• Bund und Länder haben beschlossen, dass Gottesdienste zu Ostern möglichst nur virtuell stattfinden sollen.
  • Spitzenvertreter der katholischen und der evangelischen Kirche zeigen sich allerdings irritiert über den Vorschlag.
  • Final entschieden ist derweil noch nichts.

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Die Diskussion um Ostern kommen nicht zur Ruhe. Es ist aber nicht die von der Bund-Länder-Runde ersonnene sogenannte Osterruhe gemeint, die Kanzlerin Angela Merkel am Mittwochmittag bereits nach gut einem Tag wieder überraschend kassiert hat. Sondern ein Anliegen von Merkel und den Ministerpräsidenten an vieler Gläubige.

"Bund und Länder werden auf die Religionsgemeinschaften zugehen, mit der Bitte, religiöse Versammlungen in dieser Zeit nur virtuell durchzuführen", heißt es maximal unverbindlich in dem gemeinsam verabschiedeten Beschlussdokument.

Es ist kein Verbot, aber eine freundliche Aufforderung, zu Ostern keine Präsenz-Gottesdienste durchzuführen. Angesichts des wichtigsten Festes für alle Christen laufen die Kirchen Sturm. Anders als im vergangenen Jahr sollen die Gotteshäuser diesmal nicht leer bleiben.

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Kirchen seien von Bitte überrascht worden

Sowohl die katholische als auch die evangelische Kirche wollen nicht ohne weiteres von Präsenz-Gottesdienste an Ostern absehen. Man sei von der entsprechenden Bitte von Bund und Ländern überrascht worden, erklärten am Dienstag der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche (EKD) in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm.

Das Fest sei ein zentrales Ereignis und keine Nebensächlichkeit. "Darauf wollen wir Ostern nicht verzichten", stellte Bätzing klar. Die evangelische Kirche in Baden-Württemberg kündigte an: "Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sehen wir keine Notwendigkeit, unsere strengen, bewährten und nachhaltigen Regelungen für Präsenz-Gottesdienste zu ändern."

Bereits am Tag nach dem Beschluss von Bund und Ländern liefen auf Arbeitsebene Gespräche zwischen den Kirchen und der Bundesregierung. Nach Abschluss wolle man in den Gremien beraten, wie man mit der Bitte umgehe, teilte Bedford-Strohm mit.

"Wir gehen davon aus, dass wir unter Einhaltung aller Schutz-/Hygienemaßnahmen Gottesdienste weiterhin feiern können", erklärte am Mittwoch ein Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz auf Twitter. Zugleich forderte aber auch dazu auf, zu Ostern auf Streamingangebote zurückzugreifen.

Immer wieder größere Corona-Ausbrüche nach religiösen Versammlungen

Sowohl Katholiken als auch Protestanten verweisen auf die seit vielen Monaten erprobten Hygienekonzepte für Gottesdienste. Dazu gehören die Einhaltung der Abstände, das Tragen von FFP2-Masken auch am Platz und der Verzicht auf Gemeindegesang. Die Teilnehmerzahl richtet sich nach der Größe der Kirche.

"Zu Weihnachten haben wir gezeigt, wie wir mit Vorsicht Messe feiern können", betonte Bätzing auf Twitter.

Auch aus Sicht des Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, gebe es "keinen Leichtsinn". Öffentliche Gottesdienste seien "verantwortungsvoll unter Wahrung strenger Regeln möglich".

Fakt ist jedoch auch: In der Pandemie gab es immer wieder größere Corona-Ausbrüche nach religiösen Zusammenkünften. Zuletzt wurde der Fall einer Baptistengemeinde im nordrhein-westfälischen Lage bekannt. Laut aktuellem Stand haben sich offenbar 152 Gemeindemitglieder mit SARS-CoV-2 infiziert, womöglich auch in Gottesdiensten. 1100 Gläubige wurden vorsorglich unter Quarantäne gesetzt, sie werden nun nach und nach bis Ende der Woche getestet. Die Stadt Lage hat den Baptisten bereits bis Ostern Gottesdienste untersagt.

Bei der Haltung der Kirchen spielt auch eine Rolle, dass ihnen im ersten Lockdown vor einem Jahr vorgeworfen worden war, sich den Forderungen aus der Politik zu willig gefügt zu haben. Dadurch seien die Kirchen gerade zu dem Zeitpunkt unsichtbar geworden, zu dem die Gläubigen sie am dringendsten gebraucht hätten.

Seehofer kritisiert Bitte auf Gottesdienste zu verzichten

Unterstützung bekommen die Kirchen in der aktuellen Diskussion auch aus der Politik. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kritisierte die Bitte an die Religionsgemeinschaften. "Es hat mich schon erstaunt, dass ausgerechnet Parteien, die das C im Namen führen, den Kirchen den Verzicht auf Gottesdienste nahelegen, noch dazu an Ostern", sagte Seehofer der "Bild".

Der CSU-Politiker betonte: "Mein Haus hat diesen Vorschlag auch nicht gemacht, obwohl wir für die Religionen zuständig sind. Das Innenministerium hat stattdessen schon sehr früh in der Pandemie gemeinsam mit den Kirchen Hygiene-Konzepte ausgearbeitet, die bis heute tadellos funktionieren."

Der religionspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Benjamin Strasser, bezeichnete einen Kirchen-Lockdown an Ostern als völlig überzogen". Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) erklärte im ZDF: Ob Gottesdienste tatsächlich nur virtuell stattfinden sollten, sei zurzeit noch offen. "Wir wissen ja, dass das ein besonderes Feld ist. Deshalb wollen wir erst sprechen, bevor wir entscheiden." (dpa/afp/mf)

Seehofer kritisiert Gottesdienst-Beschluss zu Ostern

Bundesinnenminister Horst Seehofer kritisiert den Beschluss von Bund und Ländern, Gottesdienste über Ostern wenn möglich virtuell stattfinden zu lassen. Seehofer betont dabei, dass der Vorschlag nicht aus seinem Ministerium gekommen sei und, dass es sich lediglich um eine Bitte, nicht um ein Verbot handle.
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