• In Europa gibt es Krieg. Russlands Präsident Putin befiehlt seinen Truppen, in die Ukraine einzumarschieren.
  • Die USA und ihre Verbündeten antworten mit harten Strafmaßnahmen.
  • Der ukrainischer Präsident ruft die Generalmobilmachung aus.
  • Ein Überblick über die Lage.

Alle aktuellen Informationen rund um Russlands Krieg gegen die Ukraine in unserem Live-Blog

Es ist Krieg in Europa: Russland hat die Ukraine aus mehreren Richtungen angegriffen. Präsident Wladimir Putin befahl am Donnerstag eine großangelegte Militäroperation gegen das Nachbarland aus der Luft, am Boden und zur See. In einer Fernsehansprache sagte Putin, Russland strebe die Entmilitarisierung und die Entnazifizierung der Ukraine an.

Der Kreml hat in den vergangenen Jahren immer wieder behauptet, 2014 hätten aus dem Ausland gesteuerte "Faschisten" in Kiew einen Staatsstreich herbeigeführt.

"Ich habe beschlossen, eine Sonder-Militäroperation durchzuführen. Ihr Ziel ist der Schutz der Menschen, die seit acht Jahren Misshandlung und Genozid ausgesetzt sind", sagte der Kremlchef in der Rede, die gegen 03:30 Uhr deutscher Zeit begann. Für diese Vorwürfe hat Putin bislang keine Beweise vorgelegt.

US-Präsident Joe Biden, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die Europäische Union und die Nato verurteilten Putins Vorgehen scharf und verabschiedeten weitere Sanktionen.

Selenskyj ordnet allgemeine Mobilmachung in Ukraine an

Nach Angaben von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg griff das russische Militär aus verschiedenen Richtungen an und attackierte militärische Infrastruktur sowie wichtige Ballungszentren in der Ukraine. Stoltenberg sprach in Brüssel von Luft- und Raketenangriffen und einem Einsatz von Bodentruppen und Spezialkräften.

Russland hat nach westlichen Angaben etwa 150.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen. Nach Nato-Angaben gibt es außerdem 30.000 russische Soldaten im nördlichen Nachbarland Belarus.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eine allgemeine Mobilmachung angeordnet. Das Staatsoberhaupt habe ein entsprechendes Dekret unterschrieben, meldete die Agentur Unian in der Nacht zum Freitag unter Berufung auf das Präsidialamt in Kiew. Die Anordnung gilt demnach 90 Tage und sieht die Einberufung von Wehrpflichtigen und Reservisten vor.

Zuvor hatte Selenskyj bereits eine Teilmobilmachung von Reservisten angeordnet. «Wir müssen operativ die Armee und andere militärische Formationen auffüllen», begründete er seine Entscheidung. Bei den Territorialeinheiten werde es zudem Wehrübungen geben. Wie viele Männer betroffen sein werden, sagte der 44-Jährige nicht.

Nach ukrainischen Behördenangaben dürfen zudem männliche Staatsbürger im Alter von 18 bis 60 Jahren das Land nicht verlassen. Man werde sie nicht über die Landesgrenze lassen, teilte der Leiter der ukrainischen Zollbehörde in Lemberg, Danil Menschikow, am Donnerstagabend (Ortszeit) auf Facebook mit. Er bat die Menschen, keine Panik zu verbreiten und nicht zu versuchen, eigenständig die Landesgrenze zu überqueren.

Bisher mehr als 30 Angriffe auf die Ukraine

Putin hatte am Montag die Unabhängigkeit der Separatistenregionen Donezk und Luhansk in der Ostukraine anerkannt. Dort rollten nun russischen Panzer ein. Der Kremlchef plant zum zweiten Mal nach 2014 einen Einmarsch in die Ukraine.

Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs wurden bis Mittag (MEZ) mehr als 30 Angriffe mit Flugzeugen, Artillerie und Marschflugkörpern "auf ukrainische zivile und militärische Infrastruktur" gezählt. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben zunächst nicht.

Die US-Regierung geht davon aus, dass Russland die ukrainische Regierung in Kiew stürzen will. Es gebe unter anderem Kämpfe im Umkreis von rund 30 Kilometern der ukrainischen Hauptstadt sowie rund um die Großstadt Charkiw im Osten unweit der russischen Grenze, sagte ein führender Vertreter des US-Verteidigungsministeriums.

Das russische Militär hat nach ukrainischen Angaben die Kontrolle über den zerstörten Atomreaktor von Tschernobyl übernommen. Russische Soldaten hätten das Gebiet um das Akw im Norden der Ukraine nach "erbitterten" Kämpfen eingenommen, sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak am Donnerstagabend. Der Unglücksreaktor könne daher nicht mehr als sicher angesehen werden, es handele sich um "eine der ernstesten Bedrohungen für Europa".

