- Auch der Profisport ist von der Energiekrise betroffen.
- Der Energiebedarf eines Profifußballklubs ist nicht nur an Spieltagen im Stadion groß, auch Reisen und der reguläre Büro- und Trainingsbetrieb sind zu beachten.
- Tobias Sparwasser, Direktor Kommunikation und Medien von Mainz 05, hat unserer Redaktion Einblick in die Themen Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung bei dem Klub gegeben.
Erste Berichte aus England zeigen die dort vorherrschende Problematik auf. Die Kosten steigen und Spiele, insbesondere in den unteren Ligen, könnten neu terminiert werden, um beispielsweise den Betrieb des Flutlichts bei Spielen einzusparen.
Dabei stellt sich aktuell automatisch die Frage, welchen Einfluss die Energiekrise schon jetzt auf die Klubs hat und welche Maßnahmen ergriffen werden können, um die Kostenexplosion in Grenzen zu halten. Tobias Sparwasser, Direktor Kommunikation und Medien beim Bundesligisten Mainz 05, beantwortete unserer Redaktion im Interview diese Fragen und gab zudem einen detaillierten Einblick in die Themen Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung bei den 05ern.
Herr Sparwasser, die Energiekrise ist gegenwärtig eines der größten Themen in der Gesellschaft. Privatpersonen wie Firmen und öffentliche Einrichtungen sind betroffen, aber natürlich hat die Krise auch Auswirkungen auf den Fußball. Wie präsent ist das Thema aktuell bei Mainz 05, gibt es schon konkrete Pläne für den Winter/die kalte Jahreszeit und was ist überhaupt möglich?
Tobias Sparwasser: Die Prinzipien der Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und Energieeinsparung sind bei Mainz 05 bereits seit 2010 fest verankert. Seit 2010 sind wir der erste klimaneutrale Verein der Fußball-Bundesliga, diesen Status erarbeiten wir uns seitdem in jedem Jahr aufs Neue. Der Weg zur Klimaneutralität beinhaltet die Aspekte der Vermeidung von Emissionen, der Verringerung des Energieverbrauchs und der Emissionen sowie auch der Kompensation. Hierzu unterzieht sich der Verein den sehr umfangreichen Erfassungen des CO2-Fußabdrucks. Mainz 05 bezieht zudem zu 100 Prozent Ökostrom.
Darüber hinaus verfügt Mainz 05 seit 2016 über ein zertifiziertes Energiemanagement (nach ISO 50001). Im Rahmen dieser Zertifizierung werden Energieverbraucher systematisch erfasst und Energie einsparende Maßnahmen abgeleitet. Sämtliche Aspekte der Energieeinsparung fließen in die Entscheidungen bei der Neuanschaffung von Geräten oder Systemen ein. Darüber hinaus wurde die Rasenbewässerung/Sprinkleranlage über ein SKW-System optimiert, was unter anderem den Wasser- und Stromverbrauch reduziert.
Weitere Maßnahmen sind geplant, die Toiletten in der Haupttribüne des Stadions werden vollständig auf LED-Beleuchtung mit Bewegungsmeldern umgerüstet, die Dachanstrahlung wird auf LED-Beleuchtung umgerüstet, die Steuerungs- und Regelungstechnik des Stadions wird erweitert und für die Rasenheizung wird ein Wärmemengenzähler installiert.
Der Profifußball kann durch seine Reichweite und Präsenz auch eine Vorbildfunktion haben, was das Thema Energiesparen angeht. Ist es sinnvoll, dass der Fußball im Bereich des Energiesparens nicht nur mit gutem Beispiel vorangeht, sondern dies auch öffentlichkeitswirksam kommuniziert?
Ja, der Aspekt der Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung ist als Thema in unseren sozialen Projekten wie dem 05ER KidsClub und den 05ER Schulpartnerschaften integriert. Auch für unsere Partner spielt der Aspekt der Nachhaltigkeit eine immer stärkere Rolle, beispielsweise in der Partnerschaft mit Haupt- und Trikotsponsor Kömmerling (profine). Die Wertepartnerschaft "05ER Klimaverteidiger-Partner" bietet unseren Partnern eine eigene thematische Kategorie.
