Mit seiner Forderung, das Individualrecht auf Asyl abzuschaffen, löste CDU-Politiker Thorsten Frei vor einigen Wochen eine Kontroverse aus. Bei "Markus Lanz" verteidigte er am Donnerstagabend nicht nur sein Konzept, sondern auch das Erscheinungsbild der Union unter Parteichef Friedrich Merz.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Vor Kurzem erntete Thorsten Frei für seine Forderung, das Individualrecht auf Asyl abzuschaffen, jede Menge Kritik. Bei "Markus Lanz" versuchte er, das umstrittene Konzept erneut zu verteidigen. Ins Stocken geriet der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion jedoch erst, als es um Parteichef Friedrich Merz ging.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Die Flüchtlingssituation an den europäischen Außengrenzen, aber auch die in den Auffangeinrichtungen der deutschen Kommunen halten die meisten Beobachter für untragbar. Doch was tun? Der Vorschlag von CDU-Politiker Thorsten Frei: das Individualrecht auf Asyl abschaffen und gegen eine "Institutsgarantie" tauschen. Gemäß dieser Garantie würde die Europäische Union jährlich ein Kontingent von 300.000 bis 400.000 Schutzbedürftigen aus dem Ausland aufnehmen und auf die Mitgliedsstaaten verteilen.

Im Juli hatte Freis Vorschlag eine politische Kontroverse ausgelöst. Auch im ZDF-Talk "Markus Lanz" gab es nun energischen Widerspruch gegen das Konzept. Weitere Themen bei Lanz am Donnerstagabend: das Arbeitsklima in der Union unter Friedrich Merz sowie die schwierige Wirtschaftslage in Deutschland.

Das sind die Gäste

  • Thorsten Frei, CDU-Politiker: "Es gibt kein vergiftetes Klima in der Fraktion."
  • Michael Bröcker, Journalist: "Friedrich Merz hat ein echtes Politik-Defizit."
  • Philippa Sigl-Glöckner, Ökonomin: "Wir haben eine ansteigende Arbeitslosigkeit, eine relativ schwache Wirtschaftslage, eine große Unsicherheit."
  • Judith Kohlenberger, Migrationsexpertin: "Das ist gerade gesellschaftlich eine sehr fragile Zeit."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Mit seiner Forderung, das individuelle Asylrecht abzuschaffen, erntete CDU-Politiker Thorsten Frei viel Kritik, aber auch jede Menge Zustimmung. Markus Lanz stellte dem Politiker zunächst die simple Frage nach dem "Warum". Frei antwortete: "Weil ich auf der Suche nach Lösungen war und bin." Laut Frei sei "der Status quo, wie wir ihn haben, total unbefriedigend" - und das "für alle Beteiligten".

Der Politiker führte aus, dass es in Europa kein wirklich "humanes Migrationsrecht" gebe, immerhin seien in den letzten zehn Jahren "viele Menschen im Mittelmeer ertrunken". Thorsten Frei: "Das ist eine Situation, die ist unerträglich. Und deswegen müssen wir daran etwas ändern."

Markus Lanz fragte daraufhin nach der Meinung von Judith Kohlenberger. Die Migrationsexpertin kritisierte den Vorschlag, das individuelle Asylrecht abzuschaffen, und warnte: "Wir wissen einfach, dass die Beschneidung (...) der Rechte von Marginalisierten in unserer Gesellschaft sehr häufig das Einfallstor bilden, um auch andere etablierte Rechte zu beschneiden." Laut Kohlenberger würden bei einer "Kontingentlösung" viele Menschen "durch das Netz fallen". Gleichzeitig unterstellte sie Thorsten Freis Vorschlag eine parteipolitische Motivation: "Das ist immer auch ein Signal an die eigene Bevölkerung: (...) Wir zeigen harte Kante, wir steigen auf die Asylbremse."

Der CDU-Mann plädierte dagegen für "eine gemeinsame europäische Lösung". Er wolle zwar "kein Minus an humanitärer Aufnahme" erreichen, sagte aber auch, dass Deutschland als "das viertgrößte Aufnahmeland der Welt" vor immensen gesellschaftlichen Herausforderungen stehe. Lanz gab daraufhin zu bedenken, dass die Flüchtlingszahlen dennoch immer weiter steigen und immer mehr Menschen auf der Flucht ums Leben kommen würden: "Das kann doch so nicht weitergehen. Ich habe das Gefühl, das ganze System implodiert."

