Eine Bundesagentur für Einwanderung, ein Nationaler Sicherheitsrat, zahlreiche Steuerentlastungen – mit diesen Forderungen ziehen CDU und CSU in den Bundestagswahlkampf. In ihrem Programm beschreibt die Union, wie sie die Ampel-Politik rückabwickeln will. Cannabis-, Heizungs- und Selbstbestimmungsgesetz sollen beispielsweise fallen. Wir haben das 81 Seiten umfassende Programm für Sie gelesen.
Bei 30 bis 36 Prozent lag die Union zuletzt in den Umfragen zur Bundestagswahl am 23. Februar. Viele wähnen Spitzenkandidat
Redebedarf dürfte es allemal geben, denn die Union schießt in ihrem Wahlprogramm ordentlich gegen die zerbrochene Ampelkoalition. Deren "ideologiegetriebene Politik" wollen CDU und CSU beenden und versprechen in ihrem Wahlprogramm einen Politikwechsel, mit dem sie Vertrauen zurückgewinnen wollen.
Die Teillegalisierung von Cannabis und das Heizungsgesetz will die Union abschaffen, auch das Selbstbestimmungsgesetz soll rückabgewickelt werden. Das "Verbrenner-Verbot" wollen CDU und CSU zurücknehmen und prüfen, ob zuletzt abgeschaltete Kernkraftwerke wieder betrieben werden können.
Innenpolitik: Null-Toleranz-Strategie
In der Innenpolitik wartet die Union mit einem altbekannten Schlagwort auf: "Null Toleranz". Damit hatten CDU und CSU bereits 2019 Wahlkampf gemacht. Die beiden Parteien wollen beispielsweise das Strafrecht verschärfen, verstärkt die elektronische Fußfessel nutzen und mehr Videoüberwachung und Systeme zur automatisierten Gesichtserkennung einsetzen.
Die Union fordert außerdem eine "strikte Begrenzung der Migration" mit "konsequenten Zurückweisungen" an den deutschen Staatsgrenzen sowie beschleunigte Asylverfahren und Rückführungen. Der Ampel wirft sie "Express-Einbürgerungen" vor. Sie will weitere Länder zu sicheren Herkunftsländern erklären und auch nach Syrien und Afghanistan wieder abschieben. Alle freiwilligen Aufnahmeprogramme sollen beendet werden.
Im Wahlprogramm heißt es: "Wir führen verpflichtende Integrationsvereinbarungen ein. Für ein klares Bekenntnis zu unseren Werten!" Menschen, die ausreisepflichtig sind, sollen Sozialleistungen nur nach dem Grundsatz "Bett, Brot und Seife" erhalten. Ukrainische Flüchtlinge sollen kein Bürgergeld mehr bekommen.
Außenpolitik: Wehrpflicht und Waffenlieferungen
Die Union will einen Nationalen Sicherheitsrat mit Sitz im Bundeskanzleramt schaffen. "Mindestens" zwei Prozent der Wirtschaftsleistung sollen in die Verteidigung fließen. CDU und CSU fordern in ihrem Wahlprogramm zudem eine "aufwachsende Wehrpflicht" in Ergänzung zu einem verpflichtenden Gesellschaftsjahr.
Die Parteien bekennen sich zur transatlantischen Partnerschaft als "Fundament der westlichen Welt" und wollen auch die Beziehungen zu Frankreich und Polen neu beleben. Die Ukraine soll weiterhin diplomatisch, finanziell, humanitär und mit Waffenlieferungen unterstützt, Russland hingegen mit weiteren Sanktionen belegt werden.
Ziel sei ein "Friedensprozess, der von der Ukraine aus einer Position der Stärke und auf Augenhöhe geführt werden kann". Deutschland soll die Führung beim Aufbau eines europäischen Raketenabwehrschirms übernehmen. Auch Israel soll weiterhin militärisch unterstützt werden. Zölle, so schreibt die Union, seien "grundsätzlich nicht der richtige Weg".
Wirtschaft: Schuldenbremse und Steuergeschenke
Im Bereich Wirtschaft schreiben CDU und CSU: "Wir müssen die Resilienz unserer Wirtschaft stärken und ihr Rechts- und Planungssicherheit geben." Dazu gehört für die Union die Abschaffung des nationalen Lieferkettengesetzes, das Festhalten an der Schuldenbremse und der Abbau von Bürokratie, zum Beispiel bei Statistikpflichten.
In ihrem Programm macht die Union auch zahlreiche Steuergeschenke: Der Grundfreibetrag soll erhöht werden, die Umsatzsteuer auf Speisen in der Gastronomie auf sieben Prozent gesenkt werden, der Rest-Soli soll abgeschafft werden und die Agrardieselrückvergütung in der Landwirtschaft soll wieder eingeführt werden. Die Unternehmenssteuerbelastung soll auf maximal 25 Prozent begrenzt werden.
