut Lanz die Anzahl der neu zugelassenen Elektroautos in einen Sinkflug gebracht. Dürr sah darin jedoch kein politisches Versagen, denn es hätte den Steuerzahler "unfassbar viel Geld" gekostet, die Subventionen weiterzutragen. Dürr wetterte weiter, dass Angela Merkels Plan, bis 2030 15 Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen zu haben, zudem nicht viel gebracht hätte, denn: "Selbst, wenn man den Plan verfolgt hätte, hätten wir trotzdem in Deutschland die Klimaziele im Verkehrsbereich um 50 Prozent gerissen."
Daher stellte Dürr klar: "Ohne synthetische Kraftstoffe glaube ich nicht, dass es funktionieren wird." Während Lanz lachend feststellte, "Frau Kunkel bricht gleich zusammen!", kritisierte Autoexperte Stefan Bratzel abschließend: "Das ist das Problem der Bundesregierung, dass man Ziele setzt und dann nichts dafür tut, dass man diese Ziele auch erreicht."
Herbert Diess macht Hoffnung: "Wir haben noch nicht verloren"
Markus Lanz versuchte innerhalb der Sendung, FDP-Politiker Christian Dürr mehrmals aus der Reserve zu locken, als es um E-Fuels und batteriebetriebene Autos ging. Dabei stellte er lachend fest, wie Dürr das Wort "Technologieoffenheit" in den Mund nahm. Abschließend zeigte sich Lanz dennoch versöhnlich, als er sagte: "Ich habe eine große Liebe bei der FDP für Elektroautos gespürt."
Obwohl bei "Markus Lanz" deutlich wurde, dass sich der deutsche Automobilmarkt in einer prekären Lage befindet, sorgte Herbert Diess für Hoffnung, als er sagte: "Ich glaube, die deutsche Autoindustrie hat immer noch gute Voraussetzungen." Laut Diess sei "noch alles machbar" - besonders im Premium-Segment. "Wir haben noch nicht verloren", so Diess, der erklärte, dass Deutschland nur einen "starken Heimatmarkt schaffen" müsse. Christian Dürr sah dies neutraler und stellte mit Blick auf die Zukunft der E-Autos klar: "Am Ende entscheiden die Verbraucher, was sich durchsetzt." © 1&1 Mail & Media/teleschau
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