Der Koalitionsstreit geht auch nach der Sommerpause weiter. Nach dem Heizungsgesetz debattiert die Regierung nun über das "Wachstumschancengesetz", das von der grünen Familienministerin Lisa Paus blockiert wird. Bei "Markus Lanz" zeigte sich SPD-Chef Lars Klingbeil am Dienstagabend sichtlich genervt von derartigen "Retourkutschen".

Eine Kritik
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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

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Nachdem Familienministerin Lisa Paus ihr Veto gegen das Wachstumschancengesetz von Christian Lindner und die damit einhergehenden Steuererleichterungen für Firmen im Kabinett eingelegt hat, soll der Zwist Ende August auf der Kabinettsklausur in Meseberg geklärt werden. Trotz des erneuten Chaos stellte sich SPD-Chef Lars Klingbeil bei "Markus Lanz" entschieden hinter Bundeskanzler Olaf Scholz.

Das sind die Gäste

  • Lars Klingbeil, SPD-Vorsitzender: "Es ist die Aufgabe der Regierung, Sicherheit, Stabilität und Orientierung zu geben."
  • Kerstin Münstermann, Journalistin: "Es braucht eine völlig neue Industriepolitik."
  • Issio Ehrich, Afrika-Experte: "Der Putsch im Niger ist ein Konflikt, den niemand kommen sah."
  • Frank Sauer, Politologe: "Wir haben es mit einem Abnutzungskrieg zu tun."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Zu Beginn der Sendung blickte Markus Lanz auf den erneuten Streit innerhalb der Ampelkoalition, nachdem die grüne Familienministerin Lisa Paus am vergangenen Mittwoch das "Wachstumschancengesetz" von Finanzminister Christian Lindner blockiert hatte und damit die Regierung in eine neue Krise stürzte.

"Wie groß war Ihre Hoffnung vor der Pause, dass Sie ohne Streit aus der der Sommerpause zurückkommen?", wollte der ZDF-Moderator von Lars Klingbeil wissen. Die klare Antwort des SPD-Chefs: "Groß. [...] Ich hatte schon die Hoffnung und irgendwie auch so diesen naiven Glauben vielleicht, dass alle in der Sommerpause nochmal bisschen in sich gegangen sind." Der Politiker gab in dem Zusammenhang offen zu: "Das ist ja kein Stil, in dem es Spaß macht, zu regieren. Deswegen dachte ich, das läuft jetzt geräuschloser."

Bereits letzten Donnerstag kritisierte Klingbeil den erneuten Streit in der Ampelkoalition bei einer SPD-Veranstaltung in Frankfurt am Main. Dort sagte er: "Das hat mich sehr fassungslos gemacht." Im Gespräch mit Markus Lanz beteuerte er jedoch aktuell: "Ich glaube, die kriegen das jetzt auch aufgelöst innerhalb des Augusts. Aber ich kann mir bis heute nicht erklären, warum das da jetzt genau so passiert ist." Lanz reagierte trocken: "Peinlicher geht's nicht." Auch Journalistin Kerstin Münstermann zeigte sich "fassungslos" über den jüngsten "Fehlstart": "Der Restart wirft kein gutes Bild auf die Regierung."

Klingbeil stimmte teilweise zu und ergänzte: "Es ist die Aufgabe der Regierung, Sicherheit, Stabilität und Orientierung zu geben - ich dachte, dass alle das verstanden haben." Der SPD-Chef ließ aber auch durchblicken, dass er es "nicht zulassen" werde, "dass wir auf der einen Seite den Kampf gegen Kinderarmut gegen den Kampf für Wirtschaftswachstum irgendwie gegeneinander ausspielen. Es ist für beides Platz, es ist für beides Geld da."

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Das ist das Rede-Duell des Abends

Dies veranlasste Markus Lanz, mit Blick auf die Streitereien rund um das Heizungsgesetz zu fragen, ob es sich hierbei um eine "Retourkutsche" der Grünen gegen die FDP handle. Klingbeil ausweichend: "Ich kann Ihnen das nicht beantworten." Der SPD-Chef ("Wir sind halt nicht schrill und laut") beteuerte jedoch, dass er sich "den Start nach der Sommerpause" auch "anders vorgestellt" habe und es gebe "auch keine Entschuldigung dafür". Lanz ließ jedoch nicht locker und stellte erneut fest: "Das hat das Niveau von Sandkasten-Retourkutschen. Die FDP hat die Grünen geärgert beim Heizungsgesetz und jetzt ärgern wir euch beim Wirtschaftsgesetz."

Klingbeil konterte: "Wenn der Eindruck öffentlich entsteht, dass es was mit Retourkutschen zu tun hat, dann ist das verheerend." Zumal es derzeit eine wirtschaftliche Situation gebe, in der "dringend etwas passieren" müsse: "Wir haben viel größere Aufgaben, als uns jetzt über diese beiden Gesetze zu streiten." Kerstin Münstermann wollte die Aussage des SPD-Chefs nur bedingt gelten lassen und forderte ein strenges Handeln des Kanzlers.

Lars Klingbeil reagierte schwammig: "Wir hatten es ja schon, dass der Kanzler auch Machtworte gesprochen hat." Scholz könne laut des SPD-Chefs jedoch "nicht jede Woche auf den Tisch hauen". In dem Zusammenhang erklärte Lanz, dass hin und wieder der Eindruck entstehe, dass die SPD vermehrt auf der Seite der FDP stünde. Klingbeil nannte dies jedoch offen "Quatsch" und stellte klar: "Das stimmt einfach nicht." Währenddessen stichelte Kerstin Münstermann weiter: "Ich glaube, dass Olaf Scholz und Christian Lindner vielleicht inhaltlich - dadurch, dass sie mal denselben Job bekleidet haben - doch ein bisschen näher beieinander sind, als jetzt Olaf Scholz und Lisa Paus."

Nachdem Klingbeil innerhalb der Sendung sowohl mit Blick auf den Ampelstreit als auch mit Blick auf den Industriestandort Deutschland mit Lanz und den anderen Gästen nicht unbedingt auf einen Nenner kommen wollte, stellte er wütend klar: "Ich bin jetzt auch nicht hier, um den Kanzler zu erklären." Darauf konterte Lanz mit einem entschiedenen "Doch" und unterstellte dem SPD-Chef, der sich für den Industriestrompreis starkmachte, "gegen den Kanzler" zu kämpfen. Ein Vorwurf, den sich Klingbeil nicht gefallen lassen wollte und betonte, dass es "völlig normal" sei, wenn der Kanzler und der Parteivorsitzende nicht immer dieselbe Position vertreten würden.

So hat sich Markus Lanz geschlagen

In der ersten Sendung nach der Sommerpause stürzte sich Markus Lanz auf mehrere große Themenkomplexe. Während er versuchte, mit Lars Klingbeil auf Konfrontation zu gehen, blieb wenig Zeit, um tiefer in den Ampelstreit oder die Zukunft des Industriestandort Deutschland einzugehen. Derweil zeigte sich Lanz beim Ukrainekrieg zurückhaltender und überließ Politologe Frank Sauer den größten Redeanteil.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

"Es nützt keinem, wenn das so weitergeht", sagt Klingbeil sichtlich genervt über den neuerlichen Ampelstreit - und trifft die Sache im Kern.  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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