• Donbass, Bündnisfall, Fluchtkorridor: Einige erklärungsbedürftige Begriffe fallen im Zusammenhang mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine immer wieder.
  • Hier erklären wir, was sie bedeuten. Ein Glossar.

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Budapester Memorandum

Im Budapester Memorandum von 1994 haben sich Russland, USA und Großbritannien dazu verpflichtet, die Souveränität der Ukraine zu respektieren. Im Gegenzug verzichtete diese auf Atomwaffen. Die USA und Großbritannien haben Russlands Verhalten in der Ukrainekrise schon 2014 als Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine und damit des Memorandums interpretiert. Gleichzeitig sahen Saudi-Arabien als auch Russland das Abkommen als verletzt an, weil die EU und USA nach dem Sturz des damaligen Präsidenten Janukowitsch die neue Regierung anerkannten.

Bündnisfall

Im Fall eines Angriffs sind die Vertragsparteien des westlichen Verteidigungsbündnisses Nato zu gegenseitigem Beistand verpflichtet. Artikel 5 des Nato-Vertrages sieht vor, «dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen werden wird». Der Nato-Rat stellt den Bündnisfall fest, erklärt wurde er bisher erst einmal: nach den Terroranschlägen in den USA vom 11. September 2001. Angesichts des Kriegs in der Ukraine greift ein solcher Bündnisfall nicht, da das Land nicht Mitglied der Nato ist - anders als zum Beispiel die baltischen Staaten.

Donbass

Der Donbass wird auch als Donezbecken bezeichnet. Das Gebiet erstreckt sich beidseits der russisch-ukrainischen Grenze und ist wegen seiner Steinkohlevorräte und seiner Schwerindustrie von wirtschaftlicher Bedeutung. Die Volksrepubliken Donezk und Luhansk liegen im Donbass.

Donezk

Donezk im Osten der Ukraine war ein regulärer Verwaltungsbezirk (Oblast) der Ukraine, bis prorussische Rebellen zu Beginn des Ukraine-Konflikts im April 2014 einen Teil des Gebietes zur Volksrepublik ausriefen. Die Volksrepublik regiert "ihren" Teil des Donezk weiterhin von der Hauptstadt Donezk aus, die unter ukrainischer Kontrolle stehenden Teile werden von Kramatorsk aus verwaltet. Russland hat die Unabhängigkeit der Volksrepublik am 21.2.2022 anerkannt und ist – auch aufgrund angeblicher Hilfsbitten der prorussischen Regierung - einmarschiert.

Fluchtkorridor

Das humanitäre Völkerrecht verpflichtet Konfliktparteien dazu, Zivilisten, verwundete Soldaten oder Gefangene zu schützen. Kriegsparteien können sich darauf einigen, dass sich entlang bestimmter humanitärer Korridore Zivilisten und Verwundete in Sicherheit bringen oder Hilfsgüter in die Konfliktregion gebracht werden dürfen. Kiew und Moskau haben jetzt die Einrichtung mehrerer Fluchtkorridore in umkämpften Gebieten vereinbart, um Tausende Menschen retten zu können.

Flugverbotszonen

Flugverbotszonen werden aus Sicherheitsgründen oder zu militärischen Zwecken eingerichtet. In einem Krieg oder Bürgerkrieg dienen sie vor allem dem Schutz der Bevölkerung. Eine Flugverbotszone gab es auf Beschluss des UN-Sicherheitsrates zum Beispiel während des Bosnienkrieges 1992. Nur UN-Maschinen und zu deren Unterstützung eingesetzte Flugzeuge durften den Luftraum nutzen. Da die serbischen Militärs das Flugverbot mehrfach missachteten, erlaubten die UN der Nato 1993, serbische Jets notfalls abzuschießen. Eine solche Zone über der Ukraine schließt der Westen derzeit aus, da die Nato sonst in den Krieg hineingezogen werden könnte.

Kontaktlinie

Als Kontaktlinie wird die Frontlinie bezeichnet, an der sich in den Regionen Luhansk und Donezk ukrainisches Militär und prorussische Separatisten gegenüberstehen. Sie ist etwa 500 km lang und wird nach den Bestimmungen des Minsker Abkommens von unbewaffneten Beobachtern der OSZE kontrolliert, die aber derzeit massiv an der Erfüllung ihrer Aufgaben gehindert werden.

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Luhansk

Für Luhansk gilt dasselbe wie für Donezk: Der Verwaltungsbezirk wurde zu Beginn des Ukrainekonflikts von prorussischen Separatisten zur Volksrepublik ausgerufen, Russland erkennt seine Unabhängigkeit seit dem 21.2.2022 an. Oft werden Donezk und Luhansk auch als Separatistengebiete bezeichnet.

Minsker Abkommen

Es gibt genau genommen zwei Minsker Abkommen. Das erste wurde im September 2014 in der belarussischen Hauptstadt Minsk unterzeichnet. Minsk I enthält den Fahrplan für einen Waffenstillstand zwischen Russland, der nie erreicht wurde. Minsk II war der Versuch, einen politischen Prozess zur Befriedung des Russland-Ukraine-Konflikts einzuleiten. Vor allem sollten die ukrainischen Grenzen geachtet und alle ausländischen Soldaten abgezogen werden. Doch schon kurz nach der Unterzeichnung der offiziellen Waffenruhe kam es zu neuen Kämpfen - lange bevor der russische Präsident Wladimir Putin am 21.2.2022 das Abkommen für obsolet erklärte, war es faktisch gescheitert.

