Für jede Fußballweltmeisterschaft werden in den Austragungsorten neue und vor allem teure Stadien gebaut. Stadien, die im Anschluss nicht mehr benutzt werden – wie prominente Beispiele zeigen. Droht dieses Schicksal auch in Brasilien?
Mehr als 2,6 Milliarden Euro - so viel soll nach Schätzungen bereits für den Bau der WM-Stadien in Brasilien ausgegeben worden sein. Obwohl nicht jedes der zwölf WM-Stadien ein Neubau ist – auch die zahlreichen Umbauten waren kostspielig. So kostete zum Beispiel die vollständige Sanierung des 1950 eröffneten Maracanã-Stadions in Rio de Janeiro umgerechnet fast 360 Millionen Euro. Am 13. Juli 2014 wird dort das WM-Endspiel ausgetragen.
Was viele fürchten: Dass einige der Stadien nach der WM nicht mehr genutzt werden. In Brasília, Manaus, Cuiabá und Natal könnten die Stadien als "weiße Elefanten" enden. Dies sind Spielstätten, die viel kosten, aber keinen nachhaltigen Nutzen bringen. In anderen Worten, die Sportanlangen machen eher Ärger als dass sie Nutzen bringen. Kritiker sprechen deshalb von Verschwendung öffentlicher Gelder, Fußballfans von notwendigen Investitionen. Investitionen, die auch den Favelas, den Armenvierteln großer Städte, gut bekämen. Stattdessen müssen sich die Brasilianer ab 2015 wohl auf Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen einstellen. Denn jetzt fehlt das Geld, welches der Bau der Stadien verschlungen hat.
Doch werden die Stadien tatsächlich nach der WM nicht mehr gebraucht? Städte ohne Erstligavereine bemühen sich um eine sinnvolle Nachnutzung. Fußballvereine aus den unteren Klassen könnten die Stadien als Übungsplatz oder Spielfeld gebrauchen, heißt es. Dagegen sprechen allerdings die hohen Wartungskosten. Die Stadien etwa zu Krankenhäusern, Uni oder Hotels umzufunktionieren wäre eine weitere, aber nicht unbedingt wahrscheinlichere Nutzungsvariante. Zumindest nicht im abgelegenen Nordwesten des Landes, wo es nur eine mangelhafte Infrastruktur gibt.
Prinzip Hoffnung
Das 2013 renovierte Nationalstadion in der Hauptstadt Brasília ist mit 72.000 Plätzen die zweitgrößte Arena der Fifa-Veranstaltung und ein Musterbeispiel für nachhaltiges Bauen: aufgefangenes Regenwasser wird zur Rasenbewässerung und Toilettenspülung verwendet. Und dank neuester Photovoltaikmodule auf dem Dach funktioniere das Stadion wie ein Solarkraftwerk, betonen die Ingenieure. Trotzdem stellt sich auch hier die Frage nach Fans, Zuschauern und Großveranstaltungen – jenseits der WM 2014. Seit Jahren schon spielt keine regionale Mannschaft in der obersten Liga. Das aktuell beste Team "Brasiliense" hängt in der dritten Liga fest, volle Ränge erwartet keiner.
"Kein Stadion auf der Welt wird ausschließlich durch Fußballfans finanziert", sagte Brasílias WM-Beauftragter Claudio Monteiro kürzlich der Deutschen Welle. Für das Nationalstadion gibt es laut Monteiro jedoch bereits Pläne, in den unteren Etagen des Bauwerks künftig Geschäfte, Restaurants, Bars, Kinos und Theater anzusiedeln.
Investitionsruinen
Auch in Südafrika wurden für die WM 2010 moderne Stadien bereitgestellt. Sechs Milliarden kostete das Großereignis. Heute, vier Jahre später, ist klar: Der erhoffte wirtschaftliche Aufschwung blieb aus. Modern, aber leer – so stellt sich das Schicksal der südafrikanischen WM-Stadien dar, das sich in Brasilien wiederholen könnte. Unter anderem auch, weil Experten zufolge bereits acht WM-Spielstätten in Brasilien gereicht hätten. Hier hat die FIFA den tatsächlichen Platzbedarf nicht deutlich genug kommuniziert.
Immer häufiger werden deshalb Forderungen laut, dass sich die FIFA gerade in Entwicklungsländern finanziell mehr an den Kosten des Mega-Events beteiligen und nicht nur europäischen Spitzenverbänden unter die Arme greifen soll. Immerhin nahm der Weltverband laut Jahresbericht 2013 allein 437 Millionen Euro mit dem Verkauf von TV-Rechten für die WM ein, knapp 295 Millionen für Marketingrechte. Zur WM in Brasilien sollen umgerechnet 2,8 Milliarden Euro eingespielt werden, so die Prognose von Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke.
Bis sich künftige Zuständigkeiten geklärt haben, bleibt die Frage nach den "weißen Elefanten" also weiter ungelöst. Es sei denn, es geht nach dem ehemaligen Präsidenten des brasilianischen Fußballverbandes, José Maria Marin, der eine scheinbar ganz einfache Lösung parat hat. "Es hängt von der Kreativität und der Phantasie der Besitzer und Betreiber dieser Stadien ab, wie sie nach der WM genutzt werden", sagte Marin Ende 2013 in einem Interview.
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