Ex-Finanzminister Theo Waigel (CSU) hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beim Talk mit Markus Lanz schwere Vorwürfe gemacht. Er sprach von Führungsschwäche und kritisierte, wie Scholz Christian Lindner (FDP) behandelt hat.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

ZDF-Moderator Markus Lanz wollte zu Beginn seiner Sendung am Mittwochabend von Ex-Finanzminister Theo Waigel wissen, was er "über den Zustand des Landes" denkt. Der CSU-Ehrenvorsitzende antwortete, dass er sich ein früheres Ampel-Aus für Deutschland gewünscht hätte, da die Welt sich aktuell im Umbruch befinde, während Deutschland "als Führungsmacht in Europa" ausfalle.

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Grund genug für Lanz, zu fragen, ob Waigel Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner einen Vorwurf mache, "dass sie so lange gewartet haben". Waigel vielsagend: "Dilettantisch war schon sehr viel, was in den letzten Jahren passiert ist." Als Beispiel nannte er "den Trick von Scholz" im Bundeshaushalt, den Lindner "nicht durchschaut" habe und damit "in eine echte Kalamität gekommen" sei.

Eine Aussage, die Lanz verblüffte: "Das heißt, Sie sagen, Scholz hat Lindner ausgetrickst? Das war Vorsatz?" Waigel nickte energisch: Lindner habe ja selbst zugegeben, "dass er sich auf den Rat verlassen hat und das führte natürlich zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und das hat natürlich die Haushaltsberatungen ganz extrem schwierig gemacht".

Das war der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Der CSU-Mann unterstellte Scholz fehlende Führungskraft: "So wenig politische Führung war noch nie in der Bundesregierung Deutschland." Lanz hakte nach: "Das empfinden Sie so?" Waigel antwortete prompt: "Das empfinde ich so! Ich habe wirklich alle Kanzler erlebt."

Mit Blick auf die FDP zeigte sich Waigel derweil versöhnlicher und sagte: "Es war natürlich ein Fehler, überhaupt in diese Koalition einzutreten." Die FDP stand laut Waigel von Anfang an "zwei Partnern gegenüber, die ökonomisch und finanzpolitisch völlig anders denken". Dennoch wollte Lanz von Waigel wissen, was er über das "D-Day"-Papier der FDP denke.

Der 85-Jährige musste schmunzelnd zugeben: "Das Ganze, um es vornehm auszudrücken, war nur suboptimal", meinte Waigel. "Wenn man sieht, so geht's nicht weiter, dann muss man sich hinstellen und sagen: 'Aus dem und jenem Grund können wir so nicht weitermachen'." Laut Waigel hätte Lindner "mit erhobenem Haupt" selbst gehen müssen, denn: "Man lässt sich nicht rausschmeißen!"

Eine Steilvorlage für Lanz, der Scholz' Rede nach Lindners Rauswurf ansprach. Eine Rede, die Theo Waigel scharf kritisierte: "Ich finde das unmöglich! Man kann sich auch in Anstand voneinander trennen. Und das wäre ein Beispiel auch für (...) politische Kultur gewesen. Und genau das war es nicht!" Laut Waigel sei Scholz' Rede "ein Schlag unter die Gürtellinie" gewesen. "Das heißt, das werfen Sie ihm vor?", hakte Lanz nach. Waigel reagierte streng: "Ja! Das ist mangelnder Stil. So geht man miteinander nicht um!" Als Lanz weiter wissen wollte, wie er sich das Verhalten erkläre, sagte Waigel trocken: "Das hängt schon ein bisschen mit der Mentalität von Scholz zusammen. Er ist da ein völlig anderer Typ."

Markus Lanz, Theo Waigel
Im Gespräch mit Markus Lanz blickte Theo Waigel (r.) am Mittwochabend auf den Zustand des Landes und den Wandel der politischen Kultur. © ZDF / Markus Hertrich

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz gelang ein tiefgründiger Austausch mit Theo Waigel, in dem die beiden nicht nur auf die Gegenwart, sondern auch die Vergangenheit blickten. "Ich bin trotz meines Alters ein unverbesserlicher Optimist", sagte der 85-jährige Waigel. Worte, die Lanz hoffnungsvoll stimmten: "Wir sehen uns dann in Kürze wieder."

Das war das Fazit bei "Markus Lanz"

Neben Olaf Scholz kritisierte Theo Waigel vor allem Grünen-Politiker Robert Habeck, als er sagte: "So viel Dilettantismus wie im Moment hatten wir selten in der deutschen Wirtschaftspolitik." Als Wirtschaftsminister habe Habeck "versagt", da Deutschland "im Moment an letzter Stelle" stehe, was die Leistung der Industrieländer betrifft. "Das hat es wirklich noch nie gegeben!", so Waigel fassungslos. Dafür müsse "ein Wirtschaftsminister natürlich auch geradestehen".

Eine Fähigkeit, die Waigel bei vielen Politikern vermisst: "Jeder darf einem Irrtum verfallen, aber dann muss man bereit sein, auch zu sagen: 'Ich habe mich geirrt'." Mit Blick auf den Zustand des Landes fügte der Ex-Finanzminister sorgenvoll hinzu: "Es ist nicht nur eine ökonomische, es ist auch eine demokratische Krise, in der wir stehen und die wir bewältigen müssen." Laut Waigel müsse die Regierung den Menschen wieder mehr zumuten, um voranzukommen. "Wir müssen den Menschen sagen, dass wir alle miteinander Opfer bringen müssen, damit wieder Licht am Ende des Tunnels erscheint."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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