Ist das Atomabkommen mit dem Iran nach den jüngsten Eskalationen noch zu retten? Die Gäste von Maybrit Illner hoffen das. Über das "Wie" herrscht allerdings eher Ratlosigkeit.

Eine Kritik

Mehr aktuelle News finden Sie hier

Mehr aktuelle News

Heiko Maas ist in diesen Tagen ein vielbeschäftigter Mann: Am Donnerstagnachmittag hat er im libyschen Bengasi noch für einen Waffenstillstand geworben, am Abend sitzt er dann schon wieder in Berlin im Studio bei Maybrit Illner. Es geht um den nächsten Konflikt.

Was ist das Thema bei "Maybrit Illner"?

Die US-Regierung lässt den iranischen General Soleimani töten, kurz darauf greift Iran amerikanische Ziele im Irak an, das iranische Militär schießt versehentlich sogar ein Passagierflugzeug ab: Die Zuspitzung des Konflikts zwischen den USA und Iran hat die Welt in den vergangenen Wochen an den Rand eines Krieges gebracht.

Seitdem setzten beide Seiten zwar auf Deeskalation, die Fronten aber bleiben verhärtet. Gibt es so überhaupt noch eine Chance, Iran vom Bau von Atomwaffen abzuhalten? Und was kann Deutschland in dem Konflikt unternehmen? Das will Maybrit Illner von ihren Gästen wissen.

Wer sind die Gäste?

  • Heiko Maas: Der Bundesaußenminister wirbt unablässig für den Erhalt des Abkommens, das den Iran vom Bau atomarer Waffen abhalten soll. Wenn das dortige Regime im Besitz solcher Waffen wäre, so der SPD-Politiker, "dann würde das die Sicherheitslage bis nach Europa dramatisch verändern".
  • Florence Gaub: "Wir als Europäer haben eine Brückenfunktion, die Amerikaner haben eher eine Druckfunktion", sagt die stellvertretende Direktorin des Europäischen Instituts für Sicherheitsstudien in Paris. Um Iran zu Zugeständnissen zu bewegen, sei das eigentlich keine schlechte Konstellation. Allerdings fehle es allen Beteiligten an gegenseitigem Vertrauen.
  • Arye Sharuz Shalicar: 2022, vielleicht aber schon Ende dieses Jahres, könnte sich der Iran atomar bewaffnet haben, befürchtet der deutsch-israelische Publizist. Das könne auch andere Staaten in der Region zum Aufzurüsten verleiten. "Deswegen müssen wir jetzt Gas geben, um den Iran aufzuhalten."
  • Shahrzad Osterer: "Es gibt eine wahnsinnig große aufgestaute Wut in der Gesellschaft", sagt die iranische Journalistin über ihr Herkunftsland. Der Abschuss der Passagiermaschine durch das iranische Militär habe viele Menschen gegen das Regime aufgebracht. Nun hofft Osterer, dass Europa die Demokratieforderungen der Iraner klar unterstützt.
  • Constanze Stelzenmüller: Die Politikwissenschaftlerin arbeitet für die Denkfabrik "Bookings". Sie beobachtet, dass sich die Amerikaner parteiübergreifend am liebsten aus den komplizierten und endlosen Konflikten im Nahen Osten zurückziehen würden. Europa müsse dann mehr Verantwortung in der Region übernehmen. "Das ist das, was uns jetzt bevorsteht."

Was war das Rede-Duell des Abends?

Die Runde ist sich meistens einig – zu wirklichen Diskussionen kommt es nicht. Die einzige Ausnahme ist die Frage, wie weit die Europäer auf den Iran zugehen sollen. Sowohl Arye Sharuz Shalicar als auch Shahrzad Osterer machen auf die Menschenrechtslage aufmerksam: Unzählige Bürger seien in den vergangenen Monaten im Iran festgenommen oder sogar ermordet worden. Kann man mit so einem Regime reden?

"Fordern Sie ein offenes Referendum über die Islamische Republik als Staatsform" – mit diesem Appell spricht Shahrzad Osterer Bundesaußenminister Maas ganz direkt an. Es sei lobenswert, auf ein Abkommen mit Teheran hinzuwirken, sagt die Iranerin. "Aber das darf nicht auf Kosten der Menschenrechte im Iran und in der Region passieren."

Maas allerdings glaubt nicht, dass es den Iranern helfen würde, wenn sich andere Staaten in die inneren Angelegenheiten einmischten. Wenn man etwas an der Menschenrechtslage ändern wolle, nütze es nichts, in Deutschland Pressemitteilungen zu verschicken, so Maas. "Dann müssen wir mit den Verantwortlichen im Iran reden."

Was war der Moment des Abends?

Europäische Politiker haben sich mit Kritik am Vorgehen der USA eher zurückgehalten – und die Schuld an der Eskalation eher beim Iran gesehen. In dieser Sendung geht der deutsche Außenminister allerdings klar auf Distanz zur Regierung von US-Präsident Donald Trump.

Maas will weiter das Gespräch mit den Iranern suchen. "Ich glaube, dass dieser Weg der bessere ist, als das mit maximalem Druck und maximaler Abschreckung zu tun." Er habe nicht das Gefühl, dass die Politik der USA "uns irgendeinen Schritt weitergebracht habe".

Einen weiteren Schritt geht Maas aber nicht: Maybrit Illner will von ihm wissen, ob die Tötung des iranischen Generals völkerrechtswidrig war. Da redet sich Maas heraus. Die Amerikaner hätte die Tötung mit ihrem Recht auf Selbstverteidigung begründet: Ein Anschlag habe unmittelbar bevorgestanden. Beweise dafür, dass das wirklich so war, kennt aber auch Maas nicht.

Was ist das Ergebnis?

Konzentrierte Analysen, kein Streit, kaum Diskussionen – und viel Ratlosigkeit. So ließe sich die Sendung zusammenfassen. Die Gäste sind sich häufig einig. Das liegt auch daran, dass niemand eingeladen wurde, der die US-Politik des maximalen Drucks auf den Iran verteidigen würde. Der Diskussion hätte das vielleicht gut getan. So aber wirken alle Rufe nach Diplomatie und Deeskalation eher vergeblich.

Allerdings: Ein paar Hoffnungsschimmer gibt es doch. Der schreckliche Abschuss des ukrainischen Passagierflugzeugs mit 176 Toten hatte zumindest die Folge, dass das Regime in Teheran nun unter Druck steht. "Wir sollten erkennen, dass der Iran in einer Schwächeposition ist und dass das Fenster für Verhandlungen günstig ist", sagt Militärsoziologin Florence Gaub.

US-Präsident Donald Trump

Donald Trump bezeichnet getöteten iranischen General Qasem Soleimani als "Hurensohn"

Donald Trump hat den getöteten iranischen General Qasem Soleimani bei einem Wahlkampfauftritt in Milwaukee einen "Hurensohn" genannt. Nach Auffassung des US-Präsidenten hätte Soleimani bereits vor Jahren umgebracht werden sollen.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.