Soll und darf Olaf Scholz bei der Bundestagwahl erneut antreten? Oder doch Verteidigungsminister Boris Pistorius? Die Diskussionen um den künftigen SPD-Kanzlerkandidaten reißen nicht ab.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Bei "Markus Lanz" stellte sich Karl Lauterbach hinter Kanzler Olaf Scholz und schwärmte von dessen politischen Schaffen. Damit eckte er jedoch nicht nur bei dem ZDF-Moderator, sondern auch bei Journalist Michael Bröcker an.

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Das war das Thema bei "Markus Lanz"

In der SPD scheint die Kanzlerfrage noch nicht endgültig geklärt zu sein. Olaf Scholz merkte zwar bereits in mehreren Interviews an, dass er wieder als Kandidat ins Rennen gehen möchte, eine offizielle Verkündung seitens der Partei blieb jedoch bislang aus.

Markus Lanz nahm dies zum Anlass, am Mittwochabend über das Standing von Olaf Scholz innerhalb seiner Partei zu debattieren. Des Weiteren beleuchtete er die Chancen von Verteidigungsminister Boris Pistorius, der gut drei Monate vor der Neuwahl des Bundestages ebenfalls als potenzieller SPD-Kanzlerkandidat gehandelt wird.

Das waren die Gäste

  • Karl Lauterbach, SPD-Politiker: "Olaf wird der Kandidat werden."
  • Michael Bröcker, Journalist: "Die Marke Scholz ist bei den Deutschen durch."
  • Olivia Kortas, Journalistin: "Die militärische Lage in der Ukraine ist furchtbar."
  • Rüdiger von Fritsch, Ex-Botschafter: "Putin glaubt, die Luft länger anhalten zu können als die Ukraine und der Westen."

Das war der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Zu Beginn der Sendung wollte Markus Lanz von Karl Lauterbach wissen: "Wer ist gerade gesichert Kanzlerkandidat der SPD?" Der Bundesgesundheitsminister antwortete prompt: "Olaf Scholz ist unser Kanzlerkandidat." Als Lanz stichelnd mit "aktuell" reagierte, stellte Lauterbach weiter klar: "Ja, er wird's auch sein." Der ZDF-Moderator hakte dennoch weiter nach: "Für immer?" Darauf antwortete der SPD-Politiker genervt: "Ja, was heißt für immer? Die Wahl wird ja nicht unendlich verschoben in dem Sinne."

Laut Lauterbach ist Scholz bis zur Wahl der Kandidat für die SPD, er habe es verdient und werde erneut "dramatisch unterschätzt". Der Politiker ergänzte, dass Scholz bald "aus den Startlöchern hervorkommt und sich der eine oder andere noch wundern wird". Aktuell hindere ihn daran noch "dieser Wirbel um die Kandidatur", aber "wenn wir diese Klarheit geschaffen haben, dann kann man tatsächlich in den Wahlkampf eintreten".

Markus Lanz, Karl Lauterbach, Olivia Kortas, Rüdiger von Fritsch, Michael Bröcker
Markus Lanz (l.) diskutierte am Mittwochabend mit SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach (2.v.l.), Journalistin Olivia Kortas (Mi.), Ex-Botschafter Rüdiger von Fritsch (2.v.r.) und Journalist Michael Bröcker. © ZDF / Markus Hertrich

Lanz reagierte überrascht: "Das ist interessant, dass Sie sagen, Sie müssen sie erst schaffen. Das heißt, es gibt sie nicht?" Der Bundesgesundheitsminister wiegelte prompt ab: "Es kann sich ja niemand selbst zum Kandidaten alleine ausrufen, aber die Gremien werden die Kandidatur von Olaf Scholz bestätigen." Dann werde "der gesamte Spuk um die Kanzler-Frage" auch beendet sein.

Der ZDF-Moderator merkte daraufhin an, dass in der SPD auch über einen potenziellen Kanzlerkandidaten Boris Pistorius gesprochen werde. "Wie ist es zu diesem Spuk gekommen?", wollte er wissen. Lauterbach antwortete darauf nüchtern: "Der Spuk ist nicht überraschend gewesen. Also wenn ein Minister ausgesprochen gut in den Umfragen dasteht und der Bundeskanzler durch die unfassbaren Schwierigkeiten, mit denen er zu kämpfen hatte, (...) im Moment bei den Umfragen nicht so gut dasteht, dann gibt's immer die Frage: Sollten wir nicht den Kandidaten austauschen, dann stehen wir besser da?"

