Bei "Hart aber fair" wurde der globale Schutz des Planeten auf ein nationales Format gebracht. Ist Deutschland wirklich Vorbild bei der Rettung oder machen wir uns hier nur etwas vor, wollte Frank Plasberg wissen und lud dafür eine kompetente Runde ein. Und einen Krawallmacher.
Klimawandel, Verlust der Artenvielfalt oder Vermüllung der Meere sind nur ein paar der aktuell größten Probleme und man muss kein Umweltaktivist sein, um zu erkennen, dass die Menschheit diese Probleme besser schnell löst.
Höchste Zeit also, dass all diese Themen noch mehr Eingang in die Medien finden.
"Hart aber fair": Mit diesen Gästen diskutierte Frank Plasberg
Svenja Schulze (SPD), Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare SicherheitHannes Jaenicke , Schauspieler, Dokumentarfilmer und Umweltaktivist- Holger Lösch, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI)
- Heike Holdinghausen, Redakteurin der "taz" für Wirtschaft und Umwelt
- Jan Fleischhauer, Publizist
Darüber wurde bei „Hart aber fair“ diskutiert
"Gefühltes Öko-Vorbild, gelebter Klimasünder: Lügt sich Deutschland grün?" - spätestens seit feststeht, dass Deutschland seine Klimaziele krachend verfehlen wird, dürften nur noch wenige Menschen Deutschland noch als "Öko-Vorbild" sehen und sei es nur als gefühltes. Immerhin funktioniert der Titel als Steigbügelhalter, um irgendwie in das Thema zu finden.
Deutschland als Vorbild: Man hätte es sich beim Blick auf das Thema denken können: Nein, Deutschland taugt zumindest in puncto Plastikmüll nicht als Vorbild. Deutschland produziert zu viel Plastik, zu wenig wird tatsächlich recycelt und noch dazu exportiert das Land seinen Plastikmüll in alle Welt. "Das muss uns unendlich peinlich sein, denn die gehen voran", erklärte Journalistin Holdinghausen auf die Frage, wie peinlich es uns sein muss, dass China keinen deutschen Müll mehr importieren möchte.
Plastikmüll: Umweltministerin Svenja Schulze sieht hier nicht nur Verbesserungsbedarf, sondern auch erste Schritte in die richtige Richtung: "Wir müssen in Deutschland besser werden. Deswegen haben wir in Deutschland seit 1. Januar ein neues Verpackungsgesetz, wo wir genauer nachvollziehen können, wo der Müll herkommt und wo er hingeht. Wir müssen da ansetzen, wo der Müll produziert wird."
Lösungen: Das Reden über Probleme bringt nur etwas, wenn man auch über Lösungen diskutiert - und das tat die Runde. Svenja Schulze geht das Plastikproblem so an: "Ich will, dass weniger Plastik verwendet wird und dass das Plastik, was wir verwenden, auch wieder recycelt wird."
Hannes Jaenicke sieht hier auch den Verbraucher in einer mächtigen Position: "Der Geldbeutel ist die schärfste Waffe, die wir haben."
Der merkwürdigste Auftritt des Abends bei "Hart aber fair"
Publizist Jan Fleischhauer hat sich in den vergangenen Jahren als Marke des Dagegen-Redners etabliert.
Auch bei der aktuellen Diskussion versuchte Fleischhauer seinen Markenkern zu pflegen: "Ich finde immer so eigenartig, dass wir glauben, dass wir diese ganzen Probleme lösen würden, wenn wir bei uns immer diese ganzen Schrauben noch ein bisschen schärfer andrehen und völlig außer Acht lassen, wie mit der Umwelt woanders umgegangen wird", versuchte sich Fleischhauer an einem Argument dafür, dass alles beim Alten bleibt.
Die Kenntnislosigkeit Fleischhauers über das Anschieben von Transformationsprozessen mag vielleicht auch an der Art der Vorbereitung gelegen haben, die der Publizist im Vorfeld der Sendung betrieben hat.
Über die Kunden von Läden, die Waren unverpackt anbieten, wusste Fleischhauer zum Beispiel Folgendes zu berichten: "Da habe ich mir mal angeguckt: Wer geht da rein? In der Regel Frauen zwischen 35 und 45, die gerade ihre Plagen an der Kita abgegeben haben und jetzt kurz vorm Pilates-Kurs stehen, das heißt, alle Zeit der Welt haben."
Kurzum: Man hatte nicht den Eindruck, dass es Fleischhauer um einen ernsthaften Diskussionsbeitrag ging, sondern um die Show. Zu sehr schien er sich in der Rolle des Provokateurs zu gefallen, bezeichnete seine Stichelei gegen Hannes Jaenicke selbst als "cheap shot".
Der bemerkenswerteste Auftritt bei "Hart aber fair"
Ganz anders trat hingegen Jakob Blasel auf. Der Abiturient, der sich an den aktuellen Schülerdemonstrationen für mehr Klimaschutz beteiligt, wurde im Verlauf der Sendung hinzugeholt und redete Klartext, worum es eigentlich geht: "Es ist meine Zukunft, die da gerade verspielt wird."
Blasel will, dass das 1,5-Grad-Ziel unbedingt erreicht wird, denn jeden Tag, an dem nichts getan wird, werde es schwieriger.
Die Mehrdimensionalität des Klimaschutzes, zum Beispiel beim Kohleausstieg, sieht der 18-Jährige, sagt aber über die Angst der Menschen vor Job-Verlusten: "Ich hätte selber Angst, wenn die Jobs meiner Eltern bedroht wären. Aber trotzdem sind das 1,5-Grad-Ziel und die Pariser Klimaziele eine rote Linie. Das ist eine Linie, die wir für unser aller Zukunft, auch für die Kinder der Kohle-Mitarbeiter, nicht überschreiten dürfen. Wenn dann Jobs bedroht sind, ist das vor allem ein Versagen von nicht angegangener Klimapolitik der vergangenen Jahre."
Das Fazit
Es war alles in allem eine gute Diskussionsrunde bei "Hart aber fair". Weniger, weil es in Bezug auf Plastikmüll und Plastikmüllvermeidung die ganz großen Erkenntnisse gab. Informationen, wie man nachhaltiger lebt, gibt es in Hülle und Fülle.
Gut war die Runde vor allem deshalb, weil die viel größere Frage als die von Jute oder Plastik bei fast jedem Argument durchklang: Können wir wirklich den Planeten retten, ohne uns vom bisherigen Lebensstil radikal zu verabschieden?
Eine Antwort lieferte die Runde auf diese Frage nicht, konnte sie auch gar nicht. Aber mit dem Auftritt von Jakob Blasel immerhin einen eindringlichen Ausblick darauf, was passiert, wenn wir es nicht tun.
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