Ligafrust statt Titellust: Bei Borussia Dortmund hängt spätestens seit der 0:4-Klatsche beim FC Bayern München der schwarz-gelbe Haussegen schief. Ein Senkrechtstarter des BVB steht besonders in der Kritik: Jadon Sancho.

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Das ernüchternde 0:4 bei FC Bayern München hat den BVB - gefühlt - in die Abstiegsregion der Bundesliga gespült. Natürlich ist alles nur halb so schlimm. Nach elf Bundesligaspielen liegen die Dortmunder als Sechster nur zwei Punkte hinter den Bayern zurück. Auf die andere Borussia, den Spitzenreiter aus Mönchengladbach, fehlen sechs Zähler.

Aber insbesondere die Leistungsträger der Dortmunder aus dem Vorjahr hinken den Erwartungen hinterher. Unter ihnen: Jadon Sancho.

Sancho: Zwischen Dembélé und Pulisic

Der in der letzten Saison kometenhaft aufgestiegene Engländer bewegt sich derzeit irgendwo zwischen Lustlosigkeit und Stagnation, zwischen Ousmane Dembélé und Christian Pulisic. Beim BVB schrillen die Alarmglocken.

Nach einem furiosen Saisonstart mit acht Scorerpunkten aus den ersten fünf Ligaspielen folgte nur noch eine Vorlage in Freiburg, dafür aber eine Suspendierung wegen Zuspätkommens und eine Auswechslung nach 36 Minuten wegen "Hang zur Arroganz", wie der "Kicker" nach dem Auftritt bei den Bayern über Sancho schrieb.

Zur Erinnerung: Auch Ousmane Dembélé kam einst als Talent zum BVB, stieg rasant zum Shootingstar auf, bockte und zickte dann aber so lange, bis ihn die Dortmunder im Sommer 2017 gen Barcelona transferierten.

So weit ist es im Fall Sancho noch nicht. Mit 13 Treffern und 19 Vorlagen in 43 Pflichtspielen stieg der im Vorjahr quasi über Nacht vom Talent zum Leistungsträger, vom Junior zum Nationalspieler auf. Doch auch bei ihm wird nun zunehmend der Vorwurf laut, Sancho agiere im Training zuweilen lustlos, ja beinahe arrogant.

Sanchos Tiefpunkt war das Bayern-Spiel

Ähnlich hatte die Fußballwelt auch von Dembélé und Pulisic, einem weiteren einstigen BVB-Überflieger, geträumt. Ersterer ist bei Barca zu einem besseren Statisten verkommen, Zweiterer wechselte im vergangenen Sommer zum FC Chelsea, weil man in Dortmund einen Besseren gefunden hatte: Sancho. Der vermeintlich Bessere spielt mittlerweile jedoch immer schlechter.

Laut "Sofascore.com" ist Sanchos Chancenverwertung von 41 Prozent (2018/19) auf 16 Prozent geschrumpft. Zweikämpfe gewinnt er nur noch in 45 Prozent statt 49 Prozent der Fälle, sogenannte "Key-Pässe" spielt er pro Partie nur noch 1,6 statt 2,1, seine Dribblingquote liegt nur noch bei 46 statt bei 61 Prozent.

Den Tiefpunkt erreichte der 19-Jährige beim 0:4 gegen den FC Bayern. Vor dem 0:1 war es Sancho, der den Ball verlor, und es war auch Sancho, der den so wichtigen anschließenden Zweikampf gegen Joshua Kimmich schlicht verweigerte.

Sein Trainer Lucien Favre hatte nach 36 Minuten genug gesehen und griff zur Höchststrafe im Fußball: Auswechslung vor der Pause. Hinterher sollte der Schweizer sagen: "Er war einfach nicht gut genug." Punkt.

Der BVB hat aus dem Dembélé-Dilemma gelernt

Längst gehören Gerüchte um einen vorzeitigen Abgang Sanchos (Marktwert laut "Transfermarkt.de": 100 Millionen Euro) zum Dortmunder Alltag. Manchester United, Manchester City, Real Madrid, der FC Liverpool - sie alle nehmen die sich zuspitzende Lage im Ruhrpott wahr. Und beim BVB haben sie aus dem Fall Dembélé gelernt.

Zum einen, dass sie Sancho bei Fehltritten umgehend "Grenzen setzen" müssen, wie es Sportdirektor Michael Zorc nannte: "Jadon ist schnell groß geworden und muss noch ein paar Dinge lernen", meinte er noch, nannte Sancho aber auch einen "guten Jungen".

Zum anderen, dass sie sich in Dortmund keine Illusionen machen, das Supertalent Sancho eher später als früher abgeben zu müssen. So erklärte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke jüngst bei Sky, wenn Sancho "kommt und sagt: 'Ich will wechseln', dann bespricht man das miteinander. Wenn keiner kommt, sind wir am glücklichsten. Aber ich gebe keine Garantien mehr für die Ewigkeit."

Noch ist Sancho aber in Dortmund, sein Trainer fordert ihn dort zu einer professionelleren Lebensweise auf. Während der Länderspielpause hatte Sancho wenig Zeit, über diesen gut gemeinten Tipp nachzudenken, er war für England im Einsatz. Zurück im Bundesligaalltag hat der mit so viel Fußballfertigkeit gesegnete 19-Jährige im Heimspiel gegen den Tabellenletzten Paderborn aber die Chance, seiner Saison eine Wende zu geben.

Verwendete Quellen:

  • kicker.de: "Die Kritik nimmt zu: Sancho auf Irrwegen"
  • spox.de: "Jadon Sancho beim BVB: Zuckerbrot und Peitsche gegen die Krise"
  • sofascore.com: "Jadon Sancho"
  • sport.sky.de: "Herr Watzke, ist Sancho im Sommer auf dem Markt?"
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