Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) tritt erstmals bei einer Bundestagswahl an. In ihrem Wahlprogramm fordert die Partei unter anderem einen EU-Erweiterungsstopp, Corona-Entschädigungen und eine Vermögenssteuer. Waffenlieferungen will die Partei beenden, außerdem einen bundesweiten Mietendeckel einführen und den CO₂-Preis abschaffen. Wir haben das 45-seitige Programm für Sie gelesen.

Bundestagswahl

Erstmals tritt das Ende 2023 gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bei einer Bundestagswahl an. Die Partei hat gute Aussichten, über die Fünf-Prozent-Hürde zu kommen, in Umfragen lag sie zuletzt zwischen 4 und 7 Prozent. In ihrem Wahlprogramm verspricht die Partei einen "politischen Neuanfang" und wirbt für ein "Deutschland, in dem sich die Bürger wieder wohl und sicher fühlen".

Innenpolitik: Volksbegehren und Corona-Entschädigung

Zu den innenpolitischen Forderungen des BSW zählen mehr Polizeipräsenz auf Straßen und öffentlichen Plätzen, eine Aufarbeitung der Corona-Zeit sowie Volksbegehren auf Bundesebene. Das BSW will auch den "Kontrollverlust bei der Migration" stoppen – etwa durch ausgesetzte Asylverfahren nach schweren Straftaten und Behörden, die sich auch auf "diejenigen konzentrieren, die noch nicht integriert sind oder sich gar nicht integrieren wollen".

Ebenso im Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2025: Eine Aufkündigung des globalen Migrationspakts, die Rückerstattung von Corona-Bußgeldern und Entschädigung für Impffolgen. An einem "nationalen Tag der Entrümpelung" will das BSW zweimal jährlich Regeln und Richtlinien auf den Prüfstand stellen.

Außenpolitik: Keine Waffenlieferungen, EU-Erweiterungsstopp

Das BSW legt in seinem Wahlprogramm einen Fokus auf die Außenpolitik. Der russische Angriffskrieg wird zwar als solche benannt und verurteilt, es heißt aber auch: "Russland wehrt sich gegen westliche Militäreinrichtungen in seiner Peripherie", der Krieg selbst wird als "Stellvertreterkrieg zwischen Russland und den Vereinigen Staaten" bezeichnet.

Das BSW will Rüstungsexporte in Kriegsgebiete allgemein verbieten, in Deutschland stationierte Atomwaffen abziehen, die Bundeswehr zu einer Verteidigungsarmee umgestalten und in der Ukraine einen "Waffenstillstand ohne Vorbedingungen". Das Zwei-Prozent-Ziel der NATO lehnt das BSW ab. Weitere außenpolitische Forderungen: Eine Rückverlagerung von EU-Kompetenzen in die Mitgliedstaaten sowie ein EU-Erweiterungsstopp, der auch für die Ukraine gilt.

Wirtschaft: Wieder mit Russland verhandeln

Geht es nach dem BSW, dann soll die Bundesregierung wieder mit Russland über günstiges Erdgas verhandeln. Die Wirtschaft will die Partei außerdem durch langfristige Verträge zu Energieimporten, die sich am niedrigsten Preises orientieren, ankurbeln. Um die Wirtschaft nachhaltiger aufzustellen, fordert das BSW eine Kennzeichnungspflicht der voraussichtlichen Lebensdauer technischer Produkte auf Produktverpackungen.

Die Partei will regionale Wirtschaftskreisläufe fördern, Importabhängigkeiten verringern. Große Unternehmen in Schlüsselbranchen, die staatliche Unterstützung erhalten, sollen "in innovationsfreundliche Stiftungsunternehmen" umgewandelt werden. Das BSW fordert aber, dass Gewinne nicht an externe Eigentümer ausgeschüttet werden dürfen – sie sollen in das Unternehmen oder für gemeinnütziges Engagement verwendet werden.

