Nach dem geplatzten Investoren-Deal stehen die DFL-Bosse Dr. Marc Lenz und Dr. Steffen Merkel zumindest auf dem Papier erneut als Verlierer da. Die nun neu angesetzte TV-Rechtevergabe könnte sich für das Duo an der DFL-Spitze aber noch als Glücksfall erweisen.
Nun also alles wieder zurück auf Anfang: Der Streit um die Auktion der Rechtevergabe der Bundesliga ist nach dem Schiedsgerichtsspruch vom vergangenen Dienstag vorerst zwar auf Eis gelegt - gelöst ist das große Problem deshalb aber noch lange nicht.
Ganz im Gegenteil drängt die Zeit massiv: Bereits für den März nächsten Jahres ist das Lizenzierungsverfahren der Deutschen Fußball Liga (DFL) geplant, dem die finanziellen Planungen der 36 Profi-Klubs zugrunde liegen, welche wiederum zu einem beträchtlichen Teil auf den zu erwartenden Einnahmen aus dem Verkauf der TV-Rechte ab der Saison 2025/26 basieren.
Vereinfacht formuliert kann kein Lizenzierungsverfahren abgewickelt werden ohne konkrete Zahlen der Klubs - die wiederum auf konkrete Zahlen des Liga-Verbands warten müssen. Die Verzögerungen bei der Auktion der Bundesliga-TV-Rechte für die kommenden vier Spielzeiten sind da wenig hilfreich.
Ausrufezeichen durch die Hintertür?
Im Streit mit dem Streaminganbieter DAZN hat die DFL am Dienstag auf den ersten Blick einen Rückschlag erlitten. Es geht nun in den kommenden Wochen und Monaten in einen erneuten Wettbewerb um die insgesamt 15 Rechte-Pakete und eben nicht nur um das ominöse Paket B, an dem sich der Streit entbrannt hatte. Für die DFL – und letztlich auch ihre 36 Klubs – bedeutet das einen enormen Zeitverlust.
Im Gegenzug aber auch die Chance, in dieser zweiten Bieterrunde mit noch nie da gewesenen Vorzeichen noch etwas mehr Geld zu erlösen. Der vermeintliche Etappensieg könnte sich für DAZN und auch dessen Kontrahenten Sky noch als teure Angelegenheit erweisen: Beide Wettbewerber wissen nun, was der jeweils andere zu zahlen bereit war, jeweils höher dotierte Angebote sind sehr wahrscheinlich und damit in letzter Konsequenz auch mehr Geld zur Ausschüttung an die Klubs.
Für den Liga-Verband mit seinen beiden Geschäftsführern Marc Lenz und Steffen Merkel wäre das ein wichtiges Signal: Mit einem Sieg durch die Hintertür könnte das Duo nach Problemen bei der Rechtevergabe und dem im Frühjahr auf den letzten Drücker gescheiterten Investoren-Deal jedenfalls ein klares Ausrufezeichen setzen.
Zumal in einer Zeit, in der in anderen europäischen Ligen und Verbänden die TV-Erlöse rückläufig sind. Und auch die Fifa hat ein dreiviertel Jahr vor dem Start der neu eingeführten Klub-WM noch immer massive Probleme: Es lässt sich partout kein Sender finden, der die "neue Ära des Klub-Fußballs" überträgt. Und von den groß angekündigten und besonders zahlungskräftigen Sponsoren ist auch noch nicht viel zu sehen.
DFL-Geschäftsführer seit Juli 2023
Für Lenz und Merkel könnte sich das Blatt also in den kommenden Monaten noch einmal entscheidend wenden. Und damit auch ihre Reputation. Bisher ist das Duo öffentlich eher selten in Erscheinung getreten, arbeitet seit seiner Berufung zu Geschäftsführern als Doppelspitze im Juli 2023 eher dezent im Hintergrund.
Damals hielten sich die Gerüchte, dass keiner von beiden die erste Wahl den Posten gewesen sein soll. Merkel und Lenz arbeiteten zwar seit Jahren in unterschiedlichen Feldern und Funktionen für die DFL, eine Vita im Profigeschäft konnte aber keiner von beiden aufweisen.
