Das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts sorgt noch immer für erhitzte Gemüter. Bei "Markus Lanz" geriet FDP-Fraktionschef Christian Dürr in ein Wortgefecht mit Journalistin Ulrike Herrmann, als es um die Idee der Schuldenbremse ging.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Nach dem Karlsruher 60-Milliarden-Urteil fehlen der Bundesregierung für den Haushalt 2024 insgesamt 17 Milliarden Euro. Bei "Markus Lanz" machte sich FDP-Politiker Christian Dürr dennoch für die Einhaltung der Schuldenbremse stark. Eine Ansicht, die zu einer verbalen Auseinandersetzung mit Journalistin Ulrike Herrmann führte.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Nach dem Großangriff der Hamas auf Israel wurden knapp 250 Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. 110 Israelis hat die Terrororganisation bisher freigelassen. Eine von ihnen: die deutsch-israelische Yarden, die 54 Tage lang von der Hamas festgehalten wurde. Markus Lanz warf am Mittwochabend einen Blick auf den Kampf gegen die brutale Terrorgruppe und die Zustände, in denen die Geiseln ausharren mussten. Der Moderator debattierte mit seinen Gästen zudem über das finanzielle Chaos, in dem sich die Ampelregierung nach dem Karlsruher Urteil befindet.

Das sind die Gäste

  • Christian Dürr, FDP-Politiker: "Die Schuldenbremse muss eingehalten werden."
  • Ulrike Herrmann, Journalistin: "Die FDP ist zwar offiziell eine Wirtschaftspartei, aber offensichtlich hat sie von Wirtschaft keine Ahnung."
  • Christopher Clark, Historiker: "Was mir im Moment am meisten Sorgen macht, ist der Amoklauf der Konservativen."
  • Gili Roman, Pädagoge: "Wir haben die ganze Zeit gehofft - das war der Geist meiner Familie."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Bis zuletzt hatte Gili Roman um seine Schwester Yarden gebangt, die von der Hamas aus dem Kibbuz Beeri verschleppt worden war. Lange Zeit war nicht klar, ob sie überhaupt noch am Leben ist. Bei "Markus Lanz" gab der aus Tel Aviv zugeschaltete Pädagoge offen zu: "Wir waren verzweifelt, aber hatten gleichzeitig auch sehr viel Hoffnung."

Markus Lanz wollte daraufhin wissen, was Gili Romans Schwester während der 54 Tage als Geisel widerfahren ist. Der Pädagoge antwortete zurückhaltend: "Ich kann Ihnen tatsächlich nicht ganz genau sagen, was da passiert ist." Laut Gili Roman seien die Geiseln unter anderem "unterernährt" gewesen. Zudem habe er gehört, "dass man ihnen Gewalt antut".

"Es gibt auch Berichte darüber, dass sexuelle Belästigung da stattfindet", erklärte Gili Roman. Er ergänzte sichtlich angefasst: "Meine Schwester hatte im Prinzip Glück. Sie kam in einem guten Zustand wieder zurück, aber auch sie hat natürlich Schlimmes erlebt innerhalb dieser 54 Tage. Meine Schwester wusste die meiste Zeit überhaupt nicht, dass ihre Tochter und ihr Mann gerettet wurden."

Markus Lanz lenkte kurz darauf den Blick auf den fortwährenden Kampf gegen die Hamas. Dass wieder heftig in Gaza gekämpft wird, befürwortete Gili Roman. Einen Waffenstillstand halte er für wenig sinnvoll, da mit der Hamas nicht zu verhandeln sei: "Man kann nicht mit seinem eigenen Leben Kompromisse schließen. Wir reden hier von einer Terrororganisation, die unseren Staat auslöschen möchte! Da geht's gar nicht darum, die Palästinenser zu befreien, sondern einfach bis ganz zum Mittelmeer hin den israelischen Staat auszulöschen."

Gili Roman ergänzte mit starrem Blick, dass es "keine Hoffnung für Versöhnung oder Kompromisse" gebe, denn: "Die Hamas muss aufgeben, sie muss sich ergeben." Eine Forderung, die Christian Dürr so unterschreiben konnte: "Es braucht die Auslöschung der Hamas!"

