Kickboxen fristet in Deutschland ein Schattendasein. Es gibt jede Menge Vorurteile, die man im Kopf hat, wenn es um diese Sportart geht. Ein etwas dubioser, zwielichtiger Sport lautet ein weitverbreitetes Vorurteil. Und es ist ein harter Sport. Das kann man aber auf jeden Fall stehen lassen. Dennoch geht es beim Kickboxen um viel mehr als nur um rohe Gewalt und bloße Muskelmasse. Kickboxweltmeister Jonny Keta erklärt einen Sport, der in Deutschland so gute wie keine Beachtung findet.
Die meisten Menschen in Deutschland bringen Kickboxen vor allem mit einem Namen in Verbindung: Dr.
Doch dieser Name ist noch nicht einmal Sport-Experten ein Begriff. Dabei ist der gebürtige Albaner bei den Männer das, was Theiss für die Frauen ist: Weltmeister und Vorzeigesportler. Warum aber er so im Schatten steht und beispielsweise klassisches Boxen mehr beachtet wird, als sein Sport, der eigentlich viel attraktiver und spektakulärer ist, kann sich Keta auch nicht so richtig erklären.
Kickboxen: Respekt und mentale Stärke
Respekt und mentale Stärke: Diese zwei Aspekte hebt Keta im Gespräch immer wieder hervor. Wenn der Kickboxweltmeister spricht, geht es nicht um rohe Gewalt. Denn damit möchte er seinen Sport nicht in Verbindung gebracht wissen. Deshalb schaut sich Keta die Schüler in seinem Münchner Kickboxstudio auch ganz genau an. Wer meint, dem Trainer oder dem Gegner nicht den nötigen Respekt entgegenbringen zu müssen, der fliegt raus.
Denn eins will Keta auf jeden Fall vermeiden: Niemand aus seinem Umfeld soll das Gassenimage, das sein Sport bei vielen innehat, auch noch unterstützen. Denn davon ist Kickboxen meilenweit entfernt. Doch seine Schüler hängen an seinen Lippen und gehorchen aufs Wort. Dabei ist Keta, der im Ring explodiert, abseits davon die Ruhe in Person.
Vieles - wenn nicht sogar das wichtigste an dieser Sportart - spielt sich im Kopf ab. Ohne Verstand kann man keinen Kampf gewinnen. Auch ein Weltmeister musste das erst lernen. Schmerzlich. Als Keta von Albanien nach Deutschland auswandert, versucht er sich zuerst im Standardboxen. In der Heimat hatte er sich als Amateurboxer einen Namen gemacht, arbeitete als Bodyguard und bewunderte Herkules und Rocky. Die politischen Veränderungen in der Heimat spülten ihn nach Deutschland
Keta, der in Albanien aus einem Traktorsitz ein Wandschlagpolster gebaut hatte und normale Arbeitshandschuhe mit Ziegenhaar fütterte, steigt in der neuen Heimat in den Ring. Doch er kämpft nur mit "Herz und Muskeln", wie er selbst sagt. Ihm fehlt damals noch die Technik. Und er verliert nicht nur den einen Kampf. Sondern er verliert die ersten drei Kämpfe. Keta will Schluss machen mit dem Boxen.
Doch dann tritt Viktor Köhl in das Leben von Keta. Der Würzburger Kickboxtrainer hatte Ketas Kämpfe gesehen und dessen Potential erkannt. Köhl spricht ihn an. Mit einem Satz, der Ketas Leben auf den Kopf stellen wird und ihn schließlich zum Weltmeister machen sollte: "Du kannst Champion werden." Diesen Traum verfolgt Keta. Unbeirrbar. Im Studio von Köhl.
Und der umtriebige Schweißtreiber Köhl sollte tatsächlich Recht behalten. Keta wird im Jahr 2011 Weltmeister und verteidigt seinen Titel im Dezember 2012. Und das, obwohl eine schwere Kreuzbandverletzung fast das Karriereaus bedeutet hätte. Doch unbeirrbar kämpfte Keta um sein Comeback nach der schweren Verletzung. "Du kannst Champion werden", hämmerte er sich in sein Gedächtnis und er packte es: die Titelverteidigung 2012 gegen den Niederländer Remo Arns.
Gegen Ende eines langen Tages verrät Keta seinen Hauptantrieb.
"Angst", lautet seine simple Antwort und er lacht. "Wer keine Angst hat im Leben, gewinnt nicht", sagt der Champ. "Ich habe aber keine Angst vor dem Gegner oder vor Schmerzen, sondern ich habe Angst zu verlieren." (ska/ae)
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