Edelfan Klaus-Michael Kühne droht mal wieder mit seinem Ausstieg - die Vorzeichen sind ganz besonders alarmierend für den Hamburger SV. Es droht ein Machtkampf um die Zukunft des Klubs und womöglich auch der Verkauf des vermeintlich größten Hoffnungsträgers.
Es war lediglich eine Frage der Zeit, bis das Katz-und-Maus-Spiel eine neue Wendung bekommen würde.
Die Hassliebe zwischen dem Hamburger SV und Klaus-Michael Kühne geht in eine neue, womöglich finale Runde.
Anfangs der Woche war der Edelfan mit einigen harschen Worten auffällig geworden, unter anderem hatte Kühne die derzeit bestehende sportliche Leitung des Bundesliga-Dinos hinterfragt.
Im Kern zielte Kühnes Kritik aber nicht nur auf die derzeit einmal mehr besonders angespannte sportliche Lage ab, sondern auf das Vorhaben der Klubführung, den Aufsichtsrat bei einer Sitzung am 18. Dezember auf einigen Positionen neu zu besetzen. Vor allem Karl Gernandt soll aus dem Amt gedrängt werden. Er gilt als rechte Hand Kühnes.
"Mir leuchtet in Anbetracht des vergangenen Jahres seit Heribert Bruchhagens Übernahme des Vorstandspostens nicht ein, warum die Besetzung des wichtigsten Klubgremiums komplett neu gestaltet werden müsste", sagte Kühne und stellte eine für Hamburger Verhältnisse geradezu bizarre rhetorische Frage hinten an: "Warum setzt der Klub jetzt nicht mal auf Kontinuität?"
Kühne hat viele Millionen in den Verein investiert
Die einzige echte Konstante beim Traditionsverein aus dem Norden sind die immerzu lodernden Querelen um Kühnes Machtbefugnisse, seine Einmischungen, aber auch die Art und Weise, wie verschiedene Führungen bisher mit seinem investierten Geld umgegangen sind.
Über 100 Millionen Euro hat Kühne in verschiedenen Tranchen und auf verschiedenen Wegen schon in den HSV gesteckt, er hält offenbar 20 Prozent der Anteile an der ausgegliederten HSV-Fußball-Aktiengesellschaft und war zuletzt derjenige, der mit seinen Millionen dem Klub die Lizenz gerettet hatte.
Vor wenigen Tagen sorgte der HSV mit ein paar erschreckenden Bilanzkennzahlen für Aufsehen.
Ein Minus von 13,4 Millionen Euro erwirtschaftete der Klub im abgelaufenen Geschäftsjahr, es ist das siebte negative Ergebnis in Folge.
Die Verbindlichkeiten belaufen sich mittlerweile auf 105,5 Millionen Euro. Trotz der Zahlungen von Kühne.
Mit Dietmar Beiersdorfer als vermeintlich starkem Mann an der Spitze des Klubs hat sich der HSV nur noch viel tiefer in die Bredouille geritten und könnte nun bald vor den Trümmern seiner Geschichte stehen.
Machtkampf zeichnet sich ab
Kühne ist Milliardär, 80 Jahre alt und hat keine Nachfahren, sprich: direkten Erben.
Es wäre ein leichtes für einen der reichsten Männer des Landes, noch viel mehr Geld in den HSV zu pumpen.
Bisher hat Kühne das aber nicht getan und sehr wahrscheinlich wird er das auch nie tun. Stattdessen hat er dem Klub immer so viel gegeben, dass der sich über Wasser halten konnte.
Kühne ist zwar Geschäftsmann, gilt aber als impulsiver Mensch, der nur schwer zu kontrollieren ist. Auch so sind seine medialen Wutausbrücke zu erklären.
Der Kampf um die Zukunft des Hamburger SV spielt sich zwischen Kühne und Vereinspräsident Jens Meier ab.
Der ist selbst seit einigen Jahren Mitglied im Aufsichtsrat und will nun dem Anschein nach Vorstandsvorsitzender der Fußball-AG werden, also jenen Job für sich, den derzeit Heribert Bruchhagen bekleidet.
