Bei "Hart aber Fair" ging es am Montagabend um die Folgen des Solingen-Anschlags. Wie kann jetzt die Sicherheit in Deutschland erhöht und das Vertrauen in Politik gestärkt werden? Während SPD-Sicherheitspolitiker Sebastian Fiedler eine Tatsache in der Debatte auf die Palme brachte, fällte CDU-Politiker Wolfgang Bosbach ein vernichtendes Urteil über die Asylpolitik.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Marie Illner dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Kommenden Sonntag wird in Thüringen und in Sachsen gewählt. Ein Ereignis, das die Wahlen beeinflussen könnte: das Attentat in Solingen. Was die Stimmung anheizt: Der Täter hätte längst abgeschoben sein sollen, sein Asylantrag in Deutschland war abgelehnt worden. Was schützt in Zukunft: Messer-Verbote, Abschiebewellen – oder doch etwas ganz anderes?

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Das ist das Thema bei "Hart aber Fair"

Nach dem Attentat in Solingen werden Stimmen in der Politik lauter, die einen härteren Kurs in Sachen Migration und Abschiebung fordern. CDU-Chef Merz hatte beispielsweise einen Aufnahme-Stopp für Syrer und Afghanen gefordert. Bei "Hart aber Fair" blickte Louis Klamroth mit der Runde auf die nötigen politischen Konsequenzen nach dem Attentat. Dabei ging es auch um die Frage, was der Terroranschlag für die Landtagswahlen und das Vertrauen in die Demokratie bedeutet.

Das sind die Gäste

  • Wolfgang Bosbach (CDU): "Was für ein Land wollen wir sein? Wir wollen Humanität auf der einen und Ordnung auf der anderen Seite. Wenn immer mehr Leute das Gefühl haben, das erste klappt prima, aber das zweite klappt überhaupt nicht, dann kippt die Stimmung", warnte er.
  • Katrin Göring-Eckhardt (Grüne): "Wir sollten über den islamistischen Mörder reden, der aus Syrien kam. Wir sollten aber nicht über die Syrer reden. Das würde uns ins eigene Fleisch schneiden." Deutsche Krankenhäuser würden zusammenbrechen, wenn syrische Ärztinnen und Ärzte nicht mehr wären, erinnerte Göring-Eckardt.
  • Katja Hoyer: "Die Demokratie ist in Gefahr", sagte die Autorin. Man versuche, den Menschen zu sagen, sie dürften die AfD nicht wählen. Anstatt über die eigene Politik nachzudenken und die Frage, warum die Menschen die AfD wählen würden, schiebe man die Verantwortung nur auf den Wähler. "Zu sagen: Ihr müsst uns weiterwählen, egal, was wir hier machen, das ist so lange so gelaufen", so Hoyer.
  • Sebastian Fiedler (SPD): Der Bundestagsabgeordnete sagte, das größte Abschiebehindernis sei, dass man nicht wisse, mit wem man es zu tun habe. "Das ist das Hauptproblem", so Fiedler. Er habe "die Schnauze voll davon", dass immer große Reden geschwungen würden – etwa in Bezug auf die Notwendigkeit von Datenspeicherung oder der Leistungsfähigkeit von Nachrichtendiensten – sich aber nichts ändere.
  • Lina Herzog: Die Initiatorin des Bündnisses "Dorfliebe für alle" sagte, es werde zu wenig über Islamismus und wie man etwas dagegen tun könne, gesprochen. Sie erlebe beispielsweise nicht, dass die Bundesregierung sich für die demokratischen Kräfte vor Ort in Syrien einsetze. "Wir dürfen den Anschlag nicht für die Migrations- und Abschiebedebatte politisieren", mahnte sie.
  • Luca Piwodda (PdF): Der 24-jährige Bürgermeister von Gartz in Brandenburg war sich sicher: An vielen Stellen gebe es kein öffentliches Leben mehr im Osten. Die Menschen hätten das Gefühl, sie würden nicht gehört werden und hätten keine Stimme mehr. "Man muss dauerhaft präsent sein, dann kriegt man auch Vertrauen – und nicht nur drei Monate vor der Wahl."

Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber Fair"

Die Debatte über Messer-Verschärfungen sei wichtig, habe aber nichts mit der Bekämpfung des Islamismus zu tun und hätte den Vorfall in Solingen nicht verhindert, stellte Fiedler klar. Die Debatte über ein Messer-Verbot sei viel älter. "Wir haben über 14.000 Messerdelikte. Ich habe mit einem Schülersprecher aus meinem Wahlkreis gesprochen – da hat ein Lehrer am Tag sechs Messer eingesammelt", berichtete er.

Raub- und Körperverletzungen seien an der Tagesordnung. Wenn es nach ihm ginge, müssten Messer im öffentlichen Raum grundsätzlich verboten werden – es dürfe dann nur wenige Ausnahmen geben. "Apfelschälende Menschen haben Sorge, dass sie ihr Messer nicht mehr mitnehmen dürfen", witzelte Fiedler, aber: "Bei Terror-Anschlägen hat dieses Thema meiner Meinung nach nichts verloren."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Es ging um die Frage, ob man Straftäter auch nach Syrien und Afghanistan abschieben sollte. Göring-Eckhardt erinnerte: "Wenn wir Straftäter nach Afghanistan abschieben, kann es sein, dass die da nicht ins Gefängnis kommen, sondern gefeiert werden – und dann relativ schnell wieder bei uns sind. Das halte ich für uns für gefährlich, das sollten wir nicht riskieren".

Bosbach reagierte wütend: "Sie sind abgeschoben und sie haben gerade wörtlich gesagt: 'Es kann passieren, dass die relativ schnell wieder bei uns sind.' Das ist eine Kapitulationserklärung unseres gesamten Asylrechts!" Die Grünen-Politikerin reagierte: "Sie sollten lieber hier im Gefängnis sitzen und nichts Schlimmes tun können."

So hat sich Louis Klamroth geschlagen

Sicher kein einfaches Thema für Moderator Louis Klamroth. Er machte einen soliden Job und fragte etwa in Bezug auf den Vorschlag von Merz, einen Aufnahmestopp zu verhängen: "Haben Sie verstanden, ob er jetzt einfach das Grundgesetz aushebeln will?" Es gelang ihm aber nicht, gemeinsam mit der Runde, in der Tiefe herauszuarbeiten, welche Vorschläge im Raum der Sicherheit Deutschlands wirklich zuträglich sind – und welche geforderten Folgen nur parteitaktisches Gequatsche darstellen.

Nach Anschlag in Solingen: Forderungen nach härteren Abschieberegeln

Ein Syrer, dessen Abschiebung 2023 gescheitert ist, soll den Messeranschlag in Solingen verübt haben. Vor Landtagswahlen im Osten mehren sich die Forderungen nach schärfere Regeln in der Migrationspolitik.
An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

Das ist das Ergebnis bei "Hart aber Fair"

Dass der Anschlag die Landtagswahlen im Osten beeinflussen wird, darin war sich die Runde einig. Nur über das Ausmaß gab es unterschiedliche Ansichten. Auch, dass es gesetzliche Verschärfungen geben muss, fand mehrheitliche Zustimmung. Offen aber: Wo genau? Hier blieb die Runde insgesamt zu schwammig und changierte zu sehr zwischen Regulierungsdebatte, Parteitaktik und Wunschkonzert.

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