Norbert Hofer gegen Alexander Van der Bellen – das gefühlt Hundertste TV-Duell flimmerte am Sonntag auf den heimischen TV-Schirmen. In Wirklichkeit war es das dritte des zweiten Durchgangs und das insgesamt zweite auf dem Privatsender ATV. Dieser hatte mit der ersten Ausgabe des Duells international für Diskussion gesorgt, als man die beiden Kandidaten unmoderiert miteinander diskutieren ließ. Letztendlich gipfelte das Gespräch in Peinlichkeiten – und auch der Sender stieg damit alles andere als gut aus.

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Diese Blöße wollte man sich diesmal nicht mehr geben und platzierte Moderator Martin Thür zwischen den Präsidentschaftskandidaten. Doch auch Thür, der sich redlich bemüht durch die dreiviertel Stunde quälte, konnte nicht mehr verbergen, was sich sowohl Kandidaten als auch Zuseher denken: Wann ist das alles endlich vorbei?

Hofer zu Trump: "Nicht klug einen Präsidenten als Hetzer zu bezeichnen"

Anstandshalber sprach man zuerst über die Linie von Donald Trump und den US-Wahlkampf. Dabei interessant: Noch im Sommer gab Norbert Hofer Donald Trump im Magazin "Biber" die Schulnote 5 für dessen Wahlkampf. Mittlerweile hat er seine Meinung geändert, hat Trump gratuliert und verteidigte das so: "Es ist nicht klug einen Präsidenten als Hetzer zu bezeichnen oder ein Ergebnis als Schock. Ein Wahlergebnis ist niemals ein Schock." Van der Bellen zu Trump: "Alle europäischen Politiker sind besorgt wie es weitergehen wird, weil niemand weiß, was von seinen Wahlversprechen umgesetzt werden kann."

Würde Trump tatsächlich den Freihandel einschränken wollen, stehen in Österreich 80.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. "Österreich lebt von seinen Exporten und von den innovativen Unternehmen und dem Handel über die Grenzen", sagte Van der Bellen und verteidigte seine Kritik am Wahlkampfstil Trumps.

Van der Bellen: "Partnerschaft zu Deutschland stärken"

Gleichzeitig gab er zu bedenken, dass man sich nicht nur auf die USA konzentrieren dürfe. Gerade Partnerschaften mit Deutschland, Italien und Co. müssten verstärkt werden. Mit 20,2 Milliarden Euro ist Deutschland der stärkste Partner Österreichs. Die FPÖ und Norbert Hofer stehen der deutschen Regierung allerdings seit jeher skeptisch gegenüber. Sorgen um die Beziehungen zwischen Deutschland und Österreich müsse man sich laut Hofer aber keine machen, sollte er die Wahl gewinnen. Dennoch, ganz ohne Kritik ging es nicht: "Die Wahlen werden in Österreich entschieden und nicht in Deutschland. Wir nehmen schon lange keine Befehle von Deutschland mehr entgegen. Merkel hat einige gute Dinge getan. Doch mit ihrer Flüchtlingspolitik hat sie Europa Schaden zugefügt."

Hofer kritisierte Hastelsteiner

In diesem Zusammenhang betonte Van der Bellen erneut seine Pro-Europa Haltung. Er gab zu bedenken, wie viele Jobs an den innereuropäischen Beziehungen und an den Beziehungen zu Deutschland hängen würden: "Der Zusammenhalt in der EU ist am Wichtigsten. Sonst werden wir uns gegen die USA, Russland oder China niemals behaupten können." Zudem hänge Österreich massiv vom Tourismus ab. Den neuen Anti-Öxit Kurs von Hofer und der FPÖ kaufe er den Populisten nicht ab, sagte er. Eine konkrete Antwort wollte Hofer nicht geben. Er versuchte die Anti-Hofer Kampagne von Industriellen Hans-Peter Haselsteiner ins Spiel zu bringen – scheiterte allerdings an einem, in diesem Punkt, souveränen Martin Thür, der meinte: "Sprechen wir über etwas anderes. Über den Öxit wurde oft genug geredet."

