Wer wird Präsident der Europäischen Kommission und damit der vielleicht mächtigste EU-Vertreter? Der Machtkampf ist in vollem Gange.

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Vor dem EU-Gipfel nächste Woche verschärft sich das Gerangel um die Führungsposten der Europäischen Union.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer kündigte am Pfingstwochenende an, alle Kraft für den CSU-Politiker Manfred Weber als neuen EU-Kommissionspräsidenten einzusetzen. Der bisherige Fraktionschef der Europäischen Volkspartei hat aber nach wie vor mächtige Gegner, darunter Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron.

Koalitionsverhandlungen ab Mittwoch

Webers EVP ist trotz Verlusten bei der Europawahl Ende Mai mit 24 Prozent der Mandate wieder stärkste Fraktion im Europaparlament. Deshalb erhebt Weber Anspruch auf das Amt des Kommissionschefs, das in etwa einem Brüsseler Regierungschef der Europäischen Union entspricht.

Ab Mittwoch will Weber mit Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen im Parlament Ziele für eine Art Koalitionsvereinbarung ausloten und darauf seine Kandidatur stützen.

Sozialdemokraten und Liberale haben jedoch eigene Bewerber für den Topjob, die EU-Kommissare Frans Timmermans und Margrethe Vestager. Das Vorschlagsrecht liegt zudem bei den EU-Staats- und Regierungschefs.

Dort stellen sich Macron und andere liberale Ministerpräsidenten gegen Weber, dem sie mangelnde Erfahrung vorhalten.

Ein Sondergipfel Ende Mai hatte die Ministerpräsidenten von Spanien, Portugal, Belgien, den Niederlanden, Lettland und Kroatien als Unterhändler bestimmt - jeweils zwei für Sozialdemokraten, Liberale und Christdemokraten.

"Politico": Ablehnung Webers nur Frage der Zeit

Beratungen der sechs Regierungschefs am Freitagabend in Brüssel endeten allerdings ohne greifbare Ergebnisse. In einer gemeinsamen Erklärung war lediglich die Rede von einem konstruktiven Treffen mit Annäherungen, bei dem "Herausforderungen" identifiziert worden seien.

Das Politportal Politico meldete am Wochenende, eine formale Ablehnung Webers sei nur eine Frage der Zeit. Der offiziell als Vermittler eingesetzte EU-Ratschef Donald Tusk habe alle drei Parteienfamilien gebeten, einen "Plan B" zu ihren ursprünglichen Personalvorschlägen zu finden.

Tusk reist derzeit auf der Suche nach einer Lösung quer durch Europa. Am Freitag trifft er den slowakischen Ministerpräsidenten Peter Pellegrini als Vertreter der vier östlichen Visegrad-Staaten.

Hinter der Blockade steckt ein Grundsatzstreit zwischen dem EU-Parlament und dem Rat der Staats- und Regierungschefs. Ein erfolgreicher Kandidat braucht Mehrheiten in beiden Gremien.

Eine Mehrheit im Parlament will nur einen der Spitzenkandidaten wählen, die sich im Europawahlkampf den Bürgern präsentiert haben. Macron und andere fordern hingegen freie Hand bei der Besetzung der Position.

Kramp-Karrenbauer stellt sich hinter Manfred Weber

CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer stellte sich hinter das Prinzip der Spitzenkandidaten und sagte der "Bild am Sonntag": "Das ist für mich eine sehr grundsätzliche Frage. Denn es geht darum, ob das EU-Parlament und damit die Demokratie gestärkt wird oder nicht."

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel werde sich weiter für Weber einsetzen.

Die Staats- und Regierungschefs treffen sich am 20. und 21. Juni wieder in Brüssel. Ziel ist, bis dahin ein Personalpaket zu finden.

Neben der Nachfolge von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ist auch die für EU-Ratschef Tusk, Parlamentspräsident Antonio Tajani, für die Außenbeauftragten Federica Mogherini sowie für den Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, zu regeln. Sie alle scheiden im Herbst aus dem Amt.  © dpa

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