Die SPD hatte nach der verlorenen Bundestagswahl in Person von Martin Schulz eine Große Koalition kategorisch ausgeschlossen. Nach dem Jamaika-Debakel dreht sich der Wind und eine GroKo rückt wieder in den Bereich des Möglichen. Doch was könnte das für das Land und die Bürger bedeuten? Wir blicken auf einige Kernthemen.
Bisher hatte die SPD eine Neuauflage der Großen Koalition ausgeschlossen, jetzt bröckelt der Widerstand. Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen zwischen CDU, CSU, FDP und Grünen will SPD-Chef Schulz seine Parteibasis doch über eine Regierungsbeteiligung abstimmen lassen.
In der Finanz-, Familien- und Innenpolitik zum Beispiel würden sich Sozial- und Christdemokraten möglicherweise schnell einigen. Ein Blick in die beiden Parteiprogramme zur Bundestagswahl zeigt, was eine neue "GroKo" für die Bürger bedeuten könnte.
Was wäre in einer GroKo mit dem Soli?
Auf das Ende des Solidaritätszuschlags hatten sich die Jamaika-Parteien bei ihren Sondierungen offenbar schon mehr oder weniger geeinigt - und auch zwischen Union und SPD dürfte diesem Schritt nichts im Wege stehen.
Es ginge eher um das "Wie": CDU und CSU wollen laut ihrem Wahlprogramm den Soli ab 2020 schrittweise für alle abschaffen und in dieser Wahlperiode die Bürger schon einmal um vier Milliarden Euro entlasten.
Die SPD will dagegen den Soli ab 2020 zunächst für die Menschen mit geringen und mittleren Einkommen streichen. Für die kommenden vier Jahre verspricht sie aber schon eine Entlastung um zehn Milliarden Euro.
Wie sind die Pläne zur Einkommensteuer?
Zu einer großen Steuerreform haben weder Union noch SPD aufgerufen. Ein starker Staat brauche "Einnahmen zur Erfüllung seiner Aufgaben", heißt es bei CDU und CSU, die SPD pocht auf "Vorfahrt für Investitionen".
Ein bisschen entlasten wollen sie die Bürger trotzdem. Schnell einigen könnte sich eine Große Koalition auf folgenden Schritt: Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent bei der Einkommensteuer gilt derzeit ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 54.000 Euro.
Weil dieser Tarif zum Teil schon bei Handwerkern oder Facharbeitern greife, wollen sowohl Union als auch SPD die Grenze künftig auf 60.000 Euro anheben.
Konfliktstoff steckt eher in den weiteren Forderungen: Die Sozialdemokraten wollen den Spitzensteuersatz ab einem Jahreseinkommen von 76.200 Euro auf 45 Prozent erhöhen und gleichzeitig vor allem Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen entlasten.
CDU und CSU möchten hingegen, dass in erster Linie Familien, Handwerk und Mittelstand mit einem Volumen von 15 Milliarden Euro bei der Einkommensteuer entlastet werden. Die SPD will zudem die Erbschaftssteuer reformieren - was die Union strikt ablehnt.
Was können Familien erwarten?
Alle drei Parteien wollen Familien finanziell stärken: 300 Euro mehr Geld versprechen CDU und CSU pro Kind und Jahr, die SPD will Eltern und Kindern den gleichen Betrag über ein Familiengeld zukommen lassen.
Darüber hinaus setzen sie allerdings unterschiedliche Schwerpunkte. Die SPD möchte, dass vor allem Familien mit geringen Einkommen sowie Alleinerziehende von einem erweiterten Kindergeld profitieren - die Unionsparteien setzen eher auf ein Baukindergeld: 1200 Euro pro Kind und Jahr sollen Familien dabei helfen, eine Wohnung oder ein Haus zu kaufen.
Wie war das mit Rechtsanspruch auf Schulkindbetreuung?
Eine schwarz-rote Gemeinsamkeit: CDU, CSU und SPD wollen Eltern von Grundschulkindern einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz einräumen - die SPD ausdrücklich auch für Ganztagsplätze.
Fraglich wäre wohl, ob die Sozialdemokraten bei der Union auch eine weitere Reform durchsetzen könnten: die bundesweite Abschaffung der Kita-Gebühren.
Auch bei Investitionen in den Bildungsbereich gäbe es Gesprächsbedarf. Die SPD will, dass der Bund ein "Schulmodernisierungsprogramm" anstößt. Die Unionsparteien dagegen stellen in ihrem Programm klar, dass Schulpolitik Ländersache sei.
Schon in der abgelaufenen Legislaturperiode hatte sich die Große Koalition aber auf einen sieben Milliarden Euro schweren Sonderfonds für Schulsanierungen geeinigt.
Welche Rollen spielt die innere Sicherheit?
In der Innenpolitik waren FDP und Grüne für die Unionsparteien keine einfachen Sondierungspartner. Wo die Christdemokraten nach einem "starken Staat" rufen, wollen Liberale und Grüne eher die Bürgerrechte schützen.
Mit der SPD würden CDU und CSU vielleicht schneller eine gemeinsame Linie finden. Praktisch alle Parteien versprechen den Wählern mehr Polizisten - 15.000 neue Stellen wollen sowohl Sozial- als auch Christdemokraten schaffen.
Eine Streitfrage wäre die Rolle der Bundeswehr im Inland: Die Union will Soldaten unter Führung der Polizei in besonderen Gefahrensituationen auch im Inneren einsetzen, die SPD ist strikt dagegen.
Anders ist das bei der Videoüberwachung: In beiden Wahlprogrammen heißt es, dass der Einsatz von Kameras an gefährlichen Orten möglich sein soll.
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