• Georg Nüßlein und Nikolas Löbel sind offenbar nicht die einzigen Unions-Bundestagsabgeordneten, die sich bei der Beschaffung von Corona-Schutzmasken persönlich bereichert haben.
  • Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat volle Transparenz angekündigt und will die Namen aller Parlamentarier öffentlich machen, die im Rahmen der Beschaffung mit seinem Ministerium in Kontakt standen.
  • Die Opposition fordert einen Sonderermittler.

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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Namen aller Bundestagsabgeordneten öffentlich machen, die im Zusammenhang mit der Beschaffung von Corona-Schutzmasken gegenüber seinem Ministerium in Erscheinung getreten sind.

Dies soll aber erst nach Rücksprache mit der Bundestagsverwaltung geschehen. "Wir wollen volle Transparenz in einem geordneten Verfahren ermöglichen", sagte Spahn dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Montag).

Weil aber die Persönlichkeitsrechte von Abgeordneten berührt seien, habe er den Bundestag gebeten, mit ihm einen Verfahrensvorschlag zu entwickeln.

Bundesgesundheitsministerium zu Transparenz bereit

In einem Brief an Bundestagsdirektor Lorenz Müller schreibt Gesundheitsstaatssekretär Thomas Steffen dem Bericht zufolge, dass mehrere Anfragen aus der Mitte des Parlamentes und von der Presse zum Thema Maskendeals vorliegen.

"Das BMG ist im Sinne der Transparenz grundsätzlich bereit, eine Liste entsprechender Abgeordneter dem Parlament und auch der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen", wird Steffen zitiert. "Gleichzeitig berührt eine entsprechende Information die Rechte der betroffenen Abgeordneten." Deshalb wolle man sich mit Müller über den weiteren Verfahrensweg austauschen.

Spahn wies im Gespräch mit dem RND darauf hin, dass das "Prüf- und Zuschlagsverfahren sowie die Vertragsabwicklung auf Fachebene in einem standardisierten Verfahren" durchgeführt wurde. Es erfolge unabhängig davon, "durch oder von wem ein Angebot abgegeben wurde".

Nikolas Löbel legt Mandat und CDU-Mitgliedschaft nieder

Die Abgeordneten Georg Nüßlein (CSU) und Nikolas Löbel (CDU) sollen Provisionen in sechsstelliger Höhe für die Vermittlung von Maskengeschäften kassiert haben. Beide haben ihren Austritt aus der Unionsfraktion erklärt, wollten ihr Mandat aber behalten, obwohl Partei- und Fraktionsführung den Rückzug verlangen.

Löbel kündigte jedoch am Montag an, sein Mandat "mit sofortiger Wirkung" niederzulegen und aus der CDU auszutreten.

Am Montagnachmittag erklärte CSU-Generalsekretär Markus Blume nach einer Schalte des CSU-Präsidiums, dass Nüßlein aus der Partei ausgetreten ist.

Fraktionschef Brinkhaus: Weitere Fälle nicht ausgeschlossen

Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) hatte bereits am Sonntagabend nicht ausgeschlossen, dass es noch mehr solcher Fälle in den eigenen Reihen gibt.

"Wir werden die nächsten Tage dazu nutzen, auch alle Zweifelsfälle entsprechend zu klären, weil wir auch glauben, dass wir das schuldig sind", sagte Brinkhaus in der ARD. Es könne nicht sein, dass sich Abgeordnete in der schwersten Krise des Landes bereichern. "Wir führen nicht nur Gespräche, sondern wir verlangen auch entsprechende Auskünfte."

FDP-Chef Lindner fordert Einrichtung eines Sonderermittlers

FDP-Chef Christian Lindner hat die Einrichtung eines Sonderermittlers gefordert, um die Affäre um Provisionen von Bundestagsabgeordneten bei der Beschaffung von Corona-Schutzmasken aufzuklären.

Man müsse auch schauen, was "auf der anderen Seite des Beschaffungsprozesses, also in den Ministerien passiert ist", sagte Lindner am Montag in der Sendung "Frühstart" von RTL/n-tv. "Sicherlich wäre die CDU/CSU gut beraten, einen Sonderermittler zu fordern, der mit besonderen Befugnissen und Akteneinsicht als unabhängige Persönlichkeit hier Transparenz und Klarheit schafft", betonte Lindner.

"Untersuchungsausschuss ist keine passende Idee"

"Angesichts der Masken-Affäre fordern manche bereits einen Untersuchungsausschuss", sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur. "Die Gefühlslage kann ich verstehen, aber das ist keine passende Idee, da die Legislaturperiode in wenigen Wochen zu Ende geht. Die Öffentlichkeit braucht zudem schneller Klarheit als eine Aufarbeitung in der kommenden Legislaturperiode."

Die Bundesregierung solle jetzt selbst tätig werden "und im eigenen Interesse einen unabhängigen Sonderermittler einsetzen", sagte Lindner. "Die Vorgänge in den Ministerien sollten umgehend und mit Akteneinsicht geprüft werden, sodass noch vor der Bundestagswahl ein Bericht vorgelegt werden kann. Es muss Schaden von der Glaubwürdigkeit der Politik insgesamt abgewendet werden."

Linke wirft Union Scheinheiligkeit vor - und führt Amthor als Beispiel an

Die Linke findet die Entrüstung von Spitzenpolitikern der Union über fragwürdige Maskengeschäfte von Bundestagsabgeordneten aus den eigenen Reihen "ziemlich scheinheilig". Dass die CDU in Mecklenburg-Vorpommern ausgerechnet Philipp Amthor jetzt auf Platz eins der Kandidatenliste für die Bundestagswahl gewählt hat, "das macht doch den ganzen Kampf gegen Lobbyismus und Korruption vollkommen unglaubwürdig", sagte die Parteivorsitzende Janine Wissler am Montag.

Würde es die CDU damit ernst meinen, müsste sie zulassen, dass Lobbykontakte und Nebeneinkünfte viel detaillierter offengelegt werden. "Offenheit und Transparenz, das sind die beiden natürlichen Feinde der Union", fügte Wissler hinzu.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Amthor hatte im Juni 2020 nach einer Lobbyismus-Affäre auf eine Kandidatur für den Landesvorsitz verzichtet. Die CDU-Vertreterversammlung Mecklenburg-Vorpommerns wählte den 28-Jährigen am Samstag mit großer Mehrheit auf Platz eins der Landesliste für die Bundestagswahl am 26. September. (hub/dpa)

Nach Masken-Affäre: CDU-Abgeordneter Löbel zieht sich aus Politik zurück

Die Firma von Niklas Löbel hat Corona-Masken zwischen Herstellern und Firmen unter anderem aus dem Wahlkreis des Bundestagsabgeordneten vermittelt - und dabei kräftig kassiert. Etliche CDU-Parteifreunde hatten Löbel im Bundestag nicht mehr für tragbar gehalten. Nun zieht sich der 34-Jährige aus der Politik zurück.
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