Mehr Geld für Millionen Deutsche: Union, SPD und Grüne starten mit großen Entlastungsversprechen in den Wahlkampf. Und die Finanzierung? Nicht nur im Fall von Friedrich Merz ist das unklar.
Friedrich Merz und
Auf 79 Seiten erklären die Christdemokraten ihren "Politikwechsel für Deutschland". "Ein Gegenentwurf zur Ampel", sagt
Wahlprogramm der Union: Sparen beim Bürgergeld
CDU und CSU haben sich nun einen Grundsatz vorgenommen: ermuntern und ermutigen. Zurück zur Wachstumsfähigkeit. Das soll der Schlüssel für alle Probleme sein. Die Versprechen sind groß: Steuern für die arbeitende Mitte und Unternehmen will die Union senken. Sie will steuerfreie Überstundenzuschläge und eine sogenannte Aktivrente einführen, das Bürgergeld durch eine neue Grundsicherung ersetzen.
Als am Wochenende erste Punkte aus dem Wahlprogramm bekannt wurden, hatten sich CDU und CSU allerdings schon erste Kritik eingehandelt. Es geht vor allem um die Frage, wie sie ihre Versprechen bezahlen wollen. Die Antwort: Die Vorsitzenden von CDU und CSU wollen die Zahl der Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger drastisch reduzieren. 100.000 weniger ergeben schon zwei bis drei Milliarden Euro weniger Ausgaben, rechnet Merz vor.
Die Versprechen der Union bewegen sich allerdings im hohen Milliarden-Bereich. Deshalb gebe es eine weitere Möglichkeit: Sowohl für den Nachtragshaushalt 2024 als auch den Bundeshaushalt 2025 würde die bestehende Schuldenbremse einen zusätzlichen schuldenfreien Kredit in Höhe von 50 Milliarden Euro erlauben. Das sind nach Ansicht von Merz genug Spielräume im bestehenden System.
Doch die Union will darüber hinaus. Dazu setzt sie auf das Prinzip Hoffnung und Aufschwung: Deutschland soll so attraktiv für Investorinnen und Investoren werden, dass man über die anderen Ideen gar nicht mehr reden müsse, meint Merz.
Auch die SPD setzt auf Entlastung – aber nicht für alle
Die SPD wird etwas konkreter. Auch die Kanzler-Partei will zwar in die Vollen gehen: Ein Großteil der Deutschen soll entlastet werden. Etwa bei den Energiepreisen, bei der Einkommenssteuer oder durch eine reduzierte Mehrtwertsteuer auf Lebensmittel. Aber: Die Sozialdemokraten sagen auch, wie sie das finanzieren wollen. Nämlich durch höhere Steuern auf sehr hohe Einkommen, Erbschaften und Aktiengewinne.
Kanzler
Im Zentrum steht – klassisch SPD – die Sozialpolitik. Und dabei vor allem das Thema Rente. "Das ist die zentrale Frage, um die es geht bei der nächsten Bundestagswahl", sagt der Kanzler. Wenig verwunderlich, denn: Schon einmal hat Scholz einen erfolgreichen Rentenwahlkampf geführt.
Genüsslich zeigt die SPD auf die Union und ihre Entlastungsversprechen von knapp 400 Milliarden Euro innerhalb der nächsten Legislatur. "Das ist entweder unseriös gerechnet oder es gibt noch eine Giftliste mit Streichvorschlägen etwa bei Rente, Pflege und Gesundheit. Beides ist nicht gut", sagt SPD-Chef Klingbeil.
Und in der Tat: Auch Ökonomen unterschiedlichster Denkrichtungen fragen sich, wie CDU und CSU ihre Versprechen finanzieren wollen. Die Schuldenbremse soll bestehen bleiben. Das will zwar auch die SPD. Aber Kanzler Scholz macht keinen Hehl daraus, dass er sie reformieren will. Ist das möglicherweise der Ausweg für die Finanzprobleme der Union?
Habeck: "Unsere Vorschläge sind gegenfinanziert"
Das Wahlprogramm von CDU/CSU könne nicht funktionieren, sagt
Auch seine Partei verspricht den Wählern viel. Sehr viel sogar. Habeck und anderen Spitzen-Grüne haben sich in diesem Herbst an Küchentische gesetzt, zugehört, Wünsche notiert und Versprechen gegeben: Sie wollen den riesigen Sanierungsstau in Schulen und Infrastruktur bekämpfen, die Pflege im Alter für alle bezahlbar machen, ein Klimageld einführen, Unternehmen einen Zuschuss zu Zukunftsinvestitionen zahlen – und für Auszubildende einen Zuschuss zum Führerschein. Und dann noch: Mehr als zwei Prozent der Wirtschaftsleistung sollen in die Verteidigung fließen.
"Im Unterschied zum politischen Mitbewerber sind unsere Vorschläge gegenfinanziert", behauptet Habeck. Das viele Geld soll auf drei Wegen in den Staatshaushalt kommen: Die Grünen wollen erstens Steuerschlupflöcher schließen und zweitens Superreiche mit einer internationalen Milliardärssteuer zur Kasse bitten. Und drittens lautet das Rezept wie bei der SPD: mehr Kredite. Die Schuldenbremse wollen Habeck und seine Partei reformieren und dann mit jährlichen Krediten einen "Deutschland-Fonds" füllen. Einen mittleren dreistelligen Milliardenbetrag soll dieser Fonds schwer sein – damit soll er "das Land auf Vordermann bringen".
Und wie steht es um die Umsetzung? Eine internationale Milliardärssteuer ist eher eine Idee als ein Projekt. Eine Reform der Schuldenbremse ist wiederum nur mit einer Grundgesetzänderung möglich. Also mit einer Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag.
Wahlprogramme sind immer ein Wünsch-dir-was. Das Verzwickte an der Sache ist: Wenn die Wahl ausgeht, wie es die Umfragen gerade vermuten lassen, wird Merz entweder SPD oder Grüne für eine Regierungsbildung brauchen. Und dann werden sich neue Koalitionspartner zusammen überlegen müssen, wie sie ihre Versprechen bezahlen.
Verwendete Quellen
- Vorstellung der Wahlprogramme von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.