Berchtesgaden (dpa) - Nach dem Entzug der Bob- und Skeleton-WM in Sotschi hat Königssee den Zuschlag für die Austragung der Titelkämpfe im Februar 2017 bekommen.
Darauf einigten sich der Weltverband IBSF und der Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD). "Nach Rücksprache mit den anderen deutschen Kunsteisbahnen haben wir Königssee als potenziellen WM-Austragungsort favorisiert und versprechen jetzt mit dem erfolgten Zuschlag attraktive Welt-Titelkämpfe", sagte BSD-Generalsekretär Thomas Schwab. "Wir verfügen über ein erfahrenes, professionelles Organisationsteam."
Damit werden auf der ältesten Kunsteisbahn der Welt zum fünften Mal nach 1979, 1986, 2004 und 2011 die Welttitelkämpfe im Bob ausgetragen (seit 2004 auch im Skeleton). Zuvor hatten sich auch andere Veranstalter wie Park City beworben. Doch eine erneute Übersee-Station nach den Weltcups in Whistler und Lake Placid wäre für die zahlreichen Teams aus logistischen und vor allem finanziellen Gründen nicht machbar gewesen. Zumal nach der WM die internationale Trainingswoche und das Weltcup-Finale als Olympia-Generalprobe auf der Bahn in Pyeongchang geplant sind.
Und da die Schweizer mit ihrem Bob-Mekka St. Moritz nur bei einer Termin-Vorverlegung die WM hätten ausrichten können, weil im Februar schon die alpine Ski-WM im Engadin stattfindet, blieben nur deutsche Bahnen übrig. Allerdings: Die schwierige Eisschlange im sächsischen Altenberg kam nicht in Frage, weil sie schon die WM 2019 ausrichtet. Winterberg, 2015 WM-Gastgeber, hätte in so kurzer Zeit die Titelkämpfe nicht realisieren können. Also nutzten die Bayern die Gunst der Stunde. "So kurzfristig kann nur der BSD und das top organisierte Team um Markus Aschauer so ein sportliches Highlight ausrichten", sagte Lokalmatador Johannes Lochner, im vergangenen Jahr WM-Zweiter im kleinen Schlitten.
Trotz des WM-Entzugs und massiver Dopinganschuldigungen wollen die russischen Athleten an der WM 2017 teilnehmen. Das bestätigte der russische Verbandschef Alexander Subkow der russischen Nachrichtenagentur Tass. Der Doppel-Olympiasieger von Sotschi, der nach seinem Rücktritt 2014 kurzzeitig mit seiner Skeleton fahrenden Tochter Elizaweta in Bayern lebte, soll selbst in den Dopingskandal der Russen verwickelt sein. "Selbstverständlich hat es in Russland kein staatlich gestütztes Doping-System gegeben, gibt es nicht und kann es nicht geben", sagte Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew den TV-Sendern in seinem jährlichen Interview. Er bezeichnete die Wegnahme der WM in Sotschi als "Kinderei". Dabei waren dem Entzug bereits massive Boykottankündigungen vieler Nationalverbände vorausgegangen.
Unterdessen droht dem Weltverband IBSF trotz seiner resoluten Anti-Doping-Haltung ein Finanzloch. Aufgrund der fehlenden Nachweise und Namen im McLaren-Report fehlt die juristische Grundlage, um die Schadenersatzforderungen der Russen aus dem gültigen Veranstalter-Vertrag wirksam anzufechten. "Da habe ich als IBSF-Finanzchef natürlich Bauchschmerzen. Zudem könnten plötzlich auch Nationen zu mir kommen und ihre Reise- und Stornierungskosten zurückfordern. Aktuell habe ich da noch keine Zahlen", sagte BSD-Präsident Andreas Trautvetter.
Für den deutschen Verband, der Ende Januar in Königssee schon den sechsten Saison-Weltcup ausrichtet, wäre eine schwarze Null am Ende ein Erfolg. Zwar sicherte das Bundesinnenministerium (BMI) einen sechsstelligen Euro-Beitrag zu und auch das Land Bayern erklärte sich bereit, Fördergelder zu zahlen. Doch eine halbe Million Euro sind für die Durchführung der zweiwöchigen WM mindestens nötig. © dpa
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