Der SV Werder Bremen geht als Favorit in die Relegationsspiele. Doch der Gegner 1. FC Heidenheim hat bereits bewiesen, scheinbar übermächtigen Gegnern Probleme bereiten zu können. Trainer Frank Schmidt glaubt "an das Unglaubliche".

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In den Relegationsspielen (Hinspiel am Donnerstag, 20:30 Uhr, LIVE bei uns im Ticker) treffen zwei Welten aufeinander. Auf der einen Seite steht der SV Werder Bremen. Ein Traditionsverein, der mit Ausnahme einer einzigen Saison stets in der Bundesliga gespielt hat, vier Mal deutscher Meister wurde und über viele Jahre Dauergast in der Champions League war.

Auf der anderen Seite: der oftmals als "Dorfverein" bezeichnete 1. FC Heidenheim. Als Werder Bremen im Jahre 2009 im UEFA-Cup-Finale stand, spielte Heidenheim noch in der Regionalliga Süd, in den Spielzeiten davor sogar in der Oberliga Baden-Württemberg.

Die Kaderwerte: 18 Millionen gegen 137 Millionen

Die Mannschaft von Heidenheim hat laut "transfermarkt.de" einen Marktwert von 18,33 Millionen Euro, der Kader von Werder Bremen hingegen ist 137,68 Millionen Euro schwer. Allein Milot Rashica, der dribbelstarke Flügelspieler von Bremen, ist mit 28 Millionen Euro mehr wert als die gesamte Mannschaft aus Heidenheim.

Auch die Bilanz spricht für den Verein aus der 1. Liga: Seit dem Jahre 2009 wurde elf Mal die Relegation zur Bundesliga ausgespielt. Acht Mal setzte sich der Erstligist durch, nur drei Mal der Zweitligist.

"Die Favoritenrolle ist klar verteilt. Wir müssen alles dafür tun, dass das in den zwei Spielen keine Rolle spielt", weiß Frank Schmidt, der Trainer des 1. FC Heidenheim. Er kündigt an: "Ich glaube an das Unglaubliche. Ich bin überzeugt von dem, was wir können. Wir haben einen klaren Plan."

Der Trainer weiß, was er vom Gegner Werder Bremen zu erwarten hat: "Sie werden mit enormem Druck versuchen, uns in der ersten Halbzeit nach hinten zu drücken. Wir müssen ihre Stärke und Variabilität im Spiel nach vorne gut verteidigen."

Das Konzept: mehr rennen als der Gegner

Doch was macht die Mannschaft aus Heidenheim überhaupt so stark, dass sie trotz Mini-Etat nun von der Bundesliga träumen darf?

"Unsere Stärke ist das Team", sagte Robert Leipertz im Gespräch mit "Liga-Zwei.de". In Sachen individuelle Qualität sei man den Spitzenteams zwar unterlegen, aber: "Wir machen das oft wett, indem wir noch einmal drei, vier oder fünf Kilometer mehr rennen als der Gegner und eklig zu bespielen sind."

Die Mannschaft hat eine starke Mentalität und gibt sich niemals geschlagen. 18 der insgesamt 45 Zweitliga-Tore wurden in der Schlussviertelstunde erzielt. Gleichzeitig kassierte Heidenheim in den letzten 15 Minuten lediglich vier Gegentore – der niedrigste Wert der 2. Liga.

Werder Bremen und der 1. FC Heidenheim trafen in der laufenden Spielzeit bereits aufeinander: In der 2. Runde des DFB-Pokals gewann Werder souverän mit 4:1, führte bereits nach 18 Minuten mit 3:0.

Doch Maximilian Eggestein, der Mittelfeldspieler von Werder Bremen, warnt bei "bild.de": "Die Spiele jetzt sind mit dem Pokal nicht zu vergleichen. Das war etwas ganz Anderes. Schon allein, weil jetzt die Zuschauer fehlen."

Sogar der FC Bayern hatte gegen Heidenheim Probleme

Zudem hat Heidenheim bewiesen, Spitzenteams große Probleme bereiten zu können: Im April 2019 hatte Heidenheim den FC Bayern München im DFB-Pokal-Viertelfinale teilweise am Rande einer Niederlage und verlor unglücklich mit 4:5.

Nur am letzten Spieltag dieser Saison gab die Mannschaft aus Heidenheim an der Brenz (ca. 50.000 Einwohner) kein gutes Bild ab: Beim Zweitliga-Meister Arminia Bielefeld unterlag der 1. FCH mit 0:3. Nur weil der Hamburger SV im Parallelspiel mit 1:5 gegen den SV Sandhausen verlor, behielt Heidenheim den dritten Tabellenplatz und darf nun an der Relegation teilnehmen.

"In Bielefeld gab es einen Rückschritt", gibt Schmidt zu. "Aber man kann es auch so sehen, dass wir einen Schritt zurückgegangen sind und nun einen neuen Anlauf nehmen."

Der SV Werder Bremen hingegen hat am vergangenen Samstag mit dem 6:1 gegen den 1. FC Köln noch einmal Selbstvertrauen getankt. Gleichwohl gibt es auch Gründe dafür, dass Bremen überhaupt in akute Abstiegsnot geraten ist.

"Dass Bremen 69 Gegentore bekommen hat, ist enorm", weiß Schmidt, der diese Schwäche nutzen möchte. "Das zeigt, dass wir den Mut haben sollten, uns immer wieder nach vorne zu wagen und unsere Torchancen versuchen zu nutzen."

Dies ist vor allem die Aufgabe von Mittelstürmer Tim Kleindienst, der mit 14 Saisontoren der erfolgreichste Torjäger der Mannschaft ist.

Das Prunkstück ist die Defensive

Die große Stärke der Mannschaft ist allerdings das Defensivverhalten. Nur 36 Gegentore waren der zweitbeste Wert der 2. Liga.

"Wir verteidigen mannschaftlich sehr geschlossen. Wenn es angebracht ist, stellen wir uns mit zehn Mann in den eigenen 16er – aber eben nicht immer", erklärt Leipertz.

Der Kader ist ausgeglichen und nicht von einzelnen Spielern abhängig. Obwohl der Verein nach der vergangenen Saison Leistungsträger wie Robert Glatzel, Robert Andrich und Nikola Dovedan verlor, ging die Entwicklung der Mannschaft weiter steil nach oben.

Wie das möglich ist? "Wir haben ein gutes Scouting und sicherlich auch ein gutes Fingerspitzengefühl, um die richtigen Spieler anzusprechen", sagt der langjährige Kapitän Marc Schnatterer bei "Liga-Zwei.de". "Hier ist es extrem wichtig, dass die Spieler auch charakterlich gut zu uns passen. Und dann haben wir einen super Trainer, der jedem einflößt, was in Heidenheim wichtig ist."

Trainer Schmidt ist in Heidenheim eine Ikone und trainiert die Mannschaft bereits seit 2007. Zum Vergleich: Werder hatte in den vergangenen acht Spielzeiten sechs unterschiedliche Trainer.

Schmidt lebt in Heidenheim eine klare Philosophie vor. Schnatterer erklärt: "Hier kann nicht jeder sein eigenes Ding machen. Es gibt eine genaue Vorstellung davon, wie wir unsere Aufgaben angehen. Dieses Konzept geht auf."

Ob das auch für die Relegation gegen den SV Werder Bremen gilt, werden die kommenden beiden Spiele zeigen.

Quellen:

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