SPD und Grüne sind bei Gesetzesvorhaben nach dem Ampel-Aus auf Stimmen anderer Parteien angewiesen. Und tatsächlich könnten einige Gesetze noch vor der Bundestagswahl durch das Parlament gehen. Der Überblick.
Die Ampel-Koalition ist Geschichte, Bundeskanzler
Bei einigen Vorhaben könnte das trotz der schwierigen Lage noch klappen - allen voran bei Entlastungen für Steuerzahler und Familien. Laut Sitzungskalender kommt der Bundestag vor dem geplanten Wahltermin am 23. Februar noch für zweieinhalb Sitzungswochen zusammen: Diese Woche, Ende Januar sowie am 10. und 11. Februar. Bei diesen größeren Gesetzen und Vorhaben zeichnet sich noch ein Beschluss ab:
Kindergeld und Kalte Progression
Dieser Gesetzentwurf steht am Donnerstag an: Die ehemaligen Ampelpartner SPD, Grüne und FDP sowie nun auch die Union wollen zusammen Entlastungen für Familien und alle Steuerzahler beschließen. Ab Januar soll das Kindergeld um fünf Euro monatlich auf 255 Euro steigen, auch der Kinderfreibetrag wird angehoben. Beim Kindersofortzuschlag für Familien mit geringem Einkommen ist ebenfalls ein Plus um fünf Euro auf 25 Euro geplant.
Außerdem soll der Effekt der Inflation auf die Einkommensteuer ausgeglichen werden. Dafür werden alle Eckwerte im Steuertarif bis auf die Reichensteuer so verschoben, dass höhere Steuersätze erst später greifen. Unter anderem wird der Grundfreibetrag angehoben, also der Teil des Einkommens, der nicht besteuert wird. Der Entwurf sieht für 2025 ein Plus von 312 Euro auf dann 12.096 Euro vor. Im Jahr 2026 soll er weiter steigen. Auch die Freigrenze für den Solidaritätszuschlag wird angepasst.
Damit die Entlastungen tatsächlich kommen, muss der Bundesrat zustimmen. Da die Länder durch die Steuerentlastung Einnahmen verlieren würden, ist ihre Zustimmung keinesfalls ausgemacht. So oder so werden die Entlastungen im Januar wohl noch nicht im Geldbeutel spürbar sein, weil die Verwaltung einige Zeit braucht, sie umzusetzen.
Verfassungsgericht
Schon vor dem Ende der Ampel-Koalition hatten sich SPD, Grüne, FDP und die Union auf einen Gesetzentwurf geeinigt, der das Bundesverfassungsgericht widerstandsfähiger machen soll gegen Einflussnahme und Blockade durch Verfassungsfeinde. Darüber wird nun ebenfalls am Donnerstag abgestimmt. Kern des Reformvorhabens ist, dass bestimmte Regeln künftig nicht mehr mit einfacher Mehrheit geändert werden können.
In Polen und Ungarn habe sich gezeigt, wie Feinde der Demokratie eine Parlamentsmehrheit für die Einflussnahme auf das Verfassungsgericht missbrauchen könnten, hieß es von den Initiatoren. Das Bundesverfassungsgericht wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes.
Nun sollen die zwölfjährige Amtszeit der Richter, der Ausschluss einer Wiederwahl sowie die Altersgrenze der Richter von 68 Jahren im Grundgesetz festgeschrieben werden, sodass Änderungen nur noch mit Zwei-Drittel-Mehrheit möglich wären. Auch die Festlegung auf 16 Richter und zwei Senate soll verankert werden. Damit die Arbeitsfähigkeit des Gerichts nie gefährdet ist, soll im Grundgesetz außerdem stehen, dass ein Richter seine Amtsgeschäfte bis zur Wahl eines Nachfolgers weiterführt.
Deutschlandticket
Zur finanziellen Absicherung des beliebten Deutschlandtickets im Nahverkehr im kommenden Jahr soll das Regionalisierungsgesetz geändert werden. Im Kern geht es um die Übertragbarkeit von Restmitteln aus staatlichen Zuschüssen auf Folgejahre.
SPD, Grüne und Union einigten sich auf die Änderung. Wie es langfristig mit dem Ticket weitergeht, ist offen. Nur noch für das kommende Jahr sind Bundesmittel festgeschrieben. Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) sagte: "Was nach 2025 passiert, muss die neue Bundesregierung gemeinsam mit der neuen Koalition entscheiden."
Schutz vor häuslicher Gewalt
Familienministerin Lisa Paus wirbt eindringlich für ein Gesetz, das Frauen besser vor häuslicher Gewalt schützen und im Notfall einen Rechtsanspruch auf Hilfe und Schutz garantieren soll. "Ich bitte die Union herzlich darum, das Gewalthilfegesetz im Bundestag ernsthaft zu beraten, gern noch besser zu machen, aber noch vor den Neuwahlen zu beschließen", sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Auf Unionsseite stellt Fraktionsvize Andrea Lindholz klare Bedingungen: Unter anderem solle der Schutz in Frauenhäusern nicht für Transfrauen gelten. Der Regierungsentwurf nimmt aber ausdrücklich Bezug darauf, dass auch Transfrauen unter den Begriff "Frau" fallen würden.
Ein weiterer Knackpunkt: Die Union pocht auf elektronische Fußfesseln für Gewalttäter. Dazu gibt es zwar einen Vorschlag aus dem Justizministerium. Ob der Entwurf, der noch nicht einmal das Kabinett passiert hat, noch vor der Neuwahl zum Gesetz werden kann, ist aber fraglich.
CO2-Speichergesetz
Union und FDP haben ihre Zustimmung zu einem Gesetzentwurf zur unterirdischen Speicherung klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) signalisiert. Das Gesetz sieht vor, zum Erreichen der Klimaziele in größerem Stil eingefangenes CO2 in einem unterirdischen Speicher zu lagern. Vorgesehen ist dies vor allem in der Nordsee. So will man mit schwer vermeidbaren Emissionen unter anderem in der Kalk- und Zementproduktion umgehen.
Bundeswehrmandate
Vier Auslandseinsätzen der Bundeswehr sollen vorzeitig verlängert werden. Die deutsche Beteiligung an der durch die Europäische Union geführten Operation Eunavfor Aspides sowie an der UN-Mission UNMISS im Südsudan soll bis 31. Oktober 2025 weiter laufen. Die Entsendung deutscher Soldaten für die von der Nato geführte maritime Sicherheitsoperation Sea Guardian sowie für die EU-geführte Operation Eunavfor Med Irini im zentralen Mittelmeer soll bis 30. November 2025 verlängert werden. Erwartet wird, dass die Union mitstimmt. (dpa/bearbeitet von thp)
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