• Insbesondere dank des amtierenden Ministerpräsidenten Daniel Günther siegt die CDU in Schleswig-Holstein.
  • Die Grünen landen abgeschlagen auf Platz zwei, noch vor der SPD, die am Sonntag eine Debakel erleben.
  • Doch mit wem wird Günther künftig regieren? Denn künftig reicht ihm ein Koalitionspartner.

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In Kiel herrschen nach der Landtagswahl klare Verhältnisse. "Der Wahlsieger ist die CDU, sind wir", ruft ein sichtlich gelöster CDU-Kandidat und Ministerpräsident Daniel Günther am Sonntag seinen jubelnden Anhängern zu. Hinter der CDU dagegen erlebt die SPD ein historisches Desaster, sie wird sogar noch von den Grünen überholt. Die wichtigsten ersten Erkenntnisse aus der Wahl in Kiel:

1. Die CDU als strahlender Gewinner

Für die CDU endet die Wahl im hohen Norden mit einem fulminanten Sieg. In Umfragen seit langem allen anderen Parteien weit enteilt, schneidet sie laut den Hochrechnungen noch überlegener ab. Bei mehr als 43 Prozent liegt sie darin - so viel erreichte sie zuvor zuletzt bei Wahlen in den 80er Jahren.

Traditionell liegen CDU und SPD im Norden außerdem meist deutlich dichter beisammen. Dass es diesmal anders ist, ist ein Verdienst der erfolgreichen Regierungszusammenarbeit mit Grünen und FDP in den vergangenen fünf Jahren - und vor allem auch eine Folge hoher persönlicher Zustimmungswerte für den Ministerpräsidenten selbst.

Günther ist der Erfolgsgarant seiner Partei, Wahlforscher sprachen von einer unzweideutigen "Personenwahl". Der Sieger selbst spricht am Wahlabend unter frenetischen "Daniel, Daniel"-Rufen von einem "enormen Vertrauensbeweis", der ihn "berührt, auch persönlich".

2. Erfolgsgarant Daniel Günther

CDU, Grüne, FDP - aus drei so unterschiedlichen Parteien eine Koalition zu bilden, das war auch in Schleswig-Holstein 2017 nicht ohne. Dass dieses Jamaika-Bündnis eine ganze Wahlperiode hielt, liegt wesentlich am Chef: Daniel Günther hat es geschafft, alle Konflikte erfolgreich zu moderieren und zu lösen. Unideologisch und pragmatisch, sagen Beteiligte.

Der Wahlsieg vom Sonntag mit Riesenvorsprung vor der Konkurrenz geht zu einem Großteil auf Günthers Konto. Umfragen sehen den 48-Jährigen als beliebtesten Regierungschef in Deutschland. Sich dessen sehr bewusst, setzte die CDU im Wahlkampf ganz auf ihn. Dass Jamaika die Corona-Krise gut bewältigt hat, steht ebenso auf seiner Habenseite wie das positive Gesamtimage der Regierung.

Der als moderat geltende und über die Parteigrenzen hinaus beliebte Günther könnte künftig eine größere Rolle in parteipolitischen Debatten der CDU spielen. Sein Name wird inzwischen auch genannt, wenn über den nächsten Kanzlerkandidaten der Union spekuliert wird.

3. Ein Desaster für die SPD

Die SPD dagegen erlebt bei der Wahl ein Desaster. Sie fährt laut Hochrechnungen das schlechteste Landtagswahlergebnis ihrer Geschichte in Schleswig-Holstein ein. Sogar die Grünen überholen die Sozialdemokraten mit ihrem Spitzenmann Thomas Losse-Müller, der gegen Günther chancenlos ist.

Von Selbstzweifeln indes ist bei der SPD an diesem Abend wenig zu hören, von Kritik an ihrem Konzepten und ihrem Kandidaten will die Partei nichts wissen. Losse-Müller selbst verweist auf die "große Herausforderung" eines Wahlkampfs gegen die erfolgreiche Regierung und die Schwierigkeiten, in den Zeiten von Coronakrise und Ukraine-Krieg mit landespolitischen Themenideen durchzudringen.

Auch SPD-Landeschefin Serpil Midyatli und das Kieler SPD-Urgestein Ralf Stegner stärken Losse-Müller am Sonntagabend den Rücken. Die SPD habe auf die richtigen Themen und "den richtigen Kandidaten" gesetzt, betont Midyatli. Stegner spricht von einem "Debakel", sieht aber ebenfalls den Grund in den Umständen. Er hoffe, dass Losse-Müller "nicht aufgibt" und sich nun im Landtag profiliere.

4. Wer künftig mit wem regieren könnte

Die Frage nach der künftigen Regierung in Kiel bleibt am Wahlabend offen. Die CDU könnte demnach Zweierkoalitionen mit Grünen, FDP oder sogar dem SSW schmieden. Ein Dreierbündnis wäre anders als 2017 nicht mehr nötig. Gerade dass allerdings sorgt bei Günther eben nicht für besondere Begeisterung. Vor der Wahl bezeichnete er die Fortsetzung von Jamaika als "Wunschkonstellation".

Selbst in der Stunde seines wohl größten Triumphs vergisst er am Sonntag nicht, auf den Anteil von Grünen und FDP an seinem Erfolg hinzuweisen. Gemeinsam sei ein "neuer Stil" geprägt worden. Er werde daher nun mit beiden sprechen. Auch CDU-Vizelandeschefin Karin Prien sekundiert: Es sei "eine Frage des Respekts", dass die CDU sich vor Gesprächen nicht zu einer Koalitionspräferenz äußere.

5. Was das Wahlergebnis für die anderen Parteien bedeutet

Insbesondere für die Grünen bringt das Wahlergebnis eine bittere Mischung aus Freude und Sorge. Sie erreichen laut Hochrechnungen ihr bestes Landtagswahlergebnis. Trotzdem könnten sie am Ende auf den harten Oppositionsbänken landen, falls sich die CDU in den nun anstehenden Koalitionsgesprächen am Ende für die FDP entscheidet.

Für die in Schleswig-Holstein tief zerstrittene AfD könnte eine jahrelang Erfolgsserie reißen, wenn sie dort zum ersten Mal aus einem Landtag fliegt. Der SSW hingegen fährt sein bestes Ergebnis seit den 1950er Jahren ein. Spitzenkandidat Lars Harms erklärt am Sonntag auch die Bereitschaft zu Koalitionsgesprächen. Eine demokratische Partei solle zu dieser Option "nie nein sagen". (afp/dpa/mf)  © AFP

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