Das mutmaßliche Attentat in München beschäftigte "Markus Lanz" und seine Gäste am Donnerstag. Die Rede war von "politischem Versagen" - aber auch von einer zunehmend gereizten Debattenkultur.

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Das Thema der Runde

Nach Mannheim und Aschaffenburg blickt ganz Deutschland aktuell nach München. Am Donnerstag ist dort ein Auto in eine Menschenmenge gefahren. Dabei wurden etwa 28 Menschen teils schwer verletzt. Der Fahrer, ein 24-jähriger Afghane, wurde festgenommen. Nach dem mutmaßlichen Anschlag stehen die politischen Konsequenzen noch aus. Markus Lanz beleuchtete dazu in seiner Sendung die Verantwortung der Regierung sowie den allgegenwärtigen Populismus im Wahlkampf. Zudem sprach er über die Zukunft der Debattenkultur in Deutschland.

Die Gäste

  • Journalist Michael Bröcker echauffiert sich über die fatalen Versäumnisse in der Migrationspolitik der Ampel: "Es sind immer wieder kleine Puzzlestücke des politischen Versagens."
  • Journalistin Kristina Dunz blickt sorgenvoll auf die hitzigen Debatten kurz vor der Bundestagswahl: "Es hat sich ja in drei Jahren wahnsinnig viel verändert."
  • Philosoph Richard David Precht warnt mit Blick auf die Zukunft der Ukraine: "Wie unsere Politiker gerade vor Trump kuschen, das macht mir richtig Angst."
  • Journalistin Sabine Rennefanz prophezeit einen weiteren Anstieg der AfD-Wählerstimmen: "Dieses Brandmauer-Denken hat dazu geführt, dass die AfD immer größer geworden ist."

Die Offenbarung des Abends

Mit Blick auf die Bilder aus München wollte Markus Lanz am Donnerstagabend wissen: "Wie sehr beeinflusst das möglicherweise den Ausgang dieser Wahl?" Journalistin Sabine Rennefanz reagierte nachdenklich: "Im Wahlkampf habe ich die Befürchtung, dass es jetzt noch polarisierter wird, noch stärker sich um Migration dreht und eben nicht um Pflege, nicht um Bildung." Markus Lanz nickte ergriffen und echauffierte sich über die "ritualisierten" Trauerbekundungen seitens der Politik. "Deutschland zahlt mittlerweile (...) einen hohen Preis für diese Migrationspolitik", sagte der ZDF-Moderator.

Journalist Michael Bröcker konnte dem nur zustimmen: "Die Statements sind austauschbar." Laut Bröcker zeige die "Copy-und-Paste-Trauer" der Regierung vor allem, "dass wir inzwischen über den Punkt hinweggekommen sind, wo es um Wut geht. Sondern wir sind an dem Punkt, wo es um Ohnmacht geht". Lanz konterte geschockt: "Überleg mal, was das heißt. Was für ein grauenvoller Begriff!"

Michael Bröcker beschwerte sich daraufhin lautstark darüber, dass sich "90 Prozent aller islamistischen Täter in den letzten acht Jahren hier in Deutschland (...) radikalisiert" haben. Über Innenministerin Nancy Faeser sagte er derweil streng: "Diese Frau ist in ihrem Amt überfordert. Diese Regierung ist überfordert." Dem stimmte auch Richard David Precht zu und sagte: "Ich sehe eine unglaubliche Überforderung, eine Verzweiflung und auch eine große Hilflosigkeit."

Er prognostizierte jedoch, dass es nach der Wahl große "Veränderungen" geben werde. "Ich glaube, dass wir es schaffen werden, straffällig gewordene Täter zurückzubringen in ihre Heimatländer. (...) Wir werden einige richtige Dinge tun, aber wir werden uns nicht grundsätzlich davor schützen können", warnte Precht.

Der Philosoph schoss deshalb scharf gegen die AfD: "Das ist natürlich völliger Blödsinn, den Alice Weidel erzählt: 'Wenn die AfD regieren würde, könnte sowas nicht passieren'. Man muss mal überlegen, wie viele Menschen aus Afghanistan in diesem Land leben. (...) Ich kann nicht jeden Einzelnen scannen, überwachen, dass so eine Tat sich nicht auf ähnliche Art und Weise wiederholen kann."

Laut Precht müsse man daher in der Migrationsfrage "realistische Erwartungen an diese Veränderungen hegen". Michael Bröcker erläuterte daraufhin den Frust der Bevölkerung und sagte: "Die Menschen haben einfach schlicht nicht mehr das Gefühl, dass alles versucht wird."

Ein Gefühl, das laut Precht auf den Wahlkampf zurückzuführen sei, in dem die demokratische Mitte nicht zusammenfinden wolle. "Die Grünen und die SPD wollten, dass die Brandmauer eingerissen wird, weil sie das im Wahlkampf gegen die CDU verwenden wollten. Und die CDU wollte Rot-Grün als Versager vorführen und sich selbst als Macher und hat deswegen genau zu diesem Zeitpunkt die fünf Punkte eingebracht", behauptete Precht. Das Problem der Migration sei damit "zum Spielball wahltaktischer Überlegungen gemacht" worden und "das ist auch das, was ich der Union in erster Linie vorwerfe".

Der Erkenntnisgewinn

Bei "Markus Lanz" machten die Gäste deutlich, dass die Migrationsdebatte in der politischen Mitte am Ende "nur der AfD" zugutekomme. Richard David Precht äußerte sogar die Befürchtung, dass die Partei nach dem Attentat in München "noch stärker werden könnte". Eine Befürchtung, die auch Sabine Rennefanz teilte, denn: "Wir haben versucht, die AfD zu ignorieren ganz lange. (...) Es hat nicht funktioniert. Es hat die AfD immer noch stärker gemacht."

Nach dem Vorfall in München äußerte die Journalistin den konkreten Wunsch: "Ich hoffe, dass die demokratischen Parteien das machen, was sie bisher nicht geschafft haben - sich irgendwie zusammenzuraufen. Es muss etwas passieren, es muss sich etwas verändern. (...) Es muss einfach ein Signal kommen, dass wir in irgendeiner Weise für die Zukunft uns besser aufstellen." Richard David Precht warnte jedoch erneut: "Eine absolute Sicherheit (...) gibt es leider nicht."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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Teaserbild: © ZDF / Markus Hertrich