Mehr als 15 Stunden musste die nigerianische Nationalmannschaft auf einem verlassenen Flughafen in Libyen ausharren, wie der Verband meldet. Die Konsequenz: Das Team boykottiert das Spiel gegen Libyen. Aus den Tweets von Bundesliga-Star Boniface spricht Angst.
Victor Boniface plagt die Angst. Über 15 Stunden saß er mit seinen Kollegen der nigerianischen Fußball-Nationalmannschaft am verlassenen Flughafen der libyschen Stadt Al-Abraq fest - kein Essen, kein Trinken, kein Schlafplatz.
"Das wird jetzt unheimlich. Ihr könnt die Punkte haben. Wir wollen nur in unser Land zurückkehren", schrieb der Leverkusener dann am Montagnachmittag bei X. Zuvor hatte er noch geschrieben: "Helft mir, meine Großmutter anzurufen und ihr zu sagen, dass es ihrem Enkel gut geht. Das ist krank."
Bonifaces Verein reagierte auf den Beitrag und schrieb dazu: "Pass auf dich auf, Victor - wir alle denken an dich und deine Teamkollegen". Eigentlich hätten die Nigerianer am Dienstag in Libyen zum Qualifikationsspiel für den Afrika-Cup antreten sollen. Doch wegen der "unmenschlichen" Behandlung bei der Einreise werde das Team um Boniface und den Augsburger Frank Onyeka die Partie boykottieren, teilte der nigerianische Verband mit.
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Der Flieger war kurz vor der Landung erst umgeleitet worden ins drei Busstunden vom Spielort Benina entfernte Al-Abraq, doch es fehlte das Abholkomitee - und die gesamte Reisegruppe strandete am Airport.
Nigerias Sportminister John Owan Enoh zeigte sich entrüstet, dass der Flug mit der Mannschaft umgeleitet worden sei und das Team sich nun "in so etwas wie einer Geiselsituation" befinde. Der Politiker sprach von "einem Trauma und psychischer Folter". Weil die Mannschaft Angst um ihre Sicherheit habe, könne das Spiel der Afrika-Cup-Qualifikation in Libyen am Dienstag nicht stattfinden.
Nigeria will nicht in Libyen antreten
Als Mannschaftskapitän habe er "zusammen mit der Mannschaft entschieden, dass wir dieses Spiel NICHT spielen werden", schrieb William Troost-Ekong in den sozialen Medien: "Sollen sie doch die Punkte haben."
Nach den Vorkommnissen am Flughafen habe das Team Sicherheitsbedenken. "Wir werden es nicht akzeptieren, mit dem Auto irgendwohin zu fahren, denn selbst mit Sicherheitspersonal ist es nicht sicher. Wir können uns nur vorstellen, wie das Hotel oder das Essen aussehen würde, wenn wir unsere Reise fortsetzen."
Am Nachmittag teilte Troost-Ekong über X noch ein Update mit: "Offenbar wird unser Flugzeug in diesem Moment aufgetankt und wir sollten in Kürze nach Nigeria aufbrechen." Er bedankte sich außerdem für die Unterstützung in den sozialen Medien und betonte, Nigeria würde ein Gastland niemals auf diese Weise behandeln.
Harte Strafe für Libyen gefordert
Delegationsmitglied Victor Ikpeba forderte harte Sanktionen gegen Libyen und unterstützte die Entscheidung zum Boykott des Spiels. "Wenn die CAF ihren Job versteht, sollte Libyen aus dem internationalen Fußball ausgeschlossen werden", sagte Afrikas Fußballer des Jahres 1997 der Nachrichtenagentur AFP: "Das ist ein Hochrisikoland, und man fragt sich wirklich, wer dafür gesorgt hat, dass Libyen seine Spiele zu Hause austrägt."
Er habe noch nie so etwas erlebt, "was ich in den letzten Stunden in Libyen erlebt habe. Die Mannschaft ist nicht sicher, und auch wir, die mit ihr reisen, sind nicht sicher. Wir waren mehr als 10 Stunden lang wie Geiseln in einem verlassenen Flughafen eingesperrt." Der Verband habe bei der Afrikanischen Fußballkonföderation (CAF) eine formale Beschwerde eingereicht. Wann die Heimreise stattfinden sollte, war zunächst unklar.
Nigeria ist in Gruppe D mit sieben Punkten Tabellenführer, Libyen ist mit einem Zähler Schlusslicht. Das Hinspiel hatten die Super Eagles am vergangenen Freitag in der südnigerianischen Stadt Uyo mit 1:0 gewonnen.
Nigeria vermutet Retourkutsche von Libyen
Die Nigerianer vermuten hinter der chaotischen Situation eine Retourkutsche der Libyer. Der libysche Verband LFF hatte sich zuvor Medien zufolge beschwert, beim Hinspiel in Nigeria am Freitag schlecht behandelt worden zu sein. Demnach habe das Gästeteam mehrere Stunden auf einen Shuttlebus warten müssen.
Die LFF wies den Sabotageverdacht zurück. Man sei "zutiefst besorgt" über den Vorfall, hieß es in einer Stellungnahme auf X: "Wir hoffen, dass dieses Missverständnis mit Verständnis und gutem Willen gelöst werden kann". Der Flug sei umgeleitet worden "aufgrund von Routineprotokollen der Flugsicherung, Sicherheitskontrollen oder logistischen Herausforderungen", wie sie im internationalen Flugverkehr auftreten könnten. (SID/dpa/bearbeitet von ska und lh)
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