Sind die Preisanstiege im Energiebereich schon konkret bei den Vereinen angekommen? Was kostet eine Rasenheizung pro Woche/Monat/Spiel aktuell und welche Veränderungen haben sich im Vergleich zum Normalzustand ergeben, also wie sehr trifft die Vereine dieser Ausgabenposten aktuell?
Die Preisanstiege bei den Energiekosten kommen beim Verein grundsätzlich ebenso an wie bei privaten Verbrauchern. Diese sind abhängig von den jeweiligen Anbietern und den geschlossenen Verträgen, wir rechnen daher zunächst noch mit moderaten Preisanstiegen.
Die Stadien und Standorte sowie die jeweiligen Rasenheizungen in den Stadien beziehungsweise den Trainingsplätzen werden über Fernwärme bedient. Die Rasenheizungen für die Plätze werden nur im Bedarfsfall hochgefahren, bei zu erwartender Frostperiode jeweils mit circa zwei Tagen Vorlauf. Insbesondere auf den ja täglich genutzten Trainingsplätzen besteht also eine Abhängigkeit von der Wetterentwicklung im Winter.
Sportveranstaltungen gehen selbstverständlich mit einem hohen Energieaufwand Hand in Hand. Gibt es Signale, dass eine Gefahr besteht, dass es Einschränkungen im Betrieb geben könnte, sei es im Jugendbereich oder im regulären Spielbetrieb? Könnten beispielsweise Spiele in die wärmere Jahreszeit verlegt werden (was aufgrund des Rahmenterminkalenders primär die Jugend betreffen könnte)?
Nein, diese Signale gibt es nicht. Die Stadt Mainz hat erlassen, dass öffentliche Sportanlagen nur noch bis 21 Uhr mit Flutlicht betrieben werden dürfen. Da der Trainingsbetrieb unserer Jugendteams um 20 Uhr endet, sind diese hiervon nicht betroffen. Der Profispielbetrieb in unseren Stadien und auf deren Trainingsplätzen ist es ohnehin nicht, da dies keine öffentlichen Sportanlagen sind. Eingriffe in die Spielpläne wären grundsätzlich nur von den Verbänden möglich. Aufgrund der vielfältigen Verpflichtungen im Jahreskalender, auch schon im Jugendbereich, wäre dies allerdings kaum kurzfristig umsetzbar.
Diese Saison ist zudem sehr speziell. Die Profimannschaft pausiert aufgrund der Weltmeisterschaft ab Mitte November für rund zehn Wochen. Natürlich sind nicht alle Spieler beim Turnier dabei, ein normaler Trainingsbetrieb wird trotzdem stattfinden. Gibt es für diese Zeit besondere Abläufe, die möglicherweise Einfluss auf den Energiebedarf/die Instandhaltungskosten der Plätze und Trainingsanlagen haben kann?
Die Zeit während der WM wird von unseren Teams mit Urlaubs- und Trainingszeiten gefüllt, ehe ab Januar wieder die reguläre Vorbereitung auf die zweite Saisonhälfte startet. Trainingseinheiten können dann im Normalfall auch ohne Flutlicht abgehalten werden.
Ex-DFL-Chef Andreas Rettig schlug kürzlich vor, dass darüber nachgedacht werden könnte, die Saison in der Bundesliga im Kalenderjahr auszuspielen und die Wintermonate für eine Pause zu nutzen. Abgesehen von der Tatsache, dass zumindest in Sachen Beleuchtung und Beheizung Kosten und Rohstoffe eingespart werden - ist so eine Idee logistisch überhaupt umsetzbar?
Die Frage, ob eine Orientierung des Spielplans am Jahreskalender sinnvoll sein könnte oder nicht, ist sehr komplex und nicht ad hoc zu beantworten. Das Thema dürfte nicht eindimensional betrachtet werden und müsste alle Belange der Klubs, der nationalen Ligen und der internationalen Verbände berücksichtigen. Die zu untersuchende Frage wäre, ob der gewünschte Effekt auch tatsächlich so eintreten würde, und wenn ja, mit welchen anderen Effekten wir rechnen müssten.
Dieses Interview wurde schriftlich geführt.
Verwendete Quellen:
- The Athletic: Football’s cost of living crisis: Bills quadrupling and £300 an hour for floodlights
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