Erneut gibt es einen Sabotage-Verdacht in der Ostsee, erneut ist ein Kabel beschädigt. Obwohl die Hintergründe noch nicht geklärt sind, macht Olaf Scholz einen Verdächtigen aus. Und der heißt einmal mehr: Russland.

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Olaf Scholz (SPD) hat angesichts der wiederholten Beschädigungen an Unterwasserkabeln in der Ostsee vor den Gefahren durch die russische Schattenflotte gewarnt. Die jüngste Beschädigung eines Unterwasserkabels in der Ostsee "zeigt, welche Bedrohung von der russischen Schattenflotte ausgeht", sagte der deutsche Kanzler am Dienstag bei einem Pressestatement mit der dänischen Regierungschefin Mette Frederiksen in Berlin.

Am Sonntag war ein Glasfaserkabel zur Datenübertragung zwischen Schweden und Lettland schwer beschädigt worden. "Mit der Nato-Operation 'Baltic Sentry' werden wir den Schutz der Ostsee und der kritischen Infrastruktur auf dem Meeresboden verbessern", fuhr der Kanzler fort.

Scholz: Müssen Nato in Europa stärken

Die Nato bleibe der "Garant für unsere gemeinsame Sicherheit". Daher hätten viele Mitgliedstaaten in den vergangenen Jahren ihre Verteidigungsausgaben "deutlich erhöht". "Wir sind uns einig, dass wir den europäischen Pfeiler der Nato stärken und die Verteidigungsaufwendung weiter erhöhen müssen", sagte Scholz.

Auch Frederiksen sagte, in Europa müsse mehr getan werden. "Wir brauchen ein stärkeres, entschlosseneres Europa, das in der Lage ist, sich selbst zu verteidigen und die europäischen Interessen zu befördern", sagte die dänische Regierungschefin. "Wir müssen mehr Verantwortung für unsere eigene Sicherheit und für die Stärkung unserer Verteidigungsindustrie übernehmen."

US-Präsident Donald Trump hatte den Europäern in der Vergangenheit mit dem Ende des Nato-Beistandspakts gedroht, sollten sie nicht genug in ihre Verteidigung investieren. Er forderte von den Nato-Staaten jeweils Ausgaben in Höhe von fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts, derzeit liegt die sogenannte Nato-Quote bei mindestens zwei Prozent.

Am Wochenende erneut Ostsee-Kabel beschädigt - Schweden ermittelt

Zwischen Schweden und Lettland war am Wochenende ein Seekabel beschädigt worden, das vom lettischen staatlichen Rundfunk- und Fernsehzentrum (LVRTC) genutzt wird. Die Schäden traten in der ausschließlichen Wirtschaftszone Schwedens auf.

Die Ursache dahinter ist bislang unklar, doch Behördenvertreter verschiedener Ostsee-Länder gehen dem Verdacht nach, dass Schiffe die Kabel am Meeresgrund - möglicherweise absichtlich - mit ihren Ankern gekappt haben. Schwedische Behörden beschlagnahmten einen Frachter und nahmen Ermittlungen wegen mutmaßlicher schwerer Sabotage auf. Die Küstenwache ging für Untersuchungen an Bord des Schiffes, während die Eigentümer in Bulgarien den Vorwurf bewusster Sabotage zurückwiesen.

Lettlands Armee beteiligt sich mit Marinetauchern an der Aufklärung. Ein Team von Tauchern ist nach Angaben der Streitkräfte auf dem Weg zu der Schadenstelle im Meeresgebiet zwischen Lettland und Schweden. Dort sollen sie Untersuchungen vor Ort durchführen und weitere Anhaltspunkte sammeln, hieß es einer Mitteilung. Unterstützt werden sollen die Taucher dabei von Schiffen der schwedischen Küstenwache.

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Nach präzisierten Angaben des LVRTC befindet die Schadenstelle rund 130 Kilometer vor der lettischen Küste. Das Kabel liege dort in einer Tiefe von etwa 100 Metern. "Aus den technologischen Parametern, die wir in unseren Systemen sehen, geht klar hervor, dass der Schaden sehr beträchtlich ist", sagte LVRTC-Chef Girts Ozols im lettischen Fernsehen. Das genaue Ausmaß des Schadens könne aber nur ermittelt werden, wenn das Kabel an die Wasseroberfläche gehoben oder in seiner Nähe getaucht werde.

Nato will Patrouillen verstärken

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 sind in der Ostsee mehrfach wichtige Telekommunikations- und Stromkabel beschädigt worden. Fachleute gehen davon aus, dass es sich um hybride Angriffe gegen den Westen im Auftrag Russlands handelt.

Für den erneuten Kabelbruch kann es nach Einschätzung des früheren Oberstleutnants Joakim Paasikivi zwei mögliche Erklärungen geben, nämlich natürliche Gründe wie Meeresströmungen oder die Einwirkung eines externen Akteurs. Im letzteren Fall sieht Paasikivi zwei mögliche Alternativen: Entweder handle es sich um einen Unfall oder aber um Absicht - genau das sollten die Ermittlungen klären, sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur TT.

NATO-Marineschiffe liegen am Ofelia Plads im Hafen von Kopenhagen
Das Schiff A803 wird an der erweiterten Nato-Operation "Baltic Sentry" in der Ostsee teilnehmen, um kritische Infrastrukturen wie Kabel und Leitungen auf dem Meeresboden zu schützen. © Ida Marie Odgaard/Ritzau Scanpix Foto /dpa

Die Nato hatte wegen der Serie mutmaßlicher Sabotageakte in der Ostsee verstärkte Patrouillen angekündigt. Mit Kriegsschiffen, Aufklärungsflugzeugen, Satelliten und Drohnen will das Verteidigungsbündnis bei der Mission "Baltic Sentry" das Seegebiet überwachen.

Der Verdacht besteht, dass Russland zumindest im Fall von Kabelschäden im Dezember mit seiner sogenannten Schattenflotte dahintersteckt. Damit sind Tanker und andere Frachtschiffe mit undurchsichtigen Eigentümerstrukturen gemeint, die der Kreml benutzt, um Sanktionen infolge seines Angriffskriegs gegen die Ukraine etwa beim Öltransport zu umgehen. Gegen Dutzende dieser Schiffe hat die EU Sanktionen erlassen, doch ihr tatsächlicher Umfang dürfte weitaus größer sein. (AFP/dpa/bearbeitet von ank)

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