Louis Klamroth diskutierte mit seiner Runde am Montagabend über die von der Ampel-Regierung geplanten Cannabis-Legalisierung. Während ein bekennender Cannabis-Konsument, eine ehemals alkoholabhängige Journalistin und der Gesundheitsminister dafür warben, meldete CSU-Politiker Blume Zweifel an.

Eine Kritik
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Die Ampel-Regierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag auf eine Legalisierung von Cannabis geeinigt. Der aktuelle Vorschlag sieht eine kontrollierte Freigabe ab 18 Jahren vor. Bei jungen Altersgruppen könnte der Wirkstoffgehalt begrenzt werden.

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Verkauft würde Cannabis von Fachgeschäften und Apotheken, ein Eigenbesitz von 20 bis 30 Gramm wäre legal. Der Staat soll aktiv sein im Anbau, bei der Lieferung und im Betrieb.

Das ist das Thema bei "Hart aber fair"

Ist die Ampel mit ihrer Forderung der Cannabis-Legalisierung auf dem falschen Trip? Wo liegen Gefahren und Chancen? Louis Klamroth diskutierte am Montagabend (23. Januar) über den Stellenwert von legalen und illegalen Drogen in unserer Gesellschaft.

Dabei ging es um Verharmlosung von Gras, Werbeverbote für Alkohol, Grenzen zur Sucht, Kinderschutz und einen Blick ins Nachbarland.

Das sind die Gäste

Karl Lauterbach (SPD): Der Bundesgesundheitsminister meinte: "Wir trinken als Gesellschaft zu viel Alkohol". Der Konsum sei in den letzten Jahren aber zurückgegangen. Er werde in Zukunft über Gesetze beraten, wie man zum Beispiel die Kassenzone neu gestalten könnte.

In Bezug auf Cannabis sagte er: "Die Niederlande sind in der Hand der Drogen-Mafia. Genau das wollen wir verhindern." Wenn man nichts mache, sei das zunehmend auch in Deutschland ein Problem. Bei einem legalen staatlichen Anbau gebe es aber keinen Profit mehr für die Mafia.

Nathalie Stüben: "Es ist fatal, Alkoholabhängigkeit an den Trinkmengen festzumachen", warnte die Podcasterin und Journalistin. Sie war früher alkoholabhängig. "Ich bin froh, dass ich mit dieser Droge nichts mehr zu tun haben muss", sagte Stüben. Wenn sie einmal angefangen habe zu trinken, habe sie nicht aufhören können.

Es habe lange gedauert, bis sie eingesehen habe, dass sie süchtig ist. "Ich habe mir immer wieder Trinkregeln vorgenommen, die ich nicht einhalten konnte", forderte sie. Man müsse Schock-Bilder auf Flaschen drucken.

Curly: Der Rapper und Songwriter, der selbst Cannabis konsumiert, sagte: "Leider wird man in Deutschland dazu gezwungen, es auf dem Schwarzmarkt zu kaufen." Für ihn handele es sich um Genuss. Er sprach sich für eine Legalisierung aus. "Die Leute kiffen jetzt schon und es finden Schäden statt, weil das Gras, welches sie konsumieren, nicht staatlich kontrolliert wird", sagte er.

Markus Blume (CSU): "Die Droge wird verharmlost", sorgte sich der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst in der Legalisierungsdebatte. Bis zu einem Alter von 25 Jahren sei das Gehirn von Jugendlichen noch nicht voll entwickelt.

Man müsse die Konsequenzen einer Legalisierung in den Blick nehmen: "Dann wächst die Nachfrage, dann wird mehr konsumiert." Wenn mehr konsumiert werde, würden auch die signifikanten Folgeerkrankungen steigen. "Davor die Augen zu verschließen, schmerzt mich", so Blume. Die liberale Drogenpolitik in den Niederlanden sei gescheitert.

Sabine Ahrens-Eipper: Die Kinder- und Jugendpsychotherapeutin berichtete aus der Praxis, dass im Zentrum nicht nur die Menge und Frequenz des Alkoholkonsums steht, sondern auch die Funktionalität. "Wenn ich jeden Abend ein Glas Wein brauche, um runterzukommen, wäre unsere Profession schon ein bisschen in Sorge", sagte sie. Die Psychotherapeutenschaft fordere seit Jahren ein Werbeverbot für Alkohol.

Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber fair"

Psychologin Ahrens-Eipper sprach einen wichtigen Punkt an, der aus ihrer Sicht in der gesamten Debatte fehlt. "Wenn wir jetzt Cannabis legalisieren und den Erwachsenen erlauben zu kiffen, zum Beispiel in ihrer Wohnung, was ist eigentlich mit dem Passiv-Kiffen? Was ist mit den Kindern, die in dieser Wohnung wohnen?".

Sie vermisse Überlegungen zum Kinderschutz. Ihr seien Fälle bekannt, bei denen Kinder passiv mitgekifft hätten und völlig apathisch gewesen seien. Lauterbach entgegnete, es gebe im Zuge der Legalisierung klare und kontrollierbare Regeln: "Jetzt ist überhaupt nichts geregelt", erinnerte er.

Das ist das Rede-Duell des Abends

CSU-Mann Blume lobte den zurückgehenden Alkoholkonsum, sagte allerdings: "Ich frage mich, ob das Maß noch stimmt." Die Ampel sei einerseits auf einem Verbots-Kurs, wolle andererseits neuen Suchtmitteln den Weg öffnen. "Saufen kann sicher keine Legitimation fürs Kiffen sein", unterstrich er.

Lauterbach konterte: "Das wäre ja richtig, was Sie sagen, wenn bisher getrunken würde und wir würden jetzt mit unserem Gesetz den Cannabis-Konsum in Deutschland einführen". Dieser sei aber bereits da, man führe ihn nicht durch das Gesetz erst ein.

"Es wird immer mehr, auch in Bayern", erinnerte er Blume. Somit gelte: "Wir führen nicht in Bayern den Cannabis-Konsum ein, sondern Sie kriegen ihn nicht in den Griff". Blume schüttelte nur entgeistert den Kopf.

So hat sich Louis Klamroth geschlagen

So langsam ist Klamroth in seiner Rolle angekommen – mehr und mehr wird "Hart aber fair" zu seiner Show. Gleichzeitig merkte man, dass ihm das Thema lag. Er stellte lockere Fragen wie "Ist Alkohol in Bayern Sucht- oder Grundnahrungsmittel?" und "Wo kaufen Sie denn ihr Zeug?"

Ihm gelang aber auch die sachlich-analytische Ebene und er kitzelte von den Gästen die verschiedenen Facetten einer Legalisierung hervor. Eine Frage allerdings war ziemlich unvorteilhaft. Er wollte von der ehemals alkoholabhängigen Journalistin Stüben wissen: "Wie viel haben Sie dann so getrunken?".

Das widerstrebte der Tatsache, dass sich problematischer Alkoholkonsum längst nicht nur an der Trinkmenge bemisst.

Das ist das Ergebnis bei "Hart aber fair"

Die Legalisierung von Cannabis lässt sich nicht diskutieren, ohne über den Stellenwert von Alkohol zu sprechen. Das wurde am Montagabend (23.) deutlich. Besonders Lauterbach machte eine gute Figur und wehrte sich erfolgreich gegen Polemik.

Blume stand mit seiner Position "kontra Legalisierung" ziemlich auf verlorenem Posten da. Etwas ausführlicher hätte man noch die Situation in anderen Ländern beleuchten können. Zu kurz kam auch das konkrete Schadpotenzial von Cannabis sowie die Entlastung für die Ermittlungsbehörden durch eine Legalisierung.

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