Immer mehr namhafte Experten warnen vor den Risiken von Künstlicher Intelligenz. Die "Markus Lanz"-Runde machte am Dienstagabend klar, dass wir uns technologisch nicht mehr vor dem drohenden Kontrollverlust schützen können.
Fake News, Deepfakes und die immer rasanter werdende Entwicklung der Künstlichen Intelligenz: Mittlerweile schlagen selbst IT-Unternehmer wie
Doch wie gefährlich kann der technologische Wandel wirklich für unsere Gesellschaft werden? Bei "
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Leben wir mittlerweile in einer Welt, in der es mehrere Realitäten gibt? Spätestens seit der Amtszeit von Ex-US-Präsident Donald Trump ist der Begriff Fake News in aller Munde.
Ob auf Twitter oder selbst im amerikanischen TV: Immer häufiger werden Lügen verbreitet - sei es vorsätzlich oder unwissentlich. Mittlerweile scheint das Phänomen neue Sphären erreicht zu haben, denn dank Künstlicher Intelligenz und digitaler Bilder lassen sich mittlerweile auch visuelle Fälschungen auf einem Niveau erschaffen, die kaum noch als Fälschung zu enttarnen sind.
Am Dienstagabend war der künftige Einfluss der Künstlichen Intelligenz auf unser Wahrheitsempfinden das Thema bei "Markus Lanz". Dazu lieferten unter anderem IT-Experte Linus Neumann und Investigativ-Reporter Florian Flade Besorgnis erregende Erkenntnisse.
Das sind die Gäste
- Johannes Hano, Journalist und Leiter des New Yorker ZDF-Studios, berichtete zugeschaltet aus den USA und hielt fest: "Die Anklage von Donald Trump ist ein historisches Novum."
- Linus Neumann, Berater für IT-Sicherheit, Hacker und Psychologe, sagte: "Wir offenbaren gerade eine Angriffsfläche, die wir uns selbst eingebrockt haben."
- Florian Flade, Journalist und Investigativ-Reporter, warnte davor, die Folgen von KI zu verharmlosen: "Gesunder Menschenverstand hat in unserer Branche schon für ganz schlimme Dinge gesorgt."
- Martin Knobbe, Journalist und Politikressortleiter des "Spiegel", blickte nach Übersee: "Was wir in den USA sehen, ist auch eine Krise der Medien."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Zu Beginn der Sendung blickte Markus Lanz in die US-Metropole New York, in der sich der angeklagte Ex-US-Präsident Donald Trump erstmals vor einem Richter verantworten musste. Gegen den 76-Jährigen wurden am 4. April insgesamt 34 Anklagepunkte verlesen. "Das hat Amerika so noch nicht gesehen", stellte Markus Lanz in der Runde fest.
Dazu erzählte der aus New York zugeschaltete ZDF-Korrespondent Johannes Hano aufgeregt: "Das war ein großes Medienspektakel. Es waren mehr Medienvertreter hier als Demonstranten."
Zu den Straftaten, die Trump aktuell zur Last gelegt werden, sagte Hano derweil nüchtern: "Wenn jemand Business-Unterlagen fälscht, dann ist das ein Verbrechen in New York. Jeder, der hier Geschäfte macht, muss sich an die Gesetze halten. Und die Gesetze gelten für alle gleich - auch für ehemalige US-Präsidenten."
Im Gespräch mit Lanz stellte Johannes Hano klar, dass Donald Trump tatsächlich eine Haftstrafe blühen könnte: "Im Moment sieht es so aus, als sei die Staatsanwaltschaft überzeugt davon, dass er genügend Anklagepunkte für eine Haftstrafe hat. Ob es wirklich dazu kommt, das muss man jetzt abwarten." Hano ergänzte: "Die letzten Tage hat Donald Trump auf jeden Fall die News-Zirkel rund um die Uhr dominiert. Es ist ein historisches Novum. Das hat es noch nie gegeben."
Dazu schaltete sich Journalist Martin Knobbe ein, der feststellte: "Was wir in den USA sehen, ist auch eine Krise der Medien. In den USA kommen die Medien ihrer Aufgabe nicht mehr nach." Dies brachte Markus Lanz zum Thema Fake News und Künstliche Intelligenz. Der Moderator fragte seine Gäste: "Wie verändert Künstliche Intelligenz unsere Idee von Wahrheit?"
Korrespondent Johannes Hano sagte dazu mit Blick auf umstrittene US-TV-Kanäle wie Fox News: "Das ist ein riesiges psychologisches Problem, dass die Medien hier angeheizt haben. Da gibt es einen Markt, und der Markt wird bedient. Ich würde aber das, was Fox News macht, nicht als Journalismus bezeichnen."
Markus Lanz stellte sichtlich beunruhigt fest: "Wir waren bei gefälschten Texten, jetzt sind wir bei gefälschten Bildern und Fake-Interviews. Die Frage ist, wo hört das auf? Wann wird der Moment gekommen sein, an dem wir den Unterschied nicht mehr sehen?" ZDF-Korrespondent Hano antwortete prompt: "Man muss doch einfach nur mal seinen normalen Menschenverstand einschalten und sich fragen: Kann das denn überhaupt sein?"