Gespart werden soll durch zehn Prozent weniger Personal in der Ministerial- und der Bundestagsverwaltung. Außerdem fordern CDU und CSU eine digitale Bundesagentur für Einwanderung ("Work-and-Stay-Agentur"). Sie soll ausländische Fachkräfte anwerben, Arbeitsplätze vermitteln, die Einreisevoraussetzungen prüfen sowie Visa und Aufenthaltstitel vergeben.
Bildung und Arbeit: Verpflichtende Sprachtests
"Anstrengung und Leistung" sollen wieder im Mittelpunkt stehen, schreiben CDU und CSU in ihrem Wahlprogramm. Zu den Forderungen im Bereich Bildung zählen verpflichtende Sprachtests im Vorschulalter, ein unbürokratischeres BAföG mit besseren Hinzuverdienstmöglichkeiten sowie innovative Konzepte für Schulabgänger und Studienabbrecher. Eine Antwort auf den Unterrichtsausfall in den Schulen gibt es im Wahlprogramm nicht.
Die Union plant, Überstundenzuschläge bei Vollzeitarbeit steuerfrei zu stellen, die Pendlerpauschale zu erhöhen und eine tägliche Höchstarbeitszeit in eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu wandeln. Die Union stellt sich hinter den gesetzlichen Mindestlohn, fordert aber keine bestimmte Höhe – dies sei Sache der Sozialpartner. Außerdem schreibt sie: "Unser Ziel für die Sozialversicherungsbeiträge: Wir wollen uns wieder auf die 40 Prozent hinbewegen."
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Klima und Umwelt: Neue Rohstoffpartnerschaften
CDU und CSU wollen neue Energie- und Rohstoffpartnerschaften schließen und das Klima vor allem durch Emissionshandel schützen. Das Klima wollen sie "marktwirtschaftlich schützen". Im Wahlprogramm heißt es dazu etwa: "Wir setzen auf Pioniermärkte, mit denen über Quoten für Grüngas im Gasnetz, Grün-Heizöl oder beispielsweise klimaneutralen Stahl ein effizienter Markthochlauf gelingen kann." So entscheide nicht der Staat durch Förderung, wer am Markt teilnehmen darf, sondern es setzten sich die besten Anbieter durch.
Die Union will Stromsteuer und Netzentgelte senken und verspricht in ihrem Wahlprogramm: "Wir bauen Netze, Speicher und alle Erneuerbaren aus und setzen auf Bezahlbarkeit und Versorgungssicherheit." An der Option Kernenergie will die Union festhalten und die Wiederaufnahme des Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke prüfen. Das "Verbrenner-Verbot" will sie rückgängig machen.
Wohnen und Soziales: Bürgergeld abschaffen
CDU und CSU wollen das Bürgergeld abschaffen und es durch eine neue Grundsicherung ersetzen. Sie fordern: "Wenn jemand grundsätzlich nicht bereit ist, Arbeit anzunehmen, muss der Staat davon ausgehen, dass er nicht bedürftig ist. Dann muss die Grundsicherung komplett gestrichen werden." Gleichzeitig müssten Arbeitsanreize verstärkt werden, etwa durch reformierte Hinzuverdienstgrenzen.
Die Union lehnt eine Vermögenssteuer ab und verspricht, dass es mit ihr keine Rentenkürzungen geben wird. Älteren Menschen will sie das Arbeiten über das gesetzliche Rentenalter hinaus attraktiv machen: Das Gehalt soll dann bis zu 2.000 Euro steuerfrei bleiben.
Weitere Forderungen: Höhere Freibeträge bei Grunderwerb- und Erbschaftsteuer, mehr Kindergeld, weniger Vorschriften im Bauordnungsrecht sowie ein Fokus auf einfaches und innovatives Bauen. Dadurch soll mehr gebaut werden und in der Folge sollen auch die Mieten sinken.
Gesundheit und Forschung: 3,5 Prozent des BIP investieren
In ihrem Wahlprogramm schlagen CDU und CSU die Einrichtung eines Bundesdigitalministeriums vor. Außerdem will die Union mehr Geld für Forschung und Entwicklung ausgeben: Bis 2030 sollen jährlich 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufgewendet werden. So soll Deutschland Innovationsstandort für Zukunftstechnologien etwa im Bereich Quantencomputing werden.
Im Bereich Gesundheit spricht sich die Union zum Beispiel dafür aus, Präsenzapotheken zu stärken und den Pflegeberuf attraktiver zu machen – etwa durch mehr Planbarkeit und Aufstiegsmöglichkeiten. Wartezeiten auf Arzttermine sollen sinken, gesetzliche und private Krankenversicherungen getrennt bleiben. Aktive Sterbehilfe lehnt die Union ab.
Verwendete Quellen
- wahlrecht.de: Sonntagsfrage Bundestagswahl
- politikwechsel.cdu.de: Politikwechsel für Deutschland Wahlprogramm von CDU und CSU
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