20.000 Corona-Neuinfektionen hält der Bonner Virologe Hendrik Streeck für verkraftbar. Diese Einschätzung verteidigt er am Mittwochabend bei Sandra Maischberger gegen die Kritik von Karl Lauterbach.
Die Corona-Infektionszahlen haben fast das Niveau des Frühjahrs erreicht – und Bayerns Ministerpräsident
Wer sind die Gäste?
Mary L. Trump: Die Nichte des US-Präsidenten hat ein vernichtendes Buch über ihren Onkel geschrieben. Dass
Stephan Bierling: Der Professor für Politikwissenschaft an der Universität Regensburg zieht eine Bilanz der Präsidentschaft von Donald Trump: "Er hat im Grunde vier Jahre lang fast nur für seine Wähler gearbeitet." Dazu gehörten etwa die Steuersenkungen für Besserverdiener und sein Mauerbauprojekt an der mexikanischen Grenze. "Für Gesamtamerika hat er im Grunde nicht viel erreicht", so Bierling.
Susanne Gaschke: Es werde zu viel über die Corona-Pandemie geredet, findet die Autorin der Tageszeitung Welt – und zu wenig über Kriege, Hunger in der Welt, Flüchtlinge und Not im eigenen Land. "Wir retten alte Menschen, damit sie auf Gedeih und Verderb nicht mit oder an Corona sterben. Aber wie es denen sonst geht in ihren Einrichtungen – das hat uns leider gar nicht so sehr interessiert."
Cerstin Gammelin: Die Berlin-Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung verteidigt die möglichen neuen Kontaktbeschränkungen – es gebe keine Alternativen zu den jüngsten Beschlüssen. Gleichzeitig macht sie sich große Sorgen um die Wirtschaft: "Wenn die Stützungsmaßnahmen mal wegbrechen, weil sie nicht mehr finanzierbar sind, dann kommt ganz brachial die Realität in den Alltag."
Vince Ebert: Der Kabarettist und Physiker darf ein bisschen Werbung für sein Buch über einen Aufenthalt in den USA machen – aber er hat natürlich auch zur aktuellen Corona-Lage etwas zu sagen. Er kritisiert die Beschlüsse und das Auftreten der Teilnehmer der Bund-Länder-Konferenz an diesem Abend: "Mir macht diese Kriegsrhetorik und diese Alternativlosigkeit der Pressekonferenz ein bisschen Sorgen."
Was ist das Rededuell des Abends bei "maischberger.die woche"?
Das Duell dieses Abends findet eher in der Ferne statt. Es dreht sich um die Zahl 20.000. Nach Einschätzung des Virologen Hendrik Streeck wären so viele tägliche Neuinfektionen mit dem Coronavirus für Deutschland noch verkraftbar.
Der SPD-Gesundheitsexperte
Eine Woche später sitzt Hendrik Streeck im Studio, um darauf zu antworten. Man kann sich vorstellen, dass die beiden Mediziner nicht unbedingt die besten Freunde sind. "Da ist ganz viel Falsches in der Aussage drin", sagt Streeck über Lauterbachs Rechnung.
Der Virologe ist erstens der Meinung: Lauterbach stützte sich bei der Zahl auf eine Studie, die die Totenzahl viel zu hoch ansetze. Zweitens solle man nicht nur über Todesfälle reden. Seiner Meinung nach geht es in der Pandemie darum, Schäden aller Art am besten einzudämmen: "Und Schäden sind eben nicht nur Corona-Tote. Schäden sind auch verschobene Operationen, Schäden entstehen auch durch verlorene Existenzen."
Die Diskussion im Allgemeinen und das Fernduell im Speziellen dürften weitergehen – vielleicht antwortet Lauterbach bei seinem nächsten Talkshow-Auftritt auf Streeck.
Was ist der Moment des Abends?
Mit Spannung dürften viele Zuschauerinnen und Zuschauer das Gespräch mit Mary L. Trump erwartet haben. Wer auf harsche Kritik am US-Präsidenten gehofft hatte, wird nicht enttäuscht. Die Nichte spricht ihrem berühmten Onkel nicht nur die Fähigkeiten eines Geschäftsmanns ab: Die seien nur ein großer Mythos. Sie wirft ihm auch vor, ihrem eigenen Vater nicht geholfen zu haben.
Trumps älterer Bruder Fred war Alkoholiker und starb bereits mit 42 Jahren an einem Herzinfarkt. Eigentlich habe er die Hilfe seiner Familie nötig gehabt, sagt seine Tochter Mary. Doch Donald Trump und der Rest der Familie hätten sich in keiner Weise von der Alkoholkrankheit betroffen gezeigt. "Mein Großvater und die Familie haben das als moralisches Versagen behandelt."
So tragisch das Schicksal von Fred Trump Junior, so interessant diese Einblicke in das Trumpsche Familienleben auch sein mögen: Sie sind mit Vorsicht zu genießen. Sandra Maischberger spricht es nach dem Gespräch mit Mary L. Trump sogar selbst an: Es gebe Stimmen, die sagen, dass hier eine Frau eine sehr persönliche Rechnung zu begleichen hat.
Die bittere Kritik von Mary L. Trump an ihrem Onkel mag berechtigt sein, aber sie dürften auch niemanden mehr überraschen. Die ständige Beschäftigung mit Trump kann auch sehr ermüdend werden. Immerhin äußert der Politikwissenschaftler Stephan Bierling noch die Hoffnung, dass dieses Kapitel nach den Präsidentschaftswahlen am 3. November vorbei sein könnte. Er lag damit zwar schon 2016 falsch, aber Bierling setzt erneut auf einen Sieg der Demokraten. Er geht sogar "absolut" davon aus, dass Joe Biden die Wahl gewinnt: Die Umfragewerte seien stabiler als 2016 für Hillary Clinton und die Demokaten hochmotiviert, Trump aus dem Amt zu wählen.
Was ist das Ergebnis bei Maischberger?
Maischbergers Stärke ist das Eins-zu-Eins-Gespräch mit einem Gast. Deswegen ist sie von Diskussionen in der großen Runde schon länger abgerückt. Bei dieser Sendung lässt sie damit aber Chancen liegen.
Interessant wäre es gewesen, Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und den Virologen Hendrik Streeck in den Dialog zu bringen. Denn beide vertreten in der Pandemiebekämpfung unterschiedliche Ansätze: Schwesig bekennt sich zu Reisebeschränkungen, Streeck erklärt dagegen unablässig, man müsse lernen, mit dem Virus zu leben. Wie die beiden aufeinander antworten – das wäre interessant gewesen.
Auch Hendrik Streeck und Karl Lauterbach hätte die Redaktion vielleicht lieber gemeinsam statt nacheinander einladen sollen. Das wäre vielversprechender, als den einen mit der Kritik des anderen aus der Vorwoche zu konfrontieren.
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