Jahrelang gab es keine Aussicht auf eine Lösung, nun ist der Streit um die 50+1-Regelung bei Hannover 96 endlich vorbei. Profi-Boss Martin Kind konnte sich aber einen Seitenhieb gegen die DFL nicht verkneifen.

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Bei Hannover 96 ist der jahrelange Streit über die sogenannte 50+1-Regel seit diesem Montag vorbei. In seiner Auseinandersetzung mit der Deutschen Fußball Liga hat Hannovers Hauptgesellschafter Martin Kind aber noch einmal nachgelegt. "Die DFL ist ein Kartell", sagte er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz des eingetragenen Vereins Hannover 96 und der ausgegliederten Profifußball-Gesellschaft in der HDI Arena.

Kind attackierte vor allem das Verfahren des Ständigen Schiedsgerichts der Lizenzligen, über das er eigentlich eine Ausnahmegenehmigung von der 50+1-Regel erreichen wollte. "Dieses Schiedsgericht ist ein Schiedsgericht der DFL und hat nicht die Kraft, um eigene Entscheidungen zu treffen", sagte der 75-Jährige. "Ein Schiedsgericht soll aber Recht sprechen und keine sportpolitischen Entscheidung treffen."

Außerdem empfahl er den 36 Proficlubs der Ersten und Zweiten Liga, die Zuständigkeiten des Dachverbands zu überdenken. "Die Lizenzierung gehört nicht zur DFL", forderte Kind. "Damit sind alle Wettbewerber über unsere Verhältnisse informiert. Die Lizenzierung muss bei einer neutralen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft positioniert werden."

Die 50+1-Regel soll im deutschen Fußball den Einfluss von Investoren begrenzen. Sie stellt sicher, dass Vereine auch dann die Entscheidungsgewalt über ihre Profiabteilungen behalten, wenn sie diese in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert haben.

Die langersehnte Einigung

Kind versuchte seit 2017, eine Ausnahmegenehmigung von der 50+1-Regel zu erhalten, um den Profifußball-Bereich des Bundesliga-Absteigers komplett übernehmen zu können. Erst lehnte die DFL einen Antrag von ihm ab, dann zog sich das darauffolgende Schiedsgerichts-Verfahren in die Länge, ehe im März dieses Jahres auch noch eine Opposition aus Kind-Gegnern die Macht im Stammverein Hannover 96 e.V. übernahm.

Nach monatelangen Verhandlungen fanden beide Seiten nun einen Kompromiss. Die 50+1-Regel bleibt in Hannover bestehen, der Ausnahmeantrag bei der DFL wurde bereits zurückgezogen. Kind und die Gesellschafter des Profifußball-Bereichs retten mit einer Finanzspritze in Millionenhöhe den Stammverein mit seinen Breitensport-Abteilungen, der nach dem Bau eines neuen Sportzentrums akut von der Insolvenz bedroht war. Im Gegenzug ließ sich Kind zusichern, "dass die Kapitalseite den kompletten Einfluss und die Entscheidungskompetenz auf die Profifußball-Gesellschaft" bekommt.

Das widerspricht zwar dem Grundgedanken der 50+1-Regel. Nach Angaben von Kind hat die DFL diesem Modell aber bereits zugestimmt. "Das ist ein großer Tag für Hannover 96", sagte der Vereinsvorsitzende Sebastian Kramer. "Das Entscheidende ist: Wir haben weiterhin ein Zwei-Säulen-Modell", betonte Kind.

Auf den gesamten deutschen Fußball gesehen, ist das Thema 50+1 für ihn aber immer noch nicht erledigt. Kind verwies am Montag darauf, dass die Regelung immer noch durch das Bundeskartellamt oder ein ordentliches Gericht gekippt werden könnte. "Wir warten ab, was das Kartellamt entscheidet", sagte er. "Darüber hinaus gibt es immer noch die zivilrechtlichen und kartellrechtlichen Klageweg. Wir wollen es nicht, aber wir halten uns die Optionen offen." (sg/dpa)

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