Berlin - Die frühere Auswahlturnerin Kim Bui fordert angesichts der Missbrauchsvorwürfe im deutschen Turnen einschneidende Veränderungen im Verhältnis zwischen Sportlerinnen und Trainern. In einem Interview der "Bild am Sonntag" verlangte die 36-Jährige: "Das krasse Machtgefälle zwischen Trainern und Athletinnen muss aufgebrochen werden."
Bui schilderte erneut eigene Erfahrungen aus ihrer aktiven Zeit. Sie habe es lange für normal gehalten, mit Schmerzen und Verletzungen bei Wettkämpfen anzutreten. "Dass man immerzu mit dem eigenen Gewicht ringt und sich ständig nach dem Essen übergibt. Dass Trainer dieses Verhalten mit ihren Kommentaren noch befeuern und sich sogar ins Intimleben von Sportlerinnen einmischen."
"Straftraining und mehr"
Sie sprach von einem System der Angst, in dem man verinnerliche, dass man als Sportlerin den Mund zu halten und zu funktionieren habe. "Wenn man sich später in der Pubertät dann doch mal auflehnt, wird man abgestempelt: Störenfried, Querkopf, Sensibelchen, ungeeignet für den Leistungssport. Dann droht Straftraining und mehr."
Nach Platz drei mit der Mannschaft bei den Heim-Europameisterschaften 2022 hatte Kim Bui ihre Karriere beendet. In ihrem anschließend veröffentlichten Buch "45 Sekunden" thematisierte sie ihre Essstörungen.
Simone Biles als positives Beispiel
Angeführt von den früheren Auswahlturnerinnen Tabea Alt und Michelle Timm hatten mehrere Athletinnen in den vergangenen Wochen Missstände am Stützpunkt in Stuttgart öffentlich gemacht. Ein zunächst vorläufig freigestelltes Trainer-Duo soll nicht in den Trainingsbetrieb im dortigen Kunstturn-Forum zurückkehren.
Als positives Beispiel nannte Bui US-Star
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