Der FDP-Mann stellte jedoch gleichzeitig klar, dass Deutschland dem israelischen Militär nicht vorschreiben könne, wie der Kampf gegen die Hamas auszuführen sei: "Wir sind nicht in der Position, Ratgeber israelischer Politik in diesen Tagen zu sein." Dem entgegnete Journalistin Ulrike Herrmann, dass die flächendeckende Bombardierung in Gaza nicht unbedingt zur Auslöschung der Hamas führe. Sie warnte deshalb: "Auch für Palästinenser gilt das humanitäre Völkerrecht. Und das wird gerade verletzt."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Als es um das 60-Milliarden-Debakel der Ampelregierung ging, wurde die Debatte hitzig. Markus Lanz stellte zunächst stichelnd fest: "Die ganze Ampel hat sich ja katastrophal verrechnet - auch in einem metaphorischen Sinn." Dem konnte Christian Dürr nicht widersprechen. "Im Nachhinein ärgere ich mich und im Nachhinein muss man sagen: Es war ein Fehler, eine Buchungspraxis fortzusetzen, die Länder und Bund angefangen hatten."

Die fehlerhafte Buchungspraxis habe die Ampel laut Dürr "von der GroKo seinerzeit" geerbt. Lanz hakte interessiert nach, ob die Schuldenbremse eingehalten werde, solange die FDP in der Regierung ist. Der Politiker nickte energisch: "Die Schuldenbremse ist ein Erfolgsmodell, und ich sage, sie ist so was wie eine Lebensversicherung auch für die Steuerzahler, und gerade in schwierigen Zeiten kündigt man seine Lebensversicherung nicht."

Ein Argument, das Journalistin Ulrike Herrmann wütend machte: "Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll!" Herrmann verurteilte daraufhin den Ansatz, "dass die Schuldenbremse an und für sich eine gute Idee ist" aufs Schärfste. Die Journalistin warnte: "Damit verspielt Deutschland seine Zukunft, denn man muss sich klarmachen, dass man Investitionen nur finanzieren kann, wenn man Schulden macht. Ohne Schulden gibt es keine Investitionen - und ohne Investitionen gibt es keine Zukunft."

Herrmann redete sich weiter in Rage: "Wir haben ganz große Probleme, die wir dringend angehen müssen (...), und wenn man dann einfach sagt, 'Geld gibt es nicht', dann ist es für mich ganz schlimm, zu sehen, dass ein reiches Land wie Deutschland nicht in der Lage ist, politisch zu gestalten, weil man nun ausgerechnet an die Schuldenbremse glaubt."

Markus Lanz wollte daraufhin wissen: "Für Sie ist das sozusagen eine Ideologie? Die Schulden-Taliban nennen Sie die FDP!" Ulrike Herrmann bejahte dies und sagte, sie sehe in der FDP viele Mitglieder, die "mit aller Kraft ihres Herzens an die Schuldenbremse glauben. Das ist für die sozusagen der neue Jesus".

In Richtung Dürr sagte die Journalistin derweil mit Nachdruck: "Diese Idee, Schulden sind böse, die ist einfach grundfalsch." Laut Herrmann liege der Grund für Angela Merkels 16-jähriger Kanzlerschaft vor allem darin, "dass sie nie gespart" habe. "Da würde ich jetzt mal hoffen, dass die Ampel (...) sich mal ein Beispiel an Angela Merkel nimmt", regte die Journalistin an. Eine Aussage, die beim FDP-Chef fassungsloses Kopfschütteln auslöste, während Markus Lanz amüsiert feststellte: "So viel Leidenschaft für Kapitalismus, entfesselten Kapitalismus, habe ich selten gehört."

"Eine harte Erfahrung": 17-Jährige spricht über ihre Zeit als Geisel

Die 17-jährige Mia wurde gemeinsam mit ihrer Mutter am 7. Oktober von Hamas-Terroristen verschleppt. Während der Feuerpause wurde sie freigelassen. Im Interview spricht die Tochter darüber, wie sie die Zeit mit ihrer Hündin Bella überstanden hat. © ProSiebenSat.1
An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz lockte Christian Dürr immer wieder aus der Reserve und fragte den Politiker nach konkreten Zahlen und Fakten, die der FDP-Mann nur unzureichend bis gar nicht liefern konnte. Dies brachte ihn dazu, sich mehrfach zu entschuldigen und schließlich zu sagen: "Es gibt auch immer Grund zur Selbstkritik."

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Wie sich die Ampelregierung aus dem Finanz-Fiasko retten kann, ließ auch Christian Dürr bei "Markus Lanz" offen. Er sagte lediglich mit ernster Miene: "Ich bin jetzt nicht an dem Punkt, wo ich hier Dinge ausschließe oder zusage, dass sie kommen oder nicht kommen, Herr Lanz." Nur beim Thema Steuererhöhungen stellte Dürr klar: "Neue Steuern zu erfinden und Steuern zu erhöhen wäre das absolut falsche Signal."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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