Bei "Hart aber Fair" ging es am Montagabend (23. Oktober) um den Krieg in Israel und die Situation der Jüdinnen und Juden in Deutschland. Während Omid Nouripour ausbuchstabierte, was mit "Staatsräson" gemeint ist, kritisierte Publizist Friedmann eine Doppelmoral in Deutschland und warnte, die liberale Demokratie sei in Gefahr.
Am Sonntag haben über 10.000 Menschen am Brandenburger Tor in Berlin ihrer Solidarität mit Israel Ausdruck verliehen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte die Gesellschaft zum Schutz jüdischen Lebens aufgerufen. Die Jüdische Gemeinde Berlin war jedoch enttäuscht von der Teilnehmerzahl – ebenso wie einer der Studiogäste.
Das ist das Thema bei "Hart aber Fair"
Es war damit zu rechnen, dass auch
Das sind die Gäste
Omid Nouripour (Grüne): "Der Graben verläuft nicht zwischen dem Glauben, sondern zwischen denjenigen, die für die Demokratie einstehen und den Feinden der Demokratie", so der Bundesvorsitzende. Teilweise werde die Diskussion so geführt, "als wäre es Israel gegen die Palästinenser", sagte der Nouripour. So sei es nicht. "Wir reden über eine Terrororganisation, unter der auch die Palästinenser, gerade in Gaza, massiv leiden", stellte er klar.Michel Friedman : Der Publizist meinte: 10.000 Menschen auf der Pro-Israel-Demonstration in Berlin von Sonntag (22.) seien "wenn man überlegt, was für ein Zivilisationsbruch stattgefunden hat", sehr wenig. "Ich hätte etwas mehr erwartet", gab er zu. "In keinem Land um Israel herum könnte irgendjemand demonstrieren gegen Könige, Prinzessinnen oder Ajatollahs, weil sie sofort im Gefängnis oder auf dem Friedhof landen würden", sagte Friedmann. Es müsse im Interesse der westlichen Welt sein, dass ein solches Land verteidigt werden würde. "Wir sind nur die Ersten", sagte er über eingeschüchterte Juden.- Jouanna Hassoun: "Es gibt unter den Palästinensern in Deutschland viele Stimmen, die sich versöhnend äußern. Sie werden aber zu wenig wahrgenommen", so die Deutsch-Palästinenserin und Geschäftsführerin von Transaidency e. V.. Die randalierenden Menschen seien nicht die Mehrheit der Palästinenser. "Die meisten möchten einfach in Frieden leben", betonte sie. Sie würden es nur nicht laut verurteilen.
- Mariam Lau: "Das Schlimme ist ja, dass der Antisemitismus von drei Richtungen kommt: Von Linken, Rechten und Muslimen", sagte die Journalistin von der "Zeit". Das, was in Israel passiert sei, sei vergleichbar mit "SS-Einsatztruppen".
- Guido Steinberg: Der Nahost-Experte und Islamwissenschaftler von der "Stiftung Wissenschaft und Politik" meinte: "Der Nahost-Konflikt geht weit über den Konflikt zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten hinaus, hier droht eine regionale Eskalation." Wenn die Hamas, die Entscheidungen zum Massenmord am 7. Oktober selbst gefällt habe – "das wissen wir noch nicht ganz", so Steinberg – dann gebe es die Möglichkeit, dass es ein Krieg zwischen Israel und der Hamas bleibe. Wenn die Hamas, die Hisbollah und die Quds-Einheiten es gemeinsam entschieden hätten, "dann müssen wir damit rechnen, dass es nicht bei Gaza bleibt", warnte Steinberg.
Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber Fair"
Islamwissenschaftler Steinberg sagte, er habe den Eindruck, dass "Staatsräson" eine "wohlfeile politische Vokabel" sei, die niemand ausbuchstabieren könne oder wolle. Klamroth gab die Frage an Nouripour weiter und wollte wissen: "Was bedeutet das, Staatsräson?"