Trotzdem hatte DFL-Präsidiumssprecher Hans-Joachim Watzke große Hoffnungen in die beiden gesetzt. "Ich bin fest davon überzeugt, dass ihre frische, kreative Denkweise - gepaart mit ihrer jahrelangen, externen und hauseigenen Erfahrung und Expertise - eine sehr gute Voraussetzung darstellt, um die aktuellen Herausforderungen erfolgreich anzugehen."
Merkel steht bei TV-Rechtevergabe im Fokus
Lenz war einst bei der Uefa tätig, dann in der DFL als Direktor für Unternehmensstrategie und Internationale Angelegenheiten und hatte neben globalen sportpolitischen Themen auch zahlreiche Strategieprojekte mit wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Relevanz betreut.
Merkel war Direktor für den Bereich Audiovisuelle Rechte, darunter auch die TV-Rechte. Er war federführend bei der Vorbereitung des Konzepts zur Ausschreibung der nationalen Medienrechte ab der Saison 2025/26, das nun so im Fokus steht.
Dass das Schiedsgericht einen "Verfahrensfehler" bemerkte und der "Klage gegen die Vergabe des Rechtepakets B in der Medienrechte-Ausschreibung für die Saisons 2025/26 bis 2028/29 teilweise stattgegeben" hatte, fällt auch indirekt auf Merkel zurück.
Gemein haben beide ihre Vergangenheit als Unternehmensberater, den klassischen Stallgeruch aus einem der eingegliederten Klubs brachten und bringen Lenz und Merkel nicht ein.
Investoren-Deal auf der Zielgeraden geplatzt
Nun geht es für Lenz und Merkel auch darum, die "neue" Chance im Rahmen der TV-Rechtevergabe zu nutzen. Der geplatzte Investoren-Deal inklusive seiner besonders aufgeladenen Debatte um die Zukunft des deutschen Bundesliga-Fußballs wies das Duo bei seiner ersten großen Bewährungsprobe als Verlierer aus.
Lenz und Merkel hatten den Einstieg eines "Private Equity"-Unternehmens lange geplant und wurden quasi auf der Zielgeraden doch noch gestoppt. Dieses erste Leuchtturmprojekt ihrer noch jungen Amtszeit wurde zum Rohrkrepierer. Zumindest vorerst.
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Zwar ist auch in den kommenden Monaten kein weiterer ähnlicher Vorstoß zu erwarten, DFL-Repräsentant Watzke kündigte aber schon unmittelbar nach dem Scheitern des Deals an: "Eins ist natürlich klar: Die allermeisten werden schon sehen, dass wir irgendwie was machen müssen, wenn wir uns im Ausland als Bundesliga auch ein bisschen besser präsentieren wollen oder besser vermarkten wollen!"
Wird aus der "Niederlage" ein erster Sieg?
Jetzt bietet sich in der vermeintlichen Niederlage im Streit um die TV-Rechtevergabe für Lenz und Merkel sogar eine große Chance. Als eine Alternative zum Einstieg eines Investors war auch immer wieder die sogenannte Binnenfinanzierung der DFL-Klubs diskutiert worden. Dabei geht es grob formuliert um eine zeitweise Erhöhung des Abgabensatzes jedes Klubs an die DFL. Von acht bis neun Prozent der Medieneinnahmen sprach Merkel im Frühjahr in einem Interview mit dem "Kicker".
Für viele Klubs sei eine derart hohe zusätzliche Abgabe aber ein Problem, wie Merkels Kollege Lenz durch die Blume erläuterte: "Nur wenige Klubs haben uns signalisiert, dass dieses Modell für sie eine Option ist - primär wirtschaftlich starke Klubs, mit guter Eigenkapitalposition und sportlich nationalem Fokus auf die Bundesliga."
Sollten im Zuge der Neuausschreibung am Ende höhere Erlöse von DAZN oder Sky und den anderen Bietern erzielt werden, könnte das Modell der Binnenfinanzierung wieder interessant werden. Dann hätten die Klubs mehr Geld zur Verfügung und damit mehr Spielraum bei etwaigen Abgaben an den Liga-Verband. Und die DFL im Gegenzug ein schlagendes Argument, diesen Obolus auch einzufordern.
Für Lenz und Merkel wäre das ein kleiner Befreiungsschlag. Aktuell können die beiden DFL-Geschäftsführer noch nicht auf besonders große Erfolge verweisen.
Verwendete Quellen
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