Van der Bellen: "Gewalt der Worte folgt Gewalt der Taten"

Von der Außen- in die Innenpolitik: da stand vor allem der Stil des heimischen Wahlkampfs im Mittelpunkt. Die Frage war, wie man die Extremposter als Präsident später überzeugen wolle? Van der Bellen meinte: "Bitte seid ein bisschen vorsichtiger. Denn auf die Gewalt der Worte folgt oft die Gewalt der Taten. Das wollen wir nicht, weil wir in Österreich immer noch einen Kompromiss gefunden haben." Sein Werben um die Stimmen gehe um die Mitte. Ganz extreme Äußerungen, gleichgültig auf wen sie sich beziehen würden, seien inakzeptabel. "Ich glaube nicht, dass es früher besser war – allerdings blieben diese Meinungen am Stammtisch. Was wir hier erleben ist das Phänomen der Blase."

Auch Hofer bat die Menschen, solche Äußerungen zu unterlassen: "Ich bitte so etwas nicht zu tun. Man schadet dem Amt und man schadet Österreich. Es gibt demokratische Wahlen und ein demokratischen Ergebnis. Österreich muss nach der Wahl wieder zusammenhalten."

Das restliche Gespräch verlief, nicht anders zu erwarten, ruhig und ereignislos. Es wurde mittlerweile alles mehrfach gesagt. In Duellen, Radiointerviews, Analysen wurden die Meinungen zur Mindestsicherung, zur Situation der Türkei, zu den geplanten Aktivitäten in den ersten 100 Tagen und zu allen anderen Themen breitgetreten, die an und für sich wenig mit dem Amt des Präsidenten zu tun haben. Sowohl Alexander Van der Bellen als auch Norbert Hofer waren überaus bemüht, keinen Fehltritt zu machen. Hofer nahm sich zwar diesmal nicht ganz so zurück wie noch in der Puls4-Diskussion, doch gab sich gesamt zahm und im Auftreten nachgiebig. Van der Bellen übte sich gelegentlich in jener Ruppigkeit, die er bereits in den vergangenen Gesprächen gezeigt hatte.

Hofer zu Regierungsentlassung: "Hätte es nicht gegeben"

Zu Zufriedenheitsnoten für aktuelle Politiker befragt, meinte Van der Bellen: "Das macht ein Präsident nicht. Wenn es Punkte zu diskutieren gibt, dann wird man direkt ein Gespräch führen." Weniger geheimnisvoll gab sich Hofer, der Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) ein Lob für dessen Arbeit aussprach. Von einer Entlassung der Regierung, die er in der Vergangenheit immer wieder angekündigt hatte, wollte er so nichts mehr wissen. Auf die Frage, was er gemacht hätte, wäre er im Mai Präsident geworden und wen er zum Kanzler gemacht hätte, sagte Hofer: "Ich bin überzeugt, dass es gar nicht zu einer Entlassung gekommen wäre." Ihm ginge es bei dieser Ankündigung mehr um die Macht der Worte. Auf die Frage von Van der Bellen, was denn nach einer Regierungsentlassung rechtlich und politisch passiere, musste Hofer ausweichen. Eine klare Antwort konnte er nicht geben.

Keine weitere Anfechtung geplant

Unterm Strich war das TV-Duell nicht weniger oder mehr informativ, als die Duelle davor. Die Energie ist draußen – das bestätigte Politberater Thomas Hofer. Er formulierte es am Analysten-Tisch treffend: "Es wird Zeit, dass wir einen Präsidenten bekommen. Man durfte sich nicht erwarten, dass Hofer oder Van der Bellen ein neues Thema einbringen würden. Dafür ist es mittlerweile zu spät."

Peter Hajek, Meinungsforscher, meinte: "Der Wahlkampf ist erschöpfend. Wenn wir eine Umfrage machen, werden wir mittlerweile immer wieder gefragt, warum wir schon wieder anrufen." Zumindest eines dürfte den Österreichern nach dem 4. Dezember erspart bleiben: eine weitere Anfechtung schlossen sowohl Hofer als auch Van der Bellen aus.

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