Judith Kohlenberger stimmte zu und sah die Schuld in politischen Versäumnissen der letzten acht Jahre. Laut der Migrationsexpertin sei viel zu lange die Strategie aus "Abschottung, Abschreckung und Auslagerung" gefahren worden. Ihre Forderung: "Ich würde mehr diversifizierte Zugangswege schaffen." Gleichzeitig erklärte Kohlenberger mit ernster Miene: "Das Leid an den Grenzen und auch die Entrechtung der Geflüchteten an den Grenzen wird immer mehr normalisiert, indem gerade Parteien der Mitte versuchen, vermeintlich den Rechten das Wasser abzugraben."

Lanz hakte verblüfft nach: "Die CDU ist schuld am Aufstieg der AfD?" Kohlenberger verneinte dies. Journalist Michael Bröcker mühte sich, den Aufstieg der AfD anders einzuordnen. Er erklärte, dass man nicht über "reguläre Migration" sprechen müsse, bevor man nicht die Ängste und Sorgen der Menschen anpacke, die "leider solche ekelhaften Parteien nach oben spült".

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Das ist das Rede-Duell des Abends

Beim Thema CDU ging es ähnlich hitzig weiter, als Markus Lanz stichelnd fragte, wie sich Thorsten Frei als "letzter Vertrauter" von Friedrich Merz fühle. Der CDU-Politiker wiegelte ab: "Das ist mit Sicherheit nicht so." Er ergänzte: "Wir arbeiten sehr gut zusammen, sind sehr geschlossen bei den zentralen Themen." Markus Lanz wollte dies nicht glauben und hakte nach: "Ist das so?" Thorsten Frei reagierte trotzig: "Ja, das ist tatsächlich so!"

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Der CDU-Mann behauptete daraufhin, dass die Arbeit innerhalb der Partei "sehr konzentriert" sei. Eine Steilvorlage für Lanz, der weiter stichelte: "Konzentriert? Ist das das schönere Wort für toxisch?" Frei konterte: "Ich wüsste nicht, was toxisch ist." Er stellte wiederholt klar: "Es gibt kein vergiftetes Klima in der Fraktion." Lanz fragte dennoch weiter: "Die stehen alle hinter Friedrich Merz?" Dem CDU-Mann verschlug es darauf kurz die Sprache und er blieb zunächst wortlos, sagte dann jedoch: "Ach Gott ... Wir sind 197 Kolleginnen und Kollegen." Zwar betonte er, dass es "eine hohe Loyalität" gebe, gab jedoch zu, dass es durchaus auch "unterschiedliche Positionen und Meinungen" gebe. "Aber das mindert doch nicht die Loyalität gegenüber dem Vorsitzenden", bekräftigte Frei.

Journalist Michael Bröcker wollte dies nicht unkommentiert lassen und behauptete, dass innerhalb der Partei natürlich über die K-Frage diskutiert werde: "Ist er der richtige Mann für 2025?" Bröcker weiter: "Friedrich Merz hat ein echtes Politik-Defizit." Besonders die vielen provokanten Aussagen findet Bröcker problematisch: "Warum muss dieser Mann bei jedem Auftritt irgendwelche Gruppen oder Städte oder gesellschaftliche Bewegungen ausgrenzen?" Thorsten Frei sah dies völlig anders und stellte kopfschüttelnd klar: "Aber in der Politik haben wir es doch regelmäßig, dass man zuspitzt, auch um Aussagen zu unterstreichen. Da ist doch Friedrich Merz beileibe nicht der Einzige." Bröcker konterte prompt: "Er ist der Einzige, bei dem sich die Hälfte der Republik immer wieder aufregt, weil er irgendwelche Leute ausgrenzt."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz konnte am Donnerstagabend mehrere große Themenfelder wie den Zustand der CDU und die Migrationspolitik erfolgreich abdecken und schaffte es mit gezielten Fragen, CDU-Politiker Thorsten Frei mehrmals aus der Reserve zu locken.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Von einem Konsens in der Asylfrage blieb auch die "Markus Lanz"-Runde am Donnerstag weit entfernt. Thorsten Frei verteidigte seinen umstrittenen Vorschlag bis zuletzt beharrlich und sagte: "Europa kann diesen Teufelskreis nur beenden, wenn es sein Asylrecht neu gründet."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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