Das Spiel um Platz drei gehört bei Weltmeisterschaften zum festen Bestandteil des Turniers, beim Sommermärchen 2006 war es der gelungene Abschluss der deutschen Mannschaft bei der Heim-WM. Bei Europameisterschaften gibt es ein solches Spiel aber nicht mehr. Ist das richtig so? Ein Pro und Contra.
Pro: Es braucht ein Spiel um Platz drei!
von Sabrina Schäfer
Ich muss mich schon sehr wundern: Normalerweise ist der Uefa doch jedes Mittel recht, noch ein bisschen mehr Geld aus den Fußballfans zu quetschen. Ausgerechnet beim Spiel um Platz drei bei Europameisterschaften verweist der Fußballverband auf die Unattraktivität dieser Partie, welche in den 1980er Jahren festgestellt wurde und seitdem als festgeschriebenes Gesetz gilt.
Auf mich wirken Europameisterschaften seit jeher unvollständig. Kein Treppchen der Welt besteht nur aus zwei Podesten, es sind immer drei. Warum ausgerechnet bei einem solch besonderen Turnier dieser dritte Platz nicht mehr ausgespielt wird, erschließt sich mir nicht.
Das Spiel um Platz drei hat für mich aber vor allem einen anderen Aspekt: Es ist ein Spiel für die Seele. Es gibt einerseits zumindest einem Team die Möglichkeit, sich nach dem verlorenen Halbfinale positiv von den eigenen Fans zu verabschieden.
Und andererseits, und das wird sicherlich von vielen belächelt, ist es eine Möglichkeit, auch den Spielern Einsatzzeiten zu geben, die bislang lediglich das Team hinter dem Team gestellt haben. Deren Wichtigkeit von jedem Nationaltrainer zwar immer wieder betont wird, die jedoch natürlich auch darauf brennen, ihre Fähigkeiten auf großer Bühne zu zeigen - und denen ohne das Spiel um Platz drei dieser Moment verwehrt wird. Und wir sprechen hier ja nicht von irgendwelchen traurigen Gestalten, die nicht Fußball spielen können.
Und ein Trostpreis ist übrigens auch ein Preis!
Contra: Das Spiel um Platz drei ist nur ein Trostpreis
von Julian Münz
Natürlich geht es bei Spielen um Platz drei um etwas. Beispielsweise darum, dem zweiten Torwart noch die Möglichkeit zu bieten, sich vor der nicht mehr ganz aufmerksam zuguckenden Weltöffentlichkeit zu präsentieren. Worum es hingegen nicht geht: um den dritten Platz. Denn der ist für die Spieler in dieser Phase des Turniers sowieso nicht mehr als ein Trostpreis, der Titel wurde ja schon verpasst.
Schön, dass die Uefa das ausnahmsweise genau so sieht und das Spiel gar nicht erst austrägt. Danken werden es dem Verband vor allem die Spieler, die ein für sie sportlich irrelevantes Spiel weniger bestreiten müssen, das am Ende den wenigsten in Erinnerungen bleiben würde. Klar gibt es Ausnahmen, das Sommermärchen 2006 mit dem herrlichen Abschluss in Stuttgart lässt grüßen. Aber wer erinnert sich noch gerne an das Spiel gegen Uruguay vier Jahre später?
Auch in diesem Jahr wäre ein Spiel um Platz drei nicht mehr als eine traurige Trostrunde. Die Niederländer hadern noch mit dem Schiedsrichter des Halbfinals, Frankreich wirkt nach einer blassen EM sowieso ratlos. Zumindest bleiben Mbappe, van Dijk und Co. jetzt ein paar Tage mehr Zeit, bevor die neue Saison schon wieder auf sie wartet und die Fußballwelt sich weiterdreht. Gut vorstellbar, dass sie die Halbfinal-Niederlagen dann doch lieber am Pool verarbeiten als in einem Stadion vor mehreren Millionen Fernsehzuschauern.
Manche Fans mögen es vielleicht bedauern, dass ihnen bei der EM jetzt nur noch ein Spiel bleibt. Aber da muss man als Fußballfan durch, auch die Sommerpause gehört zum Leben dazu. Und wer Spiele sehen möchte, bei denen das Ergebnis keinen so wirklich interessiert, hat ja auch weiterhin viel Auswahl: den Supercup zum Beispiel, die Nations League oder den 16:0-Testspielsieg des lokalen Drittligisten in der Saisonvorbereitung. Und in zwei Jahren steht dann schon wieder die WM an - inklusive Spiel um Platz drei.
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