Karl-Theodor zu Guttenberg rührt für die CSU als Wahlkampfhelfer und TV-Gast mächtig die Werbetrommel. Den Parteifreunden gefällt’s. Wo er auftritt schallen ihm Jubel und Applaus entgegen. Die Rufe nach einem echten politischen Comeback werden lauter. Horst Seehofer hält ihn sogar wieder für ministrabel. Bringt die CSU Guttenberg jetzt in Stellung oder ist alles nur machtpolitisches Kalkül?

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Es ist nicht die Frage, ob Karl-Theodor zu Guttenberg zurück ist auf der politischen Bühne. Das ist er seit geraumer Zeit schon – nur ohne politisches Amt. 2015 berief ihn Horst Seehofer in sein Kompetenzteam für den Wahlkampf. Später holte er ihn ins außenpolitische Gremium der CSU.

Seine jüngsten Wahlkampfauftritte für die CSU wurden Anfang dieses Jahres angekündigt. Die Plagiatsaffäre, über die Guttenberg stolperte, scheint inzwischen abgehakt.

Als Wahlkampfhelfer nimmt der einstige Hoffnungsträger der Christlich-Sozialen Union derzeit Auftritte in bayerischen Gemeinden und in Talksendungen war. Er bringt sich ein, wortgewandt und angriffslustig – als wäre er nie weg gewesen. Das kommt an der CSU-Basis sehr gut an.

Den bayerischen Landeschef freuts. Und Seehofer legt nach: Er halte Guttenberg sowohl im Bund als auch in Bayern für ministrabel, sagte der Ministerpräsident Bayerns der "Passauer Neuen Presse".

Das sei keine Vorhersage, dass "KT" – wie Guttenberg gern genannt wird – ein Amt eines Bundesministers anstrebe oder bekäme. Dennoch lässt die Aussage Seehofers aufhorchen. Die Frage lautet daher: Wird der Freiherr aus Bayern bald wieder ein politisches Amt übernehmen? Und wenn ja, welches könnte es sein?

Was ist realistisch und was nicht? Wir haben mit einem Parteienforscher gesprochen.

Herr Professor Niedermayer, für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass Karl-Theodor zu Guttenberg ein Ministeramt in der nächsten Bundesregierung bekommt?

Professor Oskar Niedermayer: Das ist aus mehreren Gründen unwahrscheinlich. Zum einen muss man so etwas viel länger vorbereiten. Außerdem ist nicht klar, wie gut er bei den Wählern in ganz Deutschland ankommt. Das wäre aber kein Ausschlussgrund.

Ein viel wichtigerer Grund ist, dass ein Glaubwürdigkeitsproblem Guttenbergs politische Karriere beendet hat. Für ihn ist dieses Thema daher ein ganz zentrales Element für seine weitere Zukunft. Er bekräftigt momentan, dass er keinerlei politische Ambitionen hat. Würde er drei Wochen nach der Wahl einen Ministerposten übernehmen, würde ihm das im Bereich der Glaubwürdigkeit den Todesstoß versetzen.

Wenn man sich dennoch ein etwaiges Szenario vorstellen würde: Wo wären die politischen Hürden, ihn in ein Amt zu hieven?

Das wäre die Zahl und Art der Ministerämter. Die CSU hat höchstens Anspruch auf drei Posten. Sie scheint sehr darauf hinzuarbeiten, ein Schlüsselministerium zu bekommen: das Innenministerium. Als Innenminister ist Joachim Hermann gesetzt. Den würde niemand abservieren, anderenfalls würde die CSU-Basis aufschreien.

Blieben dann noch das Landwirtschaftsministerium und der Posten des Entwicklungshilfeministers. Beides kann ich mir bei Guttenberg als Ex-Verteidigungsminister nicht vorstellen. In diesen Bereichen hat er wenig Ahnung und es wäre für ihn ein Abstieg.

Warum lässt sich dann Horst Seehofer zu solchen Aussagen hinreißen? Er halte ihn für ministrabel im Bund und im Land …

Das Wichtige an der Aussage ist, dass er sich Guttenberg überall vorstellen kann. Die Aussage muss man mehr in Bezug zu den machtinternen Kämpfen in der CSU stellen – nicht in Blick auf die nächste Bundesregierung. Die Aussage ist hinsichtlich der Landesebene viel interessanter. Da geht es um die Frage nach dem Parteivorsitz oder ein mögliches politisches Amt in der Landesregierung.

Im innerparteilichen Machtkampf ist Guttenberg also eine Schachfigur?

Als Schachfigur würde sich Guttenberg nicht hergeben. Aber wenn man betrachtet, wie Markus Söder und Horst Seehofer zueinander stehen, dann könnte das durchaus ein Warnschuss sein. Weil er Horst Seehofers Kronprinz werden könnte und nicht Söder.

Seehofer hat gesagt, dass seine Aussage nicht gegen irgendjemanden geht. Glauben Sie ihm das?

Ich glaube, diejenigen, die sich in der Partei auskennen, wissen, wie es zu verstehen ist.

Könnte Seehofer Guttenberg also schon bald in die Landespolitik zurückbeordern?

Guttenberg jetzt schon für eine Spitzenposition vorzusehen, ist nicht möglich – da ja Seehofer wieder als Spitzenkandidat antritt und Ministerpräsident bleiben will. Das wäre aber mittelfristig denkbar. Dazu müsste er sich dann allerdings in einen Machtkampf mit Söder begeben. Ob er dazu bereit ist, ist fraglich. Denn auch Söder hat seine Bataillone.

Erleben wir dann möglicherweise gerade einen Testlauf?

Alle Ministerposten sind besetzt oder schon festgelegt. Seehofer will Parteivorsitzender und Bayerischer Ministerpräsident bleiben. Erst wenn er zurücktritt, also frühestens vielleicht in drei Jahren, ist eine Rückkehr Guttenbergs möglich.

Eventuell werden jetzt verschiedene Szenarien für die mittelfristige Zukunft ausgelotet. Der Vorteil wäre natürlich, dass sich Guttenberg jederzeit ohne Probleme zurückziehen kann. Er hat ja gesagt, dass er keinerlei Ambitionen hat. Sollte er aber wieder mitspielen wollen, muss er vor Ort präsent sein. Dann muss er zurückkommen. Momentan hat er seinen Lebensmittelpunkt in den USA.

Inwiefern ist Guttenbergs jetzige Rolle als Wahlkampfhelfer also politisches Kalkül?

Guttenberg ist sowohl im Bundestags- als auch, wenn er dort auftreten sollte, im Landtagswahlkampf ein sehr guter Schachzug. Die Leute lieben ihn, wie wir gesehen haben. Seehofer ist erneut Spitzenkandidat für die Landtagswahl. Das ist für ihn viel wichtiger als die Bundestagswahl – bei der er natürlich auch gut abschneiden muss. Aber das Primärziel ist, bei der Bayerischen Landtagswahl wieder die Absolute Mehrheit zu verteidigen. Und da ist Guttenberg eine sehr gute Hilfe. Da ist er sehr willkommen. Da kann er etwas reißen.

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