- Ministerpräsident Kretschmann will seine Entscheidung für eine Koalition mit der CDU noch einmal vor dem Grünen-Landesverband erklären.
- Bei den Grünen hatte es große Bedenken gegen eine erneute Regierungsbildung mit der CDU in Baden-Württemberg gegeben.
- Insbesondere die Grüne Jugend hatte gegen die Entscheidung rebelliert.
Nach dem großen Widerstand bei den Grünen in Baden-Württemberg gegen eine Koalition mit der CDU bemühen sich die Spitzen beider Parteien darum, Zweifel an einer Neuauflage der grün-schwarzen Koalition zu zerstreuen.
Ministerpräsident
Die Union ließ sich von der Skepsis bei der Ökopartei nicht beirren und gab in den Gremien einstimmig grünes Licht für Koalitionsverhandlungen. CDU-Chef Thomas Strobl sagte: "Die Sondierungsgespräche zeigen: Wir haben eine gemeinsame Idee für Baden-Württemberg." Die Grüne Jugend widersprach, die Entscheidung sei "ein schlechter Aprilscherz".
Schwere Belastungsprobe für Grüne
Der grünen Zusage an die CDU war eine schwere Belastungsprobe vorausgegangen. Der Grünen-Vorstand hatte am Donnerstag das Votum des Verhandlungsteams um Kretschmann für eine Koalition mit der CDU in einer virtuellen Sitzung zunächst aufgehalten.
Am Vormittag hatten dem Vernehmen nach vor allem die Jüngeren eine Ampel bevorzugt und damit insbesondere Kretschmann widersprochen. Der 72-Jährige wollte mitten in der schweren Corona-Krise an der Regierung mit der CDU festhalten und verwies auf weitgehende Zugeständnis der Union in der Sondierung.
Nach internen Krisengesprächen kam am Nachmittag das Votum für eine Fortsetzung der bisherigen grün-schwarzen Koalition: 13 Mitglieder stimmten dafür, 4 dagegen, 2 enthielten sich.
Grüne Jugend: "Erneute Koalition mit CDU ist falsch und fatal"
Die Nachwuchsorganisation warf dem Landesverband Wählertäuschung vor. "Eine erneute Koalition mit der CDU ist falsch und fatal", sagte die Sprecherin der Grünen Jugend, Anna Peters, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Vor den Wahlen haben die Grünen in Baden-Württemberg klar gesagt, dass sie sich eine Regierung ohne Union wünschen. Diese Entscheidung ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die in den letzten Monaten Wahlkampf für den Wechsel gemacht haben."
Der Sprecher der Grünen Jugend, Deniz Gedik, erklärte: "Dass die CDU kein zuverlässiger Partner ist, hat sie in der letzten Legislatur gezeigt." Auch die Klimabewegung Fridays for Future hatte von einem Bündnis mit der CDU abgeraten.
Aufgrund des Widerstands wurde die Schalte am Donnerstag nach drei Stunden vertagt. Am Abend kam nach nur einer halben Stunde die Mitteilung über das Votum für eine Fortsetzung der bisherigen grün-schwarzen Koalition.
CDU-Landeschef Strobl soll weitgehende Versprechen gemacht haben
Schon an diesem Samstag wollen die Spitzenteams von Grünen und CDU bei einem abschließenden Sondierungstreffen ein gemeinsames Papier erarbeiten, das die Grundlage für Koalitionsverhandlungen sein soll. Vor allem die Grünen erwarten nun, dass die Union insbesondere beim Klimaschutz besser mitzieht als in den vergangenen fünf Jahren.
CDU-Landeschef Thomas Strobl hatte in den Sondierungsgesprächen dem Vernehmen nach weitgehende Versprechen gemacht. So müssen Häuslebauer damit rechnen, dass es demnächst eine Solarpflicht für Neubauten gibt. Der grüne Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir ermahnte die CDU, kompromissbereit zu bleiben.
SPD-Spitze kritisiert Grünen-Absage an Ampel in Baden-Württemberg
Die SPD-Spitze hat die Entscheidung der Grünen in Baden-Württemberg gegen eine mögliche Ampel-Koalition scharf kritisiert. Damit mache die Partei von Ministerpräsident Winfried Kretschmann einen "Schritt zurück", sagte die SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten". "Die Grünen verpassen die große Chance für eine progressive Landespolitik."
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil griff sowohl die Grünen als auch den aktuellen CDU-Koalitionspartner im Bund scharf an. "Die Union versinkt im Chaos und zeigt in den letzten Tagen immer deutlicher, dass ihr der inhaltliche und moralische Kompass fehlt", sagte Klingbeil den beiden Zeitungen. "Und trotzdem entscheiden sich die Grünen in Baden-Württemberg für eine Koalition mit der müden CDU." (jwo/dpa/afp) © dpa
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