Martin Knobbe stimmte dem zwar zu, warnte aber gleichzeitig: "An unseren Prinzipien als Journalisten müssen wir nicht viel ändern. Grundsätzlich muss man an jedes neue Material prüfend herangehen. Die Frage ist aber, was in einem, zwei oder fünf Jahren sein wird."
Das ist das Rede-Duell des Abends
Investigativ-Reporter Florian Flade stimmte dem nicht zu und mahnte am Dienstagabend bei "Markus Lanz": "Gesunder Menschenverstand - damit fahren wir oft gut, aber manchmal eben auch nicht. Gesunder Menschenverstand hat in unserer Branche schon für ganz schlimme Dinge gesorgt. Es hat ja auch damit zu tun, ob ich das glauben will, was ich da sehe. Das wird immer schwieriger."
IT-Experte Linus Neumann ergänzte auf eindrucksvolle Art und Weise: "Es wird keine technischen Lösungen geben, die in der Lage sein werden, zu sagen, ob es Situationen wirklich gegeben hat oder ob sie aus einem Computer entstanden sind." Neumann weiter: "Bei der Masse wird der Aufwand der Überprüfung auch einfach irgendwann zu viel. Mit dem Gedanken müssen wir uns als Gesellschaft anfreunden. Ich sehe eine riesige Herausforderung und in der Masse kann das echt schlimm sein."
Markus Lanz sprach daraufhin das sogenannte Deepfake-Gespräch zwischen Franziska Giffey und einem gefälschten Vitali Klitschko an. Statt damit für Fassungslosigkeit zu sorgen, stieß der ZDF-Moderator jedoch auf Unverständnis bei seinen Gästen. Johannes Hano sah eine Mitschuld bei der getäuschten SPD-Politikerin: "Ich verstehe das überhaupt nicht. Sofort auf ein Zoom-Interview einzugehen, da gehört einfach auch Sorgfaltspflicht dazu."
Martin Knobbe ergänzte: "Diese Gags sind ja wie Telefonstreiche. Ich habe mehr Sorge vor den kleineren, diffizilen Sachen. Da kann man subtil Botschaften senden." IT-Experte Linus Neumann brachte die Diskussion daraufhin auf eine völlig neue Ebene, als er sagte: "Wenn wir in einer Welt leben, in der Donald Trump mit 34 Anklagepunkten vor Gericht steht und Menschen schon daran nicht glauben, haben wir doch bereits eine viel schlimmere Krise. Ich mache mir größere Sorgen darüber, was das mit einer Gesellschaft macht, die auf einmal glauben kann, was sie will."
Markus Lanz: "Das ist ja gruselig!"
Florian Flade stellte dazu fest: "Wir reden hier von einer neuen Art von Religion. Ich glaube, da rutscht ein Teil der Gesellschaft ab. Es gibt ja Menschen, die bewusst in Alternativwelten leben wollen. Uns fehlen da aber die Instrumente, dem entgegenzusteuern. Das ist eine sehr, sehr brisante Entwicklung." Markus Lanz wirkte ratlos: "Wie kriegen wir das in den Griff? Wer entscheidet über die Wahrheit? Das ist ja gruselig!" Eine Frage, die keiner seiner Gäste so richtig beantworten konnte.
Linus Neumann versuchte es dennoch und sagte mit ernster Miene: "Fangen wir bei den Tweets an? Das wäre vom Aufwand her ja Wahnsinn. Was wir haben, ist eine Gesellschaft, die in eine Unsicherheit und Verwirrung getrieben wird. In solchen Zeiten sehnt man sich vor scheinbar starken Personen wie Donald Trump. Wenn wir unseren Wertekanon in zehn Jahren noch verteidigen wollen, dann müssen die Menschen lernen, mit der neuen Herausforderungen umzugehen. Es wird nicht gehen, die Menschen zu bevormunden. Wir offenbaren gerade eine Angriffsfläche, die wir uns selbst eingebrockt haben."
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Von der aktuellen Trump-Anklage bis zu den - noch - theoretischen Gefahren von Künstlicher Intelligenz gelang es dem ZDF-Moderator, das Konkrete mit dem Theoretischen in einen Gesprächszusammenhang zu betten. Markus Lanz stellte dabei die richtigen Fragen, auch die grundsätzlichen über die Unterscheidbarkeit von Wahrheit und Lüge.
Das ist das Fazit
Die Gäste bei "Markus Lanz" waren sich am Dienstagabend einig darin, dass der Einsatz von Künstlicher Intelligenz schwerwiegende und potenziell gefährliche Folgen nach sich ziehen könnte. Ob auf politischer oder gesellschaftlicher Ebene: Sogenannte Fake News und Deepfakes sind schon jetzt ein täglicher Bestandteil unseres Lebens. Tendenz? Steigend.
Dazu stellte Investigativ-Reporter Florian Flade in der Sendung zu den Innovationen im Bereich der Chatbots fest: "Es funktioniert ja offenbar und dass das geht, ist erschreckend. Und es wird ja nur besser mit der Zeit." Auch IT-Experte Linus Neumann erklärte am Dienstagabend sorgenvoll: "Vor wenigen Monaten gab's das alles noch nicht, und wir stehen hier jetzt mit einer Gesellschaft, die in keinster Weise darauf vorbereitet wurde." © 1&1 Mail & Media/teleschau
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