Das Innenministerium hatte zuvor heftige Gefechte in der Nähe des Atommüll-Lagers von Tschernobyl gemeldet. Die dort stationierten Soldaten der ukrainischen Nationalgarde leisteten "hartnäckigen Widerstand".

Ukraine-Krieg: So reagiert die Nato

Die Nato aktivierte als Reaktion auf den russischen Angriff die Verteidigungspläne für Osteuropa. Der Oberbefehlshaber der Nato-Streitkräfte bekommt weitreichende Befugnisse, um zum Beispiel Truppen anzufordern und zu verlegen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Bündniskreisen erfuhr.

Die US-Regierung hat seit Beginn des Konflikts um die Ukraine bereits rund 6.000 Soldaten in osteuropäische Nato-Mitgliedsländer verlegt oder deren Verlegung angekündigt. Die USA entsenden 7.000 zusätzliche Soldaten nach Deutschland. Die Soldaten würden auf Anordnung von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin "in den kommenden Tagen aufbrechen", erklärte ein Verteidigungsvertreter in Washington am Donnerstag. Die Entsendung diene der "Abschreckung gegen russische Aggression".

Die Nato schließt eine militärische Unterstützung der Ukraine weiter aus. "Wir haben keine Nato-Truppen in der Ukraine, und wir haben auch keine Pläne, Nato-Truppen in die Ukraine zu schicken", sagte Stoltenberg.

Biden und Scholz verurteilen russischen Angriff

US-Präsident Biden verurteilte den russischen Angriff im Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. "Die Gebete der ganzen Welt sind heute Nacht beim ukrainischen Volk, während es unter einem unprovozierten und ungerechtfertigten Angriff durch die russischen Streitkräfte leidet", erklärte Biden. "Die Welt wird Russland zur Rechenschaft ziehen."

Bundeskanzler Scholz nannte den russischen Angriff einen eklatanten Bruch des Völkerrechts. "Als nächsten Schritt werden wir in enger Absprache mit unseren internationalen Partnern in der Nato und in der Europäischen Union noch heute weitere harte Sanktionen gegen Russland beschließen", sagte er in Berlin.

An die Adresse des russischen Präsidenten sagte Scholz: "Es wird sich zeigen: Putin hat mit seinem Krieg einen schweren Fehler begangen."

Russland und China machen Ukraine für Eskalation verantwortlich

Als Reaktion auf den Angriff brach die Ukraine die diplomatischen Beziehungen mit Russland ab. Präsident Wolodymyr Selenskyj rief den Kriegszustand aus.

Russland und China machen nach Angaben aus Moskau die USA und die Ukraine für die Eskalation in der Ukraine verantwortlich. Das teilte das Außenministerium in Moskau nach einem Gespräch von Ressortchef Sergej Lawrow mit dessen chinesischem Kollegen Wang Yi mit.

Angesichts der massiven internationalen Proteste warnte der Kreml den Westen vor einem Abbruch der diplomatischen Beziehungen. "Ein Land wie Russland kann nicht hinter einem Eisernen Vorhang sein", sagte der Sprecher des russischen Präsidialamts, Dmitri Peskow, der Agentur Interfax zufolge.

Rund 100.000 Menschen auf der Flucht

Aus Angst vor einem noch größer angelegten russischen Angriff auf die Ukraine flohen viele Menschen aus der Hauptstadt. Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR rund 100.000 Menschen in dem Land auf der Flucht. Mehrere tausend Menschen seien zudem bereits aus dem Land geflüchtet, sagte UNHCR-Sprecherin Shabia Mantoo am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP.

"Wir können noch keine genauen Zahlen bestätigen, aber es ist klar, dass es erhebliche Bewegungen innerhalb des Landes und einige Bewegungen über die Grenzen hinweg gegeben hat", sagte Mantoo.

UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi hatte zuvor umfassende Schutzmaßnahmen für die Zivilbevölkerung sowie die zivile Infrastruktur in der Ukraine gefordert. "Die humanitären Folgen für die Zivilbevölkerungen werden verheerend sein", warnte er.

Das UNHCR und seine Partner in der Ukraine seien "bereit, humanitäre Unterstützung zu gewähren, wo es nötig und möglich ist", fügte Grandi hinzu. Dafür müsse aber der humanitäre Zugang garantiert sein. Die Nachbarländer der Ukraine forderte er dazu auf, ihre Grenzen für Schutzsuchende offen zu halten.

Viele Menschen deckten sich mit Lebensmitteln und Trinkwasser ein. Die U-Bahn stellte am Vormittag ihren Betrieb nicht ein. Am Morgen liefen testweise die Luftschutzsirenen. (dpa/ari/fra)

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