Zudem soll er den Plan verfolgen neben Gernandt auch Dieter Becken und Felix Goedhart aus dem Aufsichtsrat zu entfernen. Beide gelten als Unterstützer Kühnes.
Dafür sollen Ex-Profi Marcell Jansen, HEK-Vorstandsvorsitzender Jens Luther und Karl J. Pojer (Chef Hapag-Lloyd Cruises) installiert werden.
"Das werde ich wohl noch sagen dürfen"
Dann wäre allerdings Kühne wiederum komplett isoliert und ohne Stimme in den Räten.
Für den Geldgeber eine nicht hinzunehmende Vorstellung. Deshalb der erneute Frontalangriff, deshalb der scharfe Ton und die unmissverständlichen Forderungen. "Mir geht es um einen bestmöglich aufgestellten Aufsichtsrat, in dem maximale Managementqualität und -erfahrung vertreten sein sollten. Und auch wenn ich keinen Einfluss auf die operativen Geschicke des HSV nehmen kann und möchte, so werde ich sicherlich eigenständig entscheiden, unter welcher personellen Konstellation in der Führung ich mir weitere Investitionen vorstellen kann", ließ Kühne auf der Homepage des Klubs verlauten.
Nun entwickelt sich in Hamburg gerade so etwas wie eine Pattsituation. Eigentlich würden die Verantwortlichen gerne mit dem Gönner brechen, nur lässt die überaus prekäre finanzielle Situation das eigentlich gar nicht zu.
Im Frühjahr muss der Klub spätestens die Lizenzunterlagen bei der DFL einreichen, mit Modellen für die erste und die zweite Liga. Darin ist eine Liquiditätsgrenze von zehn Millionen Euro für die erste Liga beziehungsweise 20 Millionen Euro für die zweite Liga vorgesehen.
Beide Grenzen würde der HSV wohl ohne Kühne reißen.
Wird Arp gleich zum Verkaufsobjekt?
Es blieben bei einem sofortigen Rückzug Kühnes nur zwei Auswege:
Entweder Kontrahent Meier hat selbst genug zahlungskräftige Sponsoren oder Partner an der Hand, die auf der Stelle einspringen und frisches Geld zuschießen könnten. Oder aber der HSV muss sein Tafelsilber verkaufen.
In einer überteuerten und überalterten Mannschaft gibt es aber kaum sportlichen Gegenwert.
Natürlich könnte man versuchen, einige Spieler von der Gehaltsliste zu bekommen, um die zu erwartende Einnahmen-Ausgaben-Unterdeckung von rund acht Millionen Euro etwas abzufedern.
Andererseits wäre damit kein einziger zusätzlicher Euro eingenommen, wenn Spieler ausgeliehen werden.
Starke Fußballer, die man schnell und für ein ordentliches Geld verkaufen könnte, bietet der Kader kaum. Und falls doch, dann sind diese paar Spieler für das sportliche Überleben absolut notwendig.
Auch deshalb macht sich mitten in der zaghaften Euphorie nach dem Sieg über den VfB Stuttgart so etwas wie eine große Furcht breit. Die, den vermeintlichen großen Hoffnungsträger schon im Sommer zu verlieren.
Jann-Fiete Arps Vertrag läuft in anderthalb Jahren aus. Der 17-Jährige soll schon lange vor seinen beiden Toren gegen Hertha und Stuttgart Begehrlichkeiten bei mehreren finanzstarken europäischen Topklubs geweckt haben.
Die mal wieder angespannte Lage und die großen Finanzlöcher befeuern derzeit die Vermutung, dass der HSV sein Talent schon wieder verlieren könnte, noch bevor der eine komplette Saison für die Raute aufgelaufen ist.
Man weiß nicht, ob das in der aktuellen Lage beim HSV ein großes oder ein kleines Problem ist. Doch Fakt ist: Der Bundesligist steuert auf einen ungemütlichen Winter zu - der hässlich enden könnte.
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