Der Grüne antwortete: "Es bedeutet, dass wir stehen müssen, wenn es darauf ankommt und jetzt ist der Moment da". Klamroth reichte das nicht. "Was bedeutet es konkret?", hakte er nach. Nouripour erklärte, dass die Israelis beispielsweise geleaste Überwachungsdrohnen sofort zurückbekämen und Munition für die Marine bekommen würden. "Aber es ist nicht nur Militär", betonte er.
Klamroth wollte noch wissen, ob es auch dazukommen könnte, dass deutsche Soldaten vor Ort Hilfe leisten müssten. Nouripour dazu: "Ich glaube nicht, dass das gebraucht wird. Ich glaube nicht, dass israelische Soldaten darauf zurückkommen werden." Der erste Sicherheitsansprechpartner der Israelis seien die Amerikaner.
Das ist das Rede-Duell des Abends
Als es um die Geiselbefreiung ging, sagte Steinberg: Es werde vor allem mit Katar geredet, weil das Land einen so großen Einfluss auf die Hamas habe. Seit 2012 habe Katar etwa eine Milliarde Dollar in das Land geschickt und nun auch Einfluss bei der Geiselbefreiung genommen. Mit Blick auf die Bodenoffensive warnte Steinberg allerdings: "Wenn die massiv erfolgt, dann müssen wir damit rechnen, dass die Hamas und auch der islamische Dschihad keine Geisel freiwillig mehr freilassen."
Friedmann wandte später ein: "Natürlich muss man mit Katar sprechen, natürlich muss man mit Iran sprechen. Aber muss man mit denen Geschäfte machen? Muss man zulassen, dass von Deutschland Geschäfte mit solchen Partnern eine Rolle spielen?", fragte Friedmann. Deutschland gehe weg von Diktator Putin hin zum Diktator in Katar. "Hier ist viel Heuchelei und Doppelmoral drin", sagte er. Nouripour erinnerte: "Es mussten schnell Lösungen her." Man reduziere es auf absehbare Zeit. Die arabischen Despoten würden "mit einem zynischen Lächeln" auf den Westen schauen, kommentierte Friedmann.
So hat sich Louis Klamroth geschlagen
Ruhig, besonnen und auf Reflexion bedacht – so könnte man Klamroths Moderationsstil an diesem Abend beschreiben. Am Anfang der Sendung waren seine Fragen noch recht vorsichtig, wie etwa "Was bedeutet Solidarität mit Israel?" oder "Was erwarten Sie von der Bundesregierung?" Erst gegen Mitte der Sendung kam die Debatte etwas mehr in Schwung und Klamroth fragte etwas forschere Fragen wie zum Beispiel: "Wie erpressbar ist die israelische Regierung?"
Das ist das Ergebnis bei "Hart aber Fair"
Es war wieder Experte Steinberg, der ein bedeutendes Ergebnis festhielt: "Die Hamas ist allein auf Grund ihrer Größe nicht vollständig zu zerschlagen." Er gehe davon aus, dass die Israelis Kommando- und Infrastruktur zerstören, sowie die Verantwortlichen töten würden. "Dann aber werden sie akzeptieren, dass ein gewisser Teil der Organisation sich ihrem Zugriff entzieht", mutmaßte der Experte.
Er habe versucht, es sich am Beispiel des syrischen Raqqa vorzustellen. "Das ist tatsächlich eine Horrorvorstellung", gab er zu. Denn die Amerikaner und die Kurden hätten damals nicht nur versucht, möglichst viele Kämpfer zu töten, sondern auch alle IS-Mitglieder anschließend zu fangen. "Wenn das der Anspruch ist, werden die Israelis sehr weit gehen müssen", blickte er voraus.
Verwendete Quelle:
- ARD: "Hart aber Fair" vom 23.10.2023
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