Am Wochenende wollen erneut Tausende Menschen in Berlin gegen Israels Angriffe auf Gaza demonstrieren. Bei "Markus Lanz" warnte Iran-Expertin Gilda Sahebi jedoch davor, dass die Debatten um einen importierten, muslimischen Antisemitismus für noch mehr Spaltung sorgen und Rassismus schüren würden. Eine Sichtweise, die der ZDF-Moderator so nicht teilen konnte.
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Seit der Hamas-Terrorattacke auf Israel kam es in Deutschland bei pro-palästinensischen Demonstrationen wiederholt zu antisemitischen und israelfeindlichen Aktionen. ZDF-Moderator
Das sind die Gäste
- Johannes Vogel, stellvertretender FDP-Vorsitzender: "Unsere Antwort auf Israel-Hass darf nicht Islam-Hass sein."
- Michael Wolffsohn, Publizist: "Die Palästinenser sind nicht in der Lage, sich selbst zu befreien."
- Gilda Sahebi, Iran-Expertin: "Das spielt sich gerade genauso aus, wie sich das das iranische Regime erhofft hat."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
In den letzten Tagen hat Israels Armee rund 600 Ziele in Gaza angegriffen. Publizist Michael Wolffsohn gab mit Blick auf die vielen zerstörten Gebiete zu: "Es ist eine Tragödie des palästinensischen Volkes, nicht nur der Menschen im Gazastreifen." Laut des Historikers sei das palästinensische Volk seit jeher von Menschen geführt worden, die nicht in der Lage waren, "eine politische Politik" zu verfolgen.
Stattdessen sei das Einsetzen von Gewalt ein Ausdruck von "Rache und Empörung". Auch wenn der Historiker als Wehrpflichtiger in der israelischen Armee diente, stellte er klar, dass es ihm nicht "an Empathie für andere Menschen (...) oder die Palästinenser im Besonderen mangeln würde". Für ihn sei nun die zentrale Frage, wie sich das palästinensische Volk von sich selbst - "genauer gesagt von seiner Führung befreien" - könne.
FDP-Politiker Johannes Vogel nickte zustimmend und machte deutlich, dass die Narrative, die Hamas würde einen Befreiungskrieg führen, eine "absolute Entgleisung im Blick auf die Tatsachen" seien. Vogel weiter: "Aus Gaza kommt die Hamas als Terrororganisation und die facht diesen Hass an, weil sie eben geprägt ist von der Überzeugung, dass Israel vernichtet werden muss." Dies sei laut des Politikers ein "barbarischer Ur-Hass", der Israel existenziell bedroht. Besonders die Gräueltaten der vergangenen Wochen hätten die Lage noch einmal verschärft, wie Vogel erklärte: "Babys, die geköpft wurden, in Backöfen gesteckt wurden. Diese unfassbare Entfesslung von Unmenschlichkeit. Die kann einem ja nur unter die Haut gehen."
Iran-Expertin Gilda Sahebi ergänzte daraufhin, dass hinter der Brutalität auch ein Kampf der Narrative stecke, bei dem besonders das iranische Regime eine große Rolle spiele. "Deswegen ist es so giftig, (...) weil es unglaublich gut ist darin, Narrative zu schaffen. Es macht seit 1979 nichts anderes." Obwohl es in der Region knapp 500 Millionen Araber, aber gerade einmal neun Millionen Israelis gibt, werde laut Sahebi seit Jahren erzählt, dass Israel "der imperialistische Block im Nahen Osten sei, der gegen alles kämpfe, was muslimisch sei".
Gerade deshalb sehe sich das iranische Regime als Anführer "dieser Achse des Widerstands", der zu jeder Zeit Terrorgruppen wie die Hisbollah, die Hamas oder den islamischen Dschihad dazu anstiften könne, Israel anzugreifen. Sahebi warnte in dem Zusammenhang: "Das Ziel ist es, dass es (...) die große Spaltung gibt - die große Polarisierung zwischen dem Westen und dem globalen Süden."
Das ist das Rede-Duell des Abends
Laut Sahebi sei die Polarisierung jedoch nicht nur im Nahen Osten zu spüren, sondern auch längst in Deutschland angekommen. "Durch die Debatte, wie sie hier geführt ist, wird dieses Narrativ nochmal gefüttert", so die Iran-Expertin, die besonders Politiker wie
Lanz reagierte überrascht: "Was meinen Sie jetzt konkret?" Sahebi antwortete: "Es war einfach eine sehr rassistische Stimmung in den ersten Tagen nach dem 7. Oktober. Die Art und Weise, wie über diese Hamas-feiernden Proteste gesprochen wurde." Laut Sahebi sei vor allem das Wort "Abschieben" rassistisch motiviert: "Das kann nicht eine ernsthafte Lösung sein für dieses Problem." Die Iran-Expertin wetterte weiter: "Das ist kein importierter Antisemitismus. Das ist unser Antisemitismus! Diese Menschen sind in Deutschland und zu suggerieren, dass diese Menschen nicht zu Deutschland gehören, weil sie eine andere Ethnie haben, das ist rassistisch und das fördert die Spaltung." Sahebi warnte deshalb: "Je größer die Polarisierung wird, desto mehr sind auch Jüdinnen und Juden in Deutschland gefährdet."
Sie ergänzte wütend: "Wir führen mal wieder eine ethnisierte Debatte. Eine Debatte, über 'die' Muslime." Dass man laut Merz jetzt die Willkommenskultur ändern müsse, sei laut der Iran-Expertin demnach "keine Lösung", sondern lediglich eine "rassistische Debatte". Lanz konterte prompt: "Die These, zu sagen, wir haben hier kein Problem mit Antisemitismus, der zugewandert ist, das finde ich ganz schwierig." Er tue sich deshalb "schwer damit, Friedrich Merz an dem Punkt zum Problem zu machen".
Sahebi blieb jedoch standhaft und erklärte: "Wenn wir sagen, wir sind ein Einwanderungsland und diese Menschen kommen hierher, dann ist das unser Problem. Dann müssen wir mit dem Antisemitismus umgehen." Eine Aussage, die Lanz in Rage brachte: "Nein! Nein, wirklich nicht!" Der ZDF-Moderator fügte wütend hinzu: "Wenn man irgendwo in ein Land kommt, gibt es auch eine Bringschuld (...) und man muss doch irgendwann mal verstehen, wo man ist!" Lanz fragte stichelnd: "Das ist rassistisch, finden Sie?" Sahebis Antwort - eindeutig: "Ja!"
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz schaffte es, mit seinen Gästen tief in das Probleme des muslimischen Antisemitismus einzutauchen und zu verstehen, wie Ängste, Hass und Vorurteile geschürt werden können. Gleichzeitig scheute der ZDF-Moderator nicht davor zurück, Iran-Expertin Gilda Sahebi in die Enge zu drängen, als sie Friedrich Merz Rassismus unterstellte.
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
FDP-Politiker Johannes Vogel forderte bei "Markus Lanz", dass es möglich sein müsse, einem Menschen, der durch eine antisemitische Straftat aufgefallen sei, die Einbürgerung zu verbieten. "Wenn jemand eine ausländische Staatsbürgerschaft hat, können dazu auch ausländerrechtliche Maßnahmen gehören - also zum Beispiel Ausweisung", so Vogel. Iran-Expertin Gilda Sahebi plädierte stattdessen für ein besseres Bildungssystem und mehr Grundkenntnisse zum Nahostkonflikt: "Man muss eine echte Strategie finden, wie wir diese Narrative ändern können - und zwar dauerhaft." © 1&1 Mail & Media/teleschau
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