Ob abgelehnte Asylbewerber bleiben können, wenn sie einen Job finden und gut integriert sind, wird derzeit diskutiert. Schleswig-Holstein Ministerpräsident Daniel Günther wirbt für das Vorhaben und wird dabei von SPD und Opposition unterstützt. Der Wirtschaft ist die Diskussion aber gar nicht recht.

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Die Wirtschaft befürchtet, dass die Diskussion über eine Arbeitsperspektive für lediglich geduldete Asylbewerber das ganze Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz gefährden könnte. Deswegen ist sie verärgert über den entsprechenden Vorstoß des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU).

"Wenn wir künftig erlauben würden, dass ein abgelehnter Asylbewerber über die Hintertüre des Fachkräfte-Zuwanderungsgesetzes bei uns bleiben darf, würde der Eindruck entstehen, dass es völlig egal ist, ob ein Asylbewerber abgelehnt wird oder nicht", sagte der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Oliver Zander, der "Augsburger Allgemeine" (Samstag).

"Deswegen verstehe ich den Vorstoß von CDU-Mann Günther überhaupt nicht. Die von ihm angeheizte Diskussion ist töricht und kann das ganze Projekt gefährden." Günther solle seine Aktivitäten einstellen. Zuvor hatte sich bereits die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) ablehnend zu Günthers Vorstoß geäußert.

SPD, Grüne und FDP fordern "Spurwechsel"

Der Kieler Regierungschef hatte vorgeschlagen, Asylbewerbern ohne Bleiberecht einen "Spurwechsel" vom Asyl- ins Zuwanderungsrecht zu ermöglichen, wenn sie gut integriert und qualifiziert sind, Deutsch sprechen und eine Arbeit haben.

In der CSU und überwiegend auch seiner CDU stößt er damit auf Ablehnung, weil befürchtet wird, dass eine solche Regelung einen zusätzlichen Anreiz zur Flucht bietet. SPD, Grüne und FDP fordern jedoch einen solchen "Spurwechsel".

Die SPD hat inzwischen eine Stichtagsregelung vorgeschlagen, um Fluchtanreize zu vermeiden: Für bereits in Deutschland Geduldete würde die Lockerung gelten, für künftige Asylbewerber nicht.

Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, die Christdemokratin Annette Widmann-Mauz, ist für die Stichtagsregelung, wie das ZDF berichtet. "Es würde niemand verstehen, dass wir im Ausland Fachkräfte anwerben und die Menschen, die schon im Land als Fachkräfte arbeiten oder eine Beschäftigung haben und integriert sind, wieder nach Hause schicken", sagte sie dem Sender.

Besonderes Augenmerk auf Sprachkenntnisse

Arbeitsminister Hubertus Heil zeigte sich zuversichtlich, mit der Union eine Regelung zu finden. "Ich bin sicher, dass wir in der Koalition zu vernünftigen Lösungen kommen", sagte er im ZDF.

In den Eckpunkten des Innenministeriums für ein Zuwanderungsgesetz sei festgehalten, dass die Potenziale der Flüchtlinge genutzt werden sollten. "Die Ausgestaltung werden wir miteinander besprechen."

Heil bezog sich besonders auf Auszubildende. Für diese gibt es bisher eine Ausnahmeregelung, die es ihnen ermöglicht insgesamt fünf Jahre zu bleiben: für drei Jahre Ausbildung und zwei Jahre Anschlussbeschäftigung.

Bei den Zuwanderungskriterien legt Heil besonderen Wert auf gute Sprachkenntnisse. Bei anderen Kriterien solle man großzügiger sein, forderte er in der "Super Illu", besonders was den Nachweis ausländischer Hochschul- oder Ausbildungsabschlüsse betreffe.

"Menschen, die was können, die gut Deutsch sprechen und die wir brauchen, sollten wir nach meiner Auffassung schneller ins Land lassen - und ihre Abschlüsse später bei uns vor Ort anerkennen lassen."

Christian Lindner kritisiert Koalitionspläne

Das Innenministerium von Horst Seehofer (CSU) bekräftigte zwar seine Ablehnung eines "Spurwechsels" vom Asyl- ins Zuwanderungsrecht. Für Änderungen an der 3+2-Regelung zeigte sich sein Staatssekretär Stephan Mayer (CSU) aber aufgeschlossen: "Ich halte angesichts des Fachkräftemangels im Pflegebereich weitere Lockerungen für überlegenswert", sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Samstag).

FDP-Chef Christian Lindner kritisierte die Koalitionspläne zur Fachkräftezuwanderung. "Seehofers Eckpunkte sind viel zu vage und kündigen nur ein paar kleine Schönheitskorrekturen an", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag). "Von einem großen Wurf kann keine Rede sein. Aber genau den brauchen wir, um unser Fachkräfteproblem endlich zu lösen." (ff/dpa)

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