Colin Kaepernick will sich mit den gesellschaftlichen Zuständen in den USA nicht abfinden. Der Protest des vereinslosen Football-Profis gegen Rassismus, Ungleichbehandlung und Polizeigewalt machte Kaepernick weltberühmt. Jahre später stellt er fest, dass er fast nichts bewirkt hat. Das gelte zumindest für die USA.

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Ex-Quarterback Colin Kaepernick empfindet die gesellschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahre in den USA als "brutal frustrierend". Der alltägliche Rassismus und die Vorurteile gegen einzelne Bevölkerungsgruppen hätten ein Level erreicht, "das ich nicht erwartet habe", sagte der frühere NFL-Star im Interview mit dem Magazin "GQ Germany": "Es wurden zahlreiche Anstrengungen unternommen, die Situation sogar noch zu verschärfen und Fortschritte, die gemacht wurden, wieder rückgängig zu machen."

Im Kampf gegen Rassismus, Ungerechtigkeit und Polizeigewalt nimmt Kaepernick seit Jahren eine Vorreiterrolle ein. Als erster NFL-Profi war der Spielmacher in der Vorbereitung der Saison 2016/17 aus Protest auf die Knie gegangen, während die US-Nationalhymne vor einer Partie lief. Damit wurde Kaepernick zu einem Gesicht der weltweiten Black-Lives-Matter-Bewegung.

"Das Problem wird noch größer."

Colin Kaepernick über den Rassismus in den USA

"Wir haben es geschafft, dass so viele Menschen aufstehen und sagen, dass es so nicht weitergehen kann. Dass so viele Menschen sich dieses Problems bewusst werden – und gleichzeitig wird das Problem noch größer. Das bereitet mir große Sorgen", betonte der 36-Jährige, der durch seinen Protest in der NFL zur persona non grata wurde.

Die ganze Welt hat Notiz genommen

Trotz dieser Sorge stellte Kaepernick jedoch auch fest, darüber "überrascht" zu sein, "wie sich diese Aktionen über die ganze Welt ausgebreitet haben. Ich wusste nicht, dass das Problem in so vielen Ländern so tief verwurzelt ist. Ich glaube nicht, dass irgendjemand diese Reaktionen hätte vorhersehen können." Die Protestgeste verbreitete sich global. So knieten unter anderem Fußballer bei Länderspielen, in der englischen Premier League und in der Bundesliga ebenfalls nieder, um ein Zeichen gegen Rassismus und Ausgrenzung zu setzen.

Es habe eine Aufbruchstimmung gegeben, "dass sich alles in die richtige Richtung bewegt, dass sich jetzt tatsächlich etwas ändern kann und dass wir alle auf eine bessere Zukunft zusteuern. Aber gleichzeitig war 2022 das Jahr, in dem die meisten Menschen durch Polizisten getötet wurden – in der Geschichte der USA. Die Lage wurde also noch schlimmer."

Colin Kaepernick wartet auf einen neuen Klub in der NFL

Kaepernick, der die San Francisco 49ers in der Saison 2012/13 in den Super Bowl geführt hatte, hatte 2017 als Folge seines Protests keinen Vertrag mehr erhalten. Seither wartet der Quarterback auf ein Comeback in der NFL. Unter anderem der damalige US-Präsident Donald Trump hatte die aufbegehrenden Stars verurteilt und verunglimpft.

Sein oberstes Ziel sei es, "das Leben der Menschen um mich herum und der gesamten Black Community zu verbessern", hob Kaepernick hervor: "Es ist nicht immer der einfachste Weg, den ich dann einschlage, aber die Richtung ist dadurch eindeutig vorgegeben."

Kaepernick sieht die Möglichkeit, "für eine bessere Zukunft zu sorgen"

Es stimme ihn "optimistisch, zu sehen, wie viele Menschen die Realität dessen, was in der Welt passiert, anerkennen. Das eröffnet die Möglichkeit, diese Realität zu verändern und für eine bessere Zukunft zu sorgen", sagte Kaepernick.

Er selbst hat inzwischen in den USA zahlreiche Initiativen gegründet und Projekte finanziell unterstützt, die sich gegen Rassismus und Ausgrenzung einsetzen. Vom Magazin "GQ" wurde er für sein Engagement im Jahr 2023 in Berlin als "Man of the Year" in der Kategorie Sport ausgezeichnet. (sid/dpa/hau)

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