Bei Hart aber fair bespricht Frank Plasberg an diesem Montagabend ein Thema, das Millionen Bürgern in deutschen Städten betrifft: die Not an bezahlbarem Wohnraum. Ein FDP-Politiker macht spektakuläre Vorschläge. Am Ende gibt ein Moderator in Hochform der kommenden Administration von Angela Merkel einen Regierungsauftrag mit.

Eine Kritik
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Worum geht es bei Frank Plasberg?

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Um vielleicht die Sorge von Millionen Bürgern in deutschen Städten schlechthin. "Wir wollen helfen bei den Koalitionsverhandlungen, damit die Selbstverständlichkeit Wohnen nicht zum Luxusgut wird", sagt Moderator Frank Plasberg am Montagabend zu Beginn von Hart aber fair in der ARD: "Explodierende Mietpreise – da tickt eine Zeitbombe."

Es geht um die Wohnungsnot in deutschen Städten, der Titel der Sendung lautet: "Wenn Wohnen unbezahlbar wird – was muss die Regierung tun?" Mietpreisbremse, Energiesparverordnung, Grunderwerbssteuer – alles wird diskutiert.

So hat sich Frank Plasberg geschlagen

Sehr gut. Der Moderator hakt nach, bohrt. Plasberg schont dabei keinen seiner Gäste und wirkt ungemein engagiert. Lobenswert ist sein steter Drang, greifbare Lösungsansätze zu präsentieren.

Das sagen die Gäste

Alexander Graf Lambsdorff, FDP: Auch der Bundestagsabgeordnete ist in Hochform. Selten sieht man solch konkrete Vorschläge von Politikern. "In München sind die Preise ja schon hoch. Aber nehmen Sie Berlin, die Hauptstadt ist in einem Aufholprozess", sagt der 50-Jährige.

"Russen, Chinesen und Dänen. Wir erleben eine Aushöhlung der Städte." Er lehnt eine modifizierte Mietpreisbremse ab. Diese war in einem ersten Entwurf sowohl bundesweit als auch vor Ort in den Städten wegen Verfahrensfehlern katastrophal gescheitert. "Wenn wir eine Mietpreisbremse nachgeschärft in den Markt bringen, entsteht kein neuer Wohnraum", meint er.

Thomas Hafner, Vater einer zehnjährigen Tochter, der seit Jahren in Frankfurt auf Wohnungssuche ist. Seit fünf Jahren ist er in der Mainmetropole auf der Suche nach einer geeigneten Wohnung. 30 bis 40 Mal habe er sich beworben, erzählt er von "Massenbesichtigungen, bei denen 500 bis 600 Bewerber da sind. Oft auch mit einer kleinen Obolus-Zahlung an den Makler".

Es sei letztlich "befremdlich, wenn 500, 600 Interessenten vor einer Wohnung stehen. Man steht mit dem Konkurrenten in der Wohnung", sagt er.

Caren Lay, Die Linke. Die Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik klagt über untragbare Zustände, etwa, dass "Rentner nach 30, 40 Jahren aus ihren Wohnungen fliegen", sagt sie. "Wir müssen das stoppen."

Sie fordert: Bauen, bauen, bauen, vor allem für "untere und mittlere Schichten". Und sie will, drastisch, eine Grundgesetzänderung zum sozialen Wohnungsbau. Dieser sei einst vom Bund an die Länder gegangen. Lay: "Das war ein schwerer Fehler."

Gerhard Matzig, Architektur-Journalist der Süddeutschen Zeitung, spricht von dem "sozialen Sprengstoff dieser Stunde und in diesem Land". 350.000 neue Wohnungen bräuchte es pro Jahr, gebaut würden 250.000, meint er, "die Mietpreisbremse ist ein schlecht gemachtes Gesetz. Was machen denn die Politiker den ganzen Tag? Das ist ein Tsunami an Staatsversagen."

Sein Vorschlag: "In Wien oder Paris wird wesentlich höher gebaut als in München."

Klaus-Peter Hesse, Geschäftsführer des Immobilienverbands ZIA, wirft der Politik vor, den Wohnungsmarkt seit Jahren vernachlässigt zu haben.

Das Rededuell des Abends

Lay und Hesse streiten über die Mietpreisbremse. Zur Erklärung: Laut Mietpreisbremse darf eine Miete nur zehn Prozent mehr kosten als bei vergleichbaren Wohnungen - eigentlich.

Doch es gibt mehrere Haken: So darf ein Vermieter etwa eine Miete wieder verlangen, die er schon mal verlangt hat. Und: Mieter wissen meist nicht, was der Vormieter gezahlt hat, müssen das explizit schriftlich verlangen, geraten so in Gefahr, eine Wohnung nicht zu bekommen.

Hesse wettert: "Wir brauchen Neubau, keine weitere Regulierung." Lay gerät in Rage, dass die Immobilienwirtschaft nur zehn Prozent Wohnungen für sozial schwächere Bürger baue, dabei werde "im Moment gebaut, wie lange nicht".

Sie will eine modifizierte Mietpreisbremse. "Der Mieter kann sein Recht gar nicht einklagen", meint sie echauffiert und streitet mit Hesse auch über die sogenannte Modernisierungsumlage, wonach Kosten für Sanierungen auf die Miete draufgepackt werden dürfen.

Hesse entgegnet: "Es hilft nichts, an dieser Preisbremse rumzudoktern. Der Staat ist Preistreiber Nummer eins", sagt er und meint die Grunderwerbssteuer von 6,5 Prozent.

Die Ergebnisse bei Hart aber fair

Es wird erfrischend konkret. Graf Lambsdorff erklärt das sogenannte niederländisches Modell, wonach es "viel mehr vertragliche Freiheit gibt für die, die bauen". Dämmung, Umweltthemen und so weiter - es gebe viel weniger Bauvorschriften, und somit sei es möglich, günstiger zu bauen.

Der Osten von Amsterdam sei das beste Beispiel, schildert der FDP-Politiker und fordert, die Grunderwerbssteuer für Eigenbedarf zu erlassen. Plasberg listet weitere Punkte in einer Art Regierungsauftrag auf: zum Beispiel, alten Menschen einen Wohnungstausch zu ermöglichen oder, den Dämmwahn zu stoppen.

Journalist Matzig schließt die Sendung mit einer treffenden Botschaft: "Ich glaube, dass der Weckruf angekommen ist. Ansonsten verliere ich den Glauben an die Politik."

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