Nato-Osterweiterung

Seit dem Untergang des Sowjetreiches und des Verteidigungssystems des Warschauer Paktes können die ehemals kommunistisch regierten Staaten Osteuropas theoretisch selbst wählen, welchem Verteidigungsbündnis sie angehören wollen. Polen, Tschechien und Ungarn traten 1999 der NATO bei, 2004 folgten Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, die Slowakei und Slowenien, seither auch Albanien, Kroatien, Montenegro und Nordmazedonien. Georgien und die Ukraine streben ebenfalls einen Beitritt an, doch diese ist auch innerhalb der Nato umstritten.

Nato-Russland-Grundakte

Schon 1997 wurde die Nato-Russland-Grundakte mit dem Ziel unterzeichnet, das Verhältnis zwischen dem westlichen Militärbündnis und Russland von Misstrauen und Bedrohung in eines der Partnerschaft zu verwandeln. Es sollte eine Perspektive für Abrüstung und Vertrauen geschaffen werden. Um nach und nach eine Angleichung der sicherheitspolitischen Interessen zwischen Europa, den USA und Russland zu erreichen, wurde unter anderem der Nato-Russland-Rat gegründet. Das Erreichen dieser Ziele ist in der aktuellen Situation in weite Ferne gerückt.

Nato-Ukraine-Charta

In der 1997 unterzeichneten "Charta über eine ausgeprägte Partnerschaft zwischen der Nordatlantik-Vertragsorganisation und der Ukraine" – so die volle Bezeichnung – geht es um den "Aufbau erweiterter Beziehungen zwischen der NATO und der Ukraine". Die Ukraine verpflichtet sich darin, an Nato-Missionen teilnehmen, wenn diese unter Leitung der UN oder der OSZE stattfinden. Die Charta führte unter anderem zur Einrichtung eines Informations- und Dokumentationszentrums der Nato in Kiew sowie zu einer militärischen Verbindungsstelle der Ukraine in Brüssel. Seit 2018 hat die Ukraine offiziell den Status eines Nato-Beitrittskandidaten.

Neutralität

Ein Staat geht die völkerrechtliche Verpflichtung ein, sich nicht in einen zwischen anderen Staaten bestehenden Konflikt einzumischen - und sich keinen militärischen Bündnissen anzuschließen. Neutralität kann durch einseitige Erklärung, aber auch durch Zwang bewirkt werden. Schweden und Finnland etwa sind seit Jahrzehnten neutral. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine denken die beiden Länder nun jedoch intensiver darüber nach, eine Nato-Mitgliedschaft anzustreben.

Nord Stream 2

Nord Stream 2 ist eine Ende 2021 fertiggestellte Gas-Pipeline, die vom russischen St. Petersburg durch die Ostsee bis nach Lubmin bei Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern verläuft. Ihr Bau hat mehr als sieben Milliarden Euro gekostet. Die Pipeline ist bisher nicht in Betrieb, weil die Zertifizierung fehlt. Die Bundesregierung hat diese wegen des Ukraine-Konflikts gestoppt.

Normandie-Format

Im Juni 2014 hat sich in der Normandie eine halboffizielle Vermittlungsrunde aus Regierungsvertretern von Russland, Frankreich, Deutschland und der Ukraine gebildet. Das letzte Treffen fand vor wenigen Tage statt: Noch am 10. Februar 2022 sprachen Berater über die Freilassung von Gefangenen und beschlossen ein neues Treffen im März.

OSZE-Beobachtermission

Die 1995 gegründete Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) soll mit ihrer Ukraine-Mission die im Minsker Abkommen beschlossenen Waffenstillstands-Vereinbarungen überwachen. Vor Beginn der neuerlichen Eskalation des Konflikts waren 680 Beobachter aus 43 Mitgliedsstaaten im Einsatz – sie waren hauptsächlich damit beschäftigt, Waffenstillstandsverletzungen zu dokumentieren.

Sanktionen

Um gegen Menschenrechtsverletzungen oder Terrorismus vorzugehen, verhängen internationale Organisationen oder Staaten Sanktionen gegen andere Länder oder Gruppen. Dabei handelt es sich um wirtschaftliche oder politische Zwangsmaßnahmen - wie etwa die Unterbindung von Handel, Finanzkontrollen, diplomatische Beschränkungen oder auch gezielte Maßnahmen gegen einzelne Personen. Das aktuelle Sanktionspaket der EU gegen Russland betrifft vor allem die Bereiche Energie, Finanzen und Transport. Ob und wie gut Sanktionen (langfristig) wirken, ist schwer messbar.

Völkerrechtswidriger Akt

Die internationale Politik ist sich größtenteils einig darüber, dass es sich bei Wladimir Putins Anerkennung der sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhanks um einen "eklatanten Bruch des Völkerrechts" handelt, wie Außenministerin Annalena Baerbock und Bundeskanzler Scholz es nahezu wortgleich formuliert haben. Als Basis des Völkerrechts wird die Charta der Vereinten Nationen gesehen, deren Grundsätze 193 Mitgliedsstaaten anerkannt haben – auch Russland. Schon die Anerkennung der "Volksrepubliken" verletzt die Grundprinzipien der Charta. Die nun gestarteten militärischen Aktionen Russland sind ebenso wenig mit ihren Grundsätzen zu vereinbaren. (Mit Material der dpa)

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