Anlässlich der Olympischen Sommerspiele werden viele Menschen wieder auf den Medaillenspiegel schauen. Aus deutscher Sicht droht eine Enttäuschung. Die Ursachen dafür sind nicht zwingend struktureller Natur. Tennis-Legende Boris Becker legt den Finger in die Wunde.

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Tennisikone Boris Becker sorgt sich kurz vor dem Start der Olympischen Spiele in Paris um die Konkurrenzfähigkeit des deutschen Sports. "Wir wollen immer die Besten sein und sind aber nicht bereit, alles dafür zu tun. Das ist in vielen Bereichen der Gesellschaft so, auch im Sport", sagte der 56-Jährige in einer Medienrunde des TV-Senders Eurosport. "Leider lügen die Medaillenspiegel nicht. Das sind Fakten, nackte Zahlen." 2021 in Tokio hatte es für das deutsche Team mit 37 Medaillen die schwächste Ausbeute seit der Wiedervereinigung gegeben. "Ich hoffe, ich irre mich und wir erleben hervorragende Spiele in Paris, aber wir müssen echt auf die Zähne beißen", fügte Becker hinzu.

"Bei uns ist das Leistungsprinzip (...) verloren gegangen."

Boris Becker

Der dreimalige Wimbledonsieger sieht in Deutschland grundsätzliche gesellschaftliche Probleme. "Bei uns ist das Leistungsprinzip ein bisschen verloren gegangen. Das ist der rote Faden in Deutschland insgesamt." Viele Nachwuchs-Tennisspieler würden Wimbledon gewinnen wollen, die Eltern sich dann aber über zu hartes Training oder dessen Zeitpunkt beschweren. Der ehemalige Wimbledonsieger war im deutschen Tennis viele Jahre lang unter anderem für die Nachwuchsförderung verantwortlich.

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Boris Becker vermisst die Leistungsbereitschaft

"Es bedarf einer gewissen Leistungsbereitschaft, die muss aber von allen Seiten so gewollt werden. Das ist bei uns leider momentan so nicht der Fall", mahnte Becker. Diese sei "auf der ganzen Welt für einen Sieg höher als bei uns momentan."

"Bei der Leichtathletik-WM in Ungarn gab es nicht eine Medaille für Deutschland. Muss ich noch mehr dazu sagen?", fragte Becker. Früher seien die Sportlerinnen und Sportler eher bereit gewesen, für den Erfolg alles zu geben und Opfer zu bringen. "Das passt momentan leider nicht in die deutsche Gesellschaft." (dpa/sid/hau)

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