Bildung und Arbeit: Mindestlohn erhöhen, Steuern reformieren

Das BSW will den Mindestlohn auf 15 Euro erhöhen und spricht sich für mehr Tarifbindung aus. Das Steuersystem soll reformiert werden – Einkommen bis 7.500 Euro brutto sollen entlastet werden, Vermögen hingegen stärker besteuert werden. Renten bis 2.000 Euro im Monat sollen von der Steuer befreit werden. Zudem will die Partei Kapitalerträge wie auch Arbeitseinkommen mit dem normalen Einkommenssteuersatz belasten. Selbstständige sollen in die Sozialversicherungen einbezogen werden.

Im Bereich Bildung spricht sich das BSW beispielsweise für einen Ausbau der Ganztagsschulen und der Hort- und Hausaufgabenbetreuung aus. Kinder ab 3 Jahren sollen an einem verpflichtenden Deutschtest teilnehmen, bei Defiziten soll es zusätzliche Angebote zu Integration und Sprachbildung geben. Handys und Tablets sollen mindestens bis zum Ende der Grundschule aus den Klassenzimmern verbannt werden.

Klima und Umwelt: CO₂-Preis und Heizungsgesetz abschaffen

Im Bereich Klimapolitik fordert das BSW eine Rücknahme des Verbrenner-Verbots und des Heizungsgesetzes. Die Partei spricht sich gegen den Rückbau von Gasnetzen aus und will den CO₂-Preis abschaffen. Außerdem sollen keine neuen Atomkraftwerke gebaut werden, die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung soll ausgesetzt werden. Mit Kaufprämien will die Partei den Absatz von Niedrigenergiefahrzeugen und E-Autos ankurbeln. Weitere Forderung: Den europäischen Emissionshandel entweder globalisiert oder abschaffen.

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Wohnen und Soziales: Mietendeckel und Vermögenssteuer

Weiterhin fordert das BSW in seinem Wahlprogramm einen "bundesweiten Mietendeckel statt einer wirkungslosen Mietpreisbremse". In Gegenden mit besonders angespanntem Wohnungsmarkt sollen Mieten bis zum Ende des Jahrzehnts eingefroren werden. Kosten für Sanierungen sollen Vermieter tragen. Obendrein fordert die Partei die Stärkung des gemeinnützigen Wohnungsbaus – unter anderem durch zinsvergünstigte Kredite. Familien will das BSW beim Erwerb des ersten selbst genutzten Eigenheims von der Grunderwerbsteuer befreien.

Ebenso plant die Partei eine Steuer für Vermögen ab 25 Millionen Euro. Diese soll zwischen 1 und 3 Prozent liegen. Das Bürgergeld soll einer "leistungsstarken und leistungsgerechten Arbeitslosenversicherung und einer fairen Grundsicherung" weichen.

Außerdem im Wahlprogramm: Eine Mindestrente von 1.500 Euro nach 40 Versicherungsjahren sowie ein Inflationsausgleich für Rentner in Höhe von 120 Euro im Monat.

Gesundheit und Forschung: Bürgerversicherung und Industriefonds

Mindestens 4 Prozent der Wirtschaftsleistung – so hoch sollen laut BSW bis 2030 die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sein. Deutschland soll einen Spitzenplatz bei Technologien wie der Feststoffbatterie einnehmen. Das BSW schlägt einen "Industriefonds" vor, über den mit "geduldigem Kapital" in Zukunftsbranchen investiert werden soll. Heißt konkret: Es werden keine schnellen Renditen erwartet.

Zu den gesundheitspolitischen Forderungen zählen die Einführung einer Bürgerversicherung, in die alle Bürger nach ihrem Einkommen einzahlen und grundsätzlich gleiche Leistungen erhalten. Das BSW lehnt die aktuelle Krankenhausreform und Krankenhausschließungen ab und will besonders Hausärzte als Ansprechpartner der Patienten höher vergüten. Der Staat soll für Kinder das erste Jahr in einem Sportverein bezahlen.

Verwendete Quellen

So wollen die Parteien für mehr Wachstum in Deutschland sorgen

Stagnation, Firmenabwanderung, Druck durch globale Konflikte: Bei der Diagnose der deutschen Wirtschaft herrscht unter den Parteien weitgehend Einigkeit. Die Ideen zur Hilfe der angeschlagenen Konjunktur gehen allerdings auseinander. Ein Überblick zu den Plänen in den Programmen für die Bundestagswahl.
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