- Patriarch Kirill gilt als Wladimir Putins loyaler Kirchenfürst.
- Die EU wollte eigentlich Sanktionen gegen das Oberhaupt der russisch-orthodoxen verhängen. Ungarns Premier Viktor Orban hat das aber verhindert.
- Wer ist der umstrittene Geistliche?
Konservativ, kremltreu und einflussreich: Patriarch Kirill ist das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche und ein glühender Unterstützer von
Zurechtweisung von Papst Franziskus
In den vergangenen Wochen hat sich Kirill wiederholt für den russischen Feldzug in der Ukraine ausgesprochen und seine Anhängerschaft aufgefordert, sich geschlossen hinter Moskaus Kampf gegen "äußere und innere Feinde" zu stellen. Im Februar sprach er von einem Kampf gegen die "Mächte des Bösen", die sich der historischen Einheit von Russland und Ukraine widersetzten.
Seine Kommentare haben ihm eine Zurechtweisung von
Sanktion scheitert am Widerstand Ungarns
Die Europäische Kommission wollte Kirill im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine auf eine neue Sanktionsliste von Kreml-nahen Persönlichkeiten setzen. Daraus wurde aber nichts. Das sechste EU-Sanktionspaket, in dem auch ein weitgehendes Öl-Embargo enthalten ist, wurde am Donnerstag von Vertretern der EU-Staaten ohne die eigentlich gegen Kirill geplante Strafmaßnahme gebilligt, wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigten.
Ungarn hatte die Entscheidung blockiert, weil das Land die Vermögenswerte des russisch-orthodoxen Patriarchen nicht einfrieren wollte. Regierungschef Viktor Orban hatte seine Haltung zuletzt "mit der Frage der Glaubensfreiheit ungarischer Religionsgemeinschaften" begründet. Diese sei "heilig und unveräußerlich".
Religiöses Oberhaupt von mehr als 110 Millionen Menschen
Kirill steht seit seiner Wahl zum Patriarchen im Jahr 2009 fest zu Putin. 2012 beschrieb er Putins Herrschaft als "Wunder Gottes", das die wirtschaftlichen Turbulenzen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 beendet habe.
Kirill stammt wie Putin und zahlreiche andere wichtige Mitglieder von Russlands herrschender Elite aus der ehemaligen Zaren-Hauptstadt St. Petersburg. Sein Großvater, ein Priester, wurde für drei Jahrzehnte in stalinistische Arbeitslager verbannt. Kirill, Jahrgang 1946, stieg hingegen schnell innerhalb der Kirche auf und bekam sogar seine eigene Fernsehsendung.
Das Programm konzentrierte sich auf Glaubensfragen und machte Kirill allgemein bekannt, noch bevor er zum religiösen Oberhaupt von mehr als 110 Millionen Menschen aufstieg. In der Sendung entwarf er einen ehrgeizigen Plan, um der Kirche in Russland nach dem staatlich verordneten Atheismus der Sowjetära zu neuem Ansehen zu verhelfen.
Dazu gehörte auch die Ausweitung kirchlicher Präsenz in staatlichen Institutionen wie Schulen und Militär. Als Patriarch setzte Kirill seine Ideen um und es gelang ihm, orthodoxe Werte im Alltagsleben der Russen zu verankern. Heute ist er eine der maßgeblichen konservativen Stimmen Russlands, verurteilt die Idee gleichgeschlechtlicher Ehen und bezeichnet Homosexualität als Sünde.
Gerüchte über Verbindungen zum sowjetischen Geheimdienst
Unter Kirill hat die Kirche zudem Maßnahmen gegen religiöse Minderheiten in Russland begrüßt. Nach dem Verbot der Zeugen Jehovas im Jahr 2017 beschrieb ein Kirchensprecher die Gruppe als "totalitäre Sekte", welche die "Psyche von Menschen" sowie Familien "zerstören" wolle.
In der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau, nur ein paar hundert Meter vom Kreml entfernt, hält Kirill regelmäßig aufwendige Empfänge für Putin und Russlands politische Elite ab.
Den Patriarchen umranken seit langem Gerüchte über Verbindungen zum sowjetischen Geheimdienst KGB, für den auch Putin seinerzeit arbeitete. Zudem wird ihm ein verschwenderischer Lebensstil nachgesagt.
So entdeckten russische Blogger im Jahr 2012 ein Foto, auf dem offenbar eine 30.000 US-Dollar (etwa 28.000 Euro) teure Armbanduhr vom Handgelenk Kirills wegretuschiert worden war: Die Spiegelung der Uhr war auf dem Tisch sichtbar.
Einer von Kirills größten Erfolgen war 2020 die Aufnahme eines Verweises auf Gott in der neuen russischen Verfassung. Aufgrund der Verfassungsänderung ist es Präsident Putin theoretisch auch möglich, bis zum Jahr 2036 im Amt zu bleiben - und so die Allianz von Kirche und Kreml noch über Jahre fortzuführen. (afp/dpa/fab)
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