Das Regieren wird für Donald Trump künftig schwieriger. Die oppositionellen Demokraten sind bei der Gesetzgebung jetzt unverzichtbar - und können den US-Präsidenten auch besser kontrollieren.

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Die Demokraten erobern das Repräsentantenhaus, die Republikaner behalten die Mehrheit im Senat: Die Kongresswahlen in den USA haben keinen klaren Sieger hervorgebracht. Donald Trump sprach in der Wahlnacht auf Twitter zwar von einem "gewaltigen Erfolg" - das ist aber nur die halbe Wahrheit.

Die "blaue Welle", ein Erdrutschsieg für die oppositionellen Demokraten, ist zwar ausgeblieben. Doch das Regieren wird für den Präsidenten künftig schwieriger.

Gesetze nicht ohne die Demokraten

Das US-Parlament, der Kongress, besteht aus zwei Kammern: dem Repräsentantenhaus als Vertretung der Bürger und dem Senat als Vertretung der Bundesstaaten.

Im Senat kann Trump in der Tat einen Erfolg verbuchen: Hier haben die Republikaner den Demokraten sogar weitere Sitze abgenommen. Der Senat muss wichtige Personalentscheidungen absegnen oder kann sie anlehnen - zum Beispiel die Ernennung von Obersten Richtern.

"Das wird für die Republikaner künftig einfacher, weil sie dafür jetzt eine komfortablere Mehrheit haben", erklärt Dr. David Sirakov, Direktor der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz, im Gespräch mit unserer Redaktion.

Bei der Gesetzgebung sind Senat und Repräsentantenhaus dagegen gleichberechtigt: Ein Bundesgesetz kann in den USA nur in Kraft treten, wenn es in beiden Kammern eine Mehrheit bekommt. "Damit kann künftig kein Gesetz mehr verabschiedet werden, dem die Demokraten nicht zugestimmt haben", erklärt Sirakov. Denn im "Haus" stellen sie jetzt die Mehrheit.

Regieren per Dekret?

Der Politikwissenschaftler schränkt aber ein: "Ein Durchregieren war Trump auch bisher kaum möglich, weil seine Agenda nicht dem Kern des republikanischen Parteiestablishments entspricht und die Mehrheit im Senat denkbar knapp war." Die Abschaffung der Gesundheitsreform von Trumps Vorgänger Barack Obama scheiterte dort zum Beispiel am Widerstand einzelner Republikaner.

Wie viele seiner Vorgänger versucht Trump, Politik auch ohne den Kongress umzusetzen: Präsidenten können Dekrete erlassen und damit weitreichende Entscheidungen für den Regierungsapparat treffen, zum Teil sogar Gesetze verändern. Trump hat davon bereits häufig Gebrauch gemacht - und wird das wohl auch in Zukunft tun.

Ganz wird Trump allerdings nicht am Kongress und vor allem am Repräsentantenhaus vorbeikommen. Konsequenzen werden die neuen Mehrheiten etwa für die Verabschiedung des Haushalts haben, sagt David Sirakov: Der Kongress hat das Budgetrecht und entscheidet damit über die Staatsausgaben. "Da wird Trump an den Demokraten nicht vorbeikommen, da wird er mit ihnen reden müssen."

Zur Kooperation verdammt

Eine Zusammenarbeit mit dem politischen Gegner ist für Trump also unausweichlich - und gleichzeitig heikel. Denn der Präsident zeigt sich bisher wenig versöhnlich und überparteilich, sein Politikstil besteht vor allem darin, das eigene Lager zu mobilisieren.

"Es wird spannend sein, ob es ihm gelingt, auf die Demokraten zuzugehen und gleichzeitig seine eigenen Anhänger zufriedenzustellen", sagt Sirakov. "Das ist eigentlich die Quadratur des Kreises."

Über Konfrontation oder Kooperation haben aber auch die Demokraten zu entscheiden. Die Partei ist gespalten in der Frage, wie sie mit Trump umgehen soll. Der linke, progressive Flügel setzt sich nicht nur programmatisch besonders stark von der amtierenden Regierung ab, sondern setzt auch im Stil auf Konfrontation.

Ob die Progressiven bei den Demokraten die Oberhand gewinnen - diese Frage haben die Zwischenwahlen aber nicht eindeutig entschieden, erklärt Sirakov: Einige progressive Kandidaten haben ihre Rennen gewonnen, andere verloren.

"Ich glaube aber, dass die Demokraten ein Gegengewicht zu Trump bilden wollen - und auch müssen", sagt der Experte. "Denn das entspricht letztlich ihrem Wählerauftrag."

Mehr Kontrollmöglichkeiten für die Opposition

Die Mehrheit im Repräsentantenhaus verschafft den Demokraten auch eine mächtigere Position, wenn es um die Kontrolle des Weißen Hauses geht: Sie werden die Vorsitze in den Ausschüssen übernehmen, etwa in den beiden Komitees, die für die Geheimdienste und die Aufsicht der Regierung zuständig sind.

"Dort werden Anhörungen stattfinden, dort werden die Demokraten sicherlich den Druck erhöhen", sagt Sirakov. Das kann auch Folgen für die Arbeit von Sonderermittler Robert Mueller haben, der über mögliche Verbindungen von Trumps Wahlkampfteam nach Russland aufklären soll.

Und noch ein Instrument kommt hinzu: Das Repräsentantenhaus hat das Recht, Anklage im "Impeachment", dem Amtsenthebungsverfahren gegen einen Präsidenten, zu erheben. Für einen solchen Schritt hätten die Demokraten nun eine Mehrheit. Dass sie diese Möglichkeit in Anspruch nehmen, gilt derzeit aber als eher unwahrscheinlich. Schließlich müsste auch der Senat zustimmen - und der ist fest in republikanischer Hand.

Ausweichen in die Außenpolitik?

Bleibt noch die Frage: Haben die neuen Mehrheitsverhältnisse auch Auswirkungen auf Europa? Das ist nach Sirakovs Einschätzung schwer vorherzusagen. Häufig würden Präsidenten allerdings versuchen, in der Außenpolitik Erfolge zu erzielen, wenn sie im Inland wegen fehlender Mehrheiten wenig Punkte sammeln können.

Möglicherweise wird also auch Trump die außenpolitische Bühne häufiger betreten, wenn ihm "zu Hause" wenig gelingt. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), erwartet jedenfalls, dass Trump seine aggressive Politik fortsetzen wird - innen- wie außenpolitisch.

Verwendete Quellen:

  • Gespräch mit Dr. David Sirakov, Direktor der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz
  • CNN Politics: House Democrats ascendant, set to check Trump's power
  • Deutschlandfunk: Bei Trumps Außenpolitik wird es keine Kurskorrektur geben
  • Spiegel Online: Regieren per Erlass - Was kann, was darf Präsident Trump?
  • Twitter-Account von Donald Trump
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