• Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht hat mit einer Äußerung auf Twitter heftigen Widerspruch ausgelöst.
  • Sie wirft den Grünen vor, einen "wahnsinnigen Krieg gegen Russland" zu führen.
  • Zahlreiche Linken-Mitglieder distanzieren sich von der früheren Fraktionschefin. Auch der Ruf nach einem Ausschluss aus der Bundestagsfraktion wird laut.

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Sahra Wagenknecht hat in Fraktion und Parteiführung der Linken schon lange keine herausgehobene Position mehr. Doch ihre Partei und die politischen Gegner kann sie immer noch in Wallung versetzen. Jüngstes Beispiel ist eine Äußerung, die die frühere Linken-Fraktionschefin am Montagabend bei Twitter absetzte.

Anlass war die Meldung, das Kohlekraftwerk Mehrum solle aus der Reserve geholt werden und wieder ans Netz gehen, um Erdgas einzusparen. Wegen des russischen Krieges gegen die Ukraine und der gegen Russland verhängten Sanktionen fließt derzeit deutlich weniger russisches Gas nach Deutschland. Wagenknecht schrieb dazu: "Wiederinbetriebnahme der Kohlekraftwerke zeigt: Klimawandel war für Grüne gestern wichtig. Heute hat wahnsinniger Krieg gegen Russland für frühere Ökopartei Top-Priorität […]."

Florian Hahn (CSU): "Komplett wahnsinnig"

Die Grünen und die von ihnen mitgetragene Bundesregierung führen nach Wagenknechts Einschätzung also einen "wahnsinnigen Krieg gegen Russland"? Politikerinnen und Politiker verschiedener Parteien reagierten ihrerseits auf Twitter empört. Das gilt auch für Mitglieder der Oppositionsfraktionen. "Wer einen 'wahnsinnigen Krieg gegen Russland' wittert, ist komplett wahnsinnig", schrieb Florian Hahn, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion.

Doch auch in Wagenknechts eigener Partei waren am Tag danach viele bemüht, sich von der prominenten Linken zu distanzieren. "Den wahnsinnigen Krieg führt Russland gegen die Ukraine (und Wagenknecht gegen die Linke?)", twitterte der Kreisverband Mannheim.

Die Bundestagsabgeordnete Cornelia Möhring stellte sich zwar hinter die Kritik an der Energiepolitik der Grünen. Der wahnsinnige Aggressor sitze aber in Moskau und Wagenknechts Tweet zeuge von einer "ordentlichen Portion Irrsinn", twitterte die entwicklungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion. "Meine Fraktionsgenossin bist du nur noch formal", schrieb Möhring an Wagenknecht gerichtet.

Wagenknecht und die Linke: Ein kompliziertes Verhältnis

Auch Co-Fraktionschef Dietmar Bartsch sah sich zu einer Klarstellung gezwungen. Die Position der Linksfraktion bleibe klar, so Bartsch: "Wir verurteilen den verbrecherischen Angriffskrieg Russlands auf das Schärfste."

Sahra Wagenknecht pflegt seit Langem ein kompliziertes Verhältnis zu ihrer Partei. Sie vertritt in der Corona-Bekämpfung, der Einwanderungspolitik und jetzt beim russischen Krieg gegen die Ukraine Positionen, die denen der AfD ähneln.

Ex-Fraktionschef Gregor Gysi hat ihr in der Frage des Ukraine-Krieges "völlige Emotionslosigkeit" vorgeworfen. Beim Bundesparteitag im Juni war Wagenknecht krankheitsbedingt nicht vor Ort, von ihr unterstützte Kandidaten und Anträge blieben zum Teil ohne Mehrheit. In der Führungsebene gilt die Frau von Linken-Mitbegründer Oskar Lafontaine inzwischen als isoliert. Allerdings ist sie in Teilen der Basis noch immer sehr beliebt.

Martina Renner: "Konsequent wäre, die Fraktion trennt sich von ihr"

In der Bundestagsfraktion hat Wagenknecht inzwischen erbitterte Gegner. Die innenpolitische Sprecherin Martina Renner forderte am Dienstag einen Bruch mit der früheren Vorsitzenden: "Konsequent wäre die Fraktion trennt sich von Sahra Wagenknecht", schrieb sie auf Twitter.

Wagenknecht reagierte auf die teils heftige Kritik: Selbstverständlich sei der Konflikt durch einen "zu verurteilenden und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands ausgelöst worden", schrieb sie. Von ihrer Kritik an der deutschen Politik im Ukraine-Krieg rückte sie aber nicht ab: "Es ist irre & gefährlich zu glauben, dass dieser durch Waffenlieferungen & Wirtschaftskrieg beizulegen wäre", schrieb sie ebenfalls auf Twitter. (fab)

Verwendete Quellen:

  • Twitter-Accounts von Sahra Wagenknecht, Florian Hahn, Die Linke Mannheim, Cornelia Möhring, Dietmar Bartsch und Martina Renner

Waffenlieferungen an die Ukraine: Wagenknecht warnt vor "atomarem Inferno"

Die Bundesregierung hat angekündigt, der Ukraine Panzer des Typs Gepard liefern zu wollen. Das stößt bei Sahra Wagenknecht auf Kritik. Vorschaubild: picture alliance
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