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Lauterbach sah dahinter jedoch kein Erfolgsrezept, er glaube nicht, dass Wahlkämpfe auf der Grundlage der Frage "Wer ist der beliebteste Politiker?" gewonnen werden.

Auf die Frage, ob in der SPD "zurecht diskutiert" werde, sagte Lauterbach schwammig: "Das ist eine Diskussion, die da ist, weil wir jetzt derzeit in den Umfragen schlecht stehen. Und wenn die Umfragen schlecht sind, dann wird alles diskutiert." Für Lauterbach sei jedoch schon jetzt klar: "Olaf wird der Kandidat werden!"

Das ist das Rede-Duell des Abends

Lauterbach äußerte die Hoffnung, dass sich das Bild von Olaf Scholz mit der Verkündung seiner Kanzlerkandidatur wieder ändern werde. "Dann kommt die Frage auf, wie gut war Olaf Scholz eigentlich als Kanzler?", so der SPD-Politiker, der behauptete, dass die Bilanz von Scholz deutlich besser sei, als es derzeit in der Berichterstattung den Anschein mache. Scholz habe das Land durch "schwerste Krisen" gebracht und wäre jetzt auch in der Lage gewesen, "die Wirtschaft wieder anzuschieben", so Lauterbach energisch.

Eine Aussage, die Lanz wütend machte: "Das kann ich so nicht durchgehen lassen!", erklärte der Moderator, "Sie wollen jetzt nicht insinuieren, dass Olaf Scholz nur deswegen da ist, wo er ist, weil es unfaire Berichterstattung gegeben hat?" Lauterbach ruderte zurück: "Nein, überhaupt nicht." Dennoch glaube er, dass der Kanzler häufig "unterbewertet" werde: "Diese Feststellung muss man mir zugestehen, weil ich verbringe mit dem Bundeskanzler viele Stunden jede Woche."

Michael Bröcker
Journalist Michael Bröcker sieht für Olaf Scholz wenig Erfolgschancen als SPD-Kanzlerkandidat und sagt: "Die Fakten sind eindeutig." © ZDF / Markus Hertrich

Als er weiter vom politischen Schaffen des Kanzlers schwärmte, platzte es aus Journalist Michael Bröcker heraus: "Ich schätze Sie ja sehr dafür, dass Sie loyal fast bis in den Untergang hinein an der Seite von Olaf Scholz stehen, (...) aber diese Bundestagswahl ist doch ein Leistungstest für einen Kanzler, der drei Jahre regiert hat!" Laut Bröcker hat Scholz zu lange "falsche Prioritäten gesetzt": "Er ist überhaupt der Kanzler der Widersprüche und der nicht-erfüllten Versprechen."

Ein Vorwurf, den Lauterbach von sich wies: "Das ist eine sehr einseitige Sicht auf die Dinge." Er erklärte, dass die wirtschaftliche Situation in Deutschland im Wesentlichen der Tatsache geschuldet sei, dass zu einem großen Teil auf billiges Gas und Öl aus Russland gesetzt wurde. Mit Blick auf Michael Bröcker sagte der Politiker: "Niemand will die Steuern erhöhen und der Haushalt wird auch blockiert. Was hätten Sie denn gemacht? Dieses schlaue Kritisieren hilft null weiter!"

Lauterbach stellte zudem klar: "Wir haben kämpfen müssen, um überhaupt einen Haushalt hinzubekommen. Ich glaube, dass das zentrale Problem wirklich das gewesen ist, dass wir mit der FDP von Anfang an Sand im Getriebe gehabt haben." Die Schuldzuweisung wollte Michael Bröcker jedoch nicht akzeptieren. Er sagte streng: "Die SPD-Wirtschaftspolitik der letzten drei Jahre ist gescheitert! Und sie erschöpft sich in den Geschichtsbüchern an einer Bürgergeld-Reform, die den Leistungscharakter verraten hat, die die Arbeitnehmer (...) erschreckt hat!"

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz lockte Lauterbach immer wieder aus der Reserve, als es um die Kanzlerkandidatur von Olaf Scholz ging. Als er wissen wollte, ob die Nominierung am Montag verkündet werde, antwortete der Bundesgesundheitsminister: "Das weiß ich nicht. Wir sehen, wie es weitergeht. Ich glaube, wir werden diese Frage sehr schnell klären."

Das war das Fazit bei "Markus Lanz"

Bei "Markus Lanz" machte Karl Lauterbach deutlich: "Ich bekenne mich klar zu Olaf Scholz als Kanzlerkandidat!" Michael Bröcker konnte die Zuversicht des Gesundheitsministers jedoch nicht nachvollziehen.  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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Teaserbild: © ZDF / Markus Hertrich