Ich muss zugeben: Dies ist mein bislang schwierigster Wochenrückblick. Es kommt vermutlich nicht überraschend, dass der auch für mich bis zuletzt als unrealistisch eingeschätzte Überfall von Wladimir Putin auf die Ukraine beim Schreiben diese Zeilen schwerer wiegt als alle anderen Themen zuvor.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht der Autorin dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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Wenn ich ehrlich bin, habe auch ich einen Angriffskrieg auf ein nur zwei bis drei Flugstunden von Berlin entferntes Territorium bis zuletzt nicht für möglich gehalten. Wie wahnsinnig kann ein politischer Führer sein, dass er zu einem skrupellosen Aggressor wird und sein Land gegen die gesamte restliche Staatengemeinschaft als Gefahr für den Weltfrieden positioniert?

Auch jetzt, wo der unsägliche Krieg in der Ukraine längst begonnen und bereits viele Opfer gefordert hat, bleibt die Situation für mich surreal. Auch wenn es infantil klingen mag: Noch immer erwische ich mich regelmäßig für den Bruchteil eines Momentes dabei, zu hoffen, ich würde demnächst aus einem sehr bitteren Albtraum erwachen.

Albtraum, aber real

Leider wird sich dieses befreiende Glücksgefühl nicht einstellen, wenn man morgens in einer Art Zwischenwelt aus Halbschlaf und Erwachen realisiert, dass die schrecklichen Erlebnisse, denen man noch wenige Sekunden zuvor verängstigt gegenüberstand, nur ein Traum waren. Und ich wache im sicheren Hamburg.

Meine Erschütterung darüber, wie viele unzählige Dimensionen schlimmer es für die Menschen in der Ukraine ist, wo Familien inzwischen ihre Nächte mit Schlafsäcken in U-Bahn-Schächten verbringen, weil der Himmel über ihrer Heimat zu einem Schlachtfeld geworden ist, sprengt jede Dimension der Vorstellungskraft.

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Was für grausame Tage müssen diese Menschen ertragen? Unverschuldet in einen kriegsverbrecherischen Angriff geraten, den sie nicht wollten, nicht provoziert haben und – natürlich – nicht verdienen. Kein Mensch, erstrecht kein Kind, verdient es, mit der Angst zu Bett zu gehen, ein Raketenangriff könne das eigene Leben und das seiner Familie jeden Augenblick wie aus dem Nichts beenden.

Wladimir Putin wird als schwerkrimineller Despot in die Geschichtsbücher eingehen. Als skrupelloser Tyrann, der sich mit seinen Machtneurosen, seinem beispiellosen Desinformationskrieg und seinem sorgfältig aufgebauten weltweiten Netz von Steigbügelhaltern in Zeiten des Kalten Krieges zurücksehnt, wie wir sie aus den 50er Jahren kennen.

Seine Unterstützer, das darf man nicht unerwähnt lassen, sind auch in unserem Land zahlreich vertreten. Darunter gekaufte Autokratie-Verteidiger wie der ehemalige Sozialdemokrat und Altkanzler Gerhard Schröder oder die diktaturverliebten Fake-News-Terroristen der AfD. Auch sie werden ihren Platz in den Geschichtsbüchern einnehmen. Auch der ihrige wird kein ruhmreicher sein.

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Putin-Romantiker am Abgrund

Die AfD hat es am Sonntag, während einer schon jetzt legendären Bundestagsdebatte, die noch unsere Enkel und Urenkel in der Schule analysieren werden, tatsächlich geschafft, als einzige Partei regungslos sitzen zu bleiben, als sich alle demokratischen Parteien im Reichstagsgebäude geschlossen erhoben und den ukrainischen Botschafter – stellvertretend für sein Land und die Menschen in der Ukraine – mit Standing Ovations feierten. Ein weithin leuchtendes Belegverhalten für die vollkommende Entmenschlichung und die irreparable Fehljustierung einer Partei, deren einzige Strategie aus permanenter, äußerst unfiligran und auf sehr bescheidenem intellektuellem Niveau vorgetragener Provokation besteht.

Während sich also selbst Kommentatoren, die Olaf Scholz seit seinem Wechsel an den Steuerknüppel des Kanzleramtes mangelnden Elan, fehlende Präsenz und lähmende Tatenlosigkeit attestiert hatten, in Lobeshymnen über seine Rede und die Entschlossenheit der Bundesregierung übertrafen, gehen frustrierte Querdenker, orchestriert auch von den lupenreinen Turbodemokraten der AfD, auf die Straße und deklarieren den Krieg in der Ukraine als nächsten Mosaikstein der Diktatur-Strategie einer manipulierten Machtelite, die nach der langsam schwindenden Furcht vor Corona die Menschen nun mit einer neuen, erfundenen Angst, konkret der vor einem neuen Weltkrieg, klein, hörig und fremdgesteuert halten wollen. Wäre es nicht so beschämend, man könnte es für Satire halten.

Wolodymyr Selenskyj Superstar

Deutlich bessere Sympathiewerte als der gerne oberkörperfrei auf unschuldigen Pferden reitende Putin hat Wolodymyr Selenskyj, der Präsident der Ukraine. Der hat bereits mehrere Angebote zur sicheren Evakuierung ausgeschlagen, um stattdessen lieber in Kiew bei seinem Volk zu bleiben und sich dem Kampf gegen die Invasoren persönlich zu stellen.

Selenskyj hatte seine Karriere ursprünglich als Schauspieler begonnen – besonders bekannt für Komödien. Sogar an der ukrainischen Version des TV-Events "Let´s Dance" nahm er teil. Dass ausgerechnet er nun zu einem politischen Leitbild für Ehrenhaftigkeit, Mut und heldenhaftes Verhalten wird, hätte wohl kaum jemand für möglich gehalten. Am wenigsten Wladimir Putin, der Selenskyj, wie so vieles in den letzten Tagen, brutal unterschätzt hat.

Viele Russen sagen inzwischen: Die Ukrainer wählten einen Clown und bekamen einen Präsidenten – wir Russen wählten einen Präsidenten und bekamen einen Clown. Und mit diesem Clown kamen tatsächlich die Tränen.

Nun sagt man gemeinhin gerne: Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Und das mag stimmen. Vielleicht bedeutet das aber umgekehrt: Wer zuletzt weint, weint für immer.

Denn all die Pläne, die Putin gehabt haben mag, basierend auf seiner Überzeugung, mit der Ukraine auf einen Gegner zu treffen, der sich innerhalb kürzester Zeit ergeben würde, haben sich in Luft aufgelöst. Ganz ähnlich wie die weltweit eingefrorenen Vermögen der zahlreichen Oligarchen, die sie ohnehin zumeist der Gunst von Putin zu verdanken hatten, der ihnen unter dubiosen Umständen Goldgruben wie etwa Gas-Unternehmen zuschusterte.

Ebenfalls bemerkenswert ist die kompromisslose Entschlossenheit von Vitali Klitschko. Der Bürgermeister von Kiew ist ebenfalls vor Ort und nutzt unter anderem seine weltweite Bekanntheit, um an den Rest der Welt zu appellieren, die Ukraine zu unterstützen und zu helfen, diesen Krieg schnellstmöglich zu beenden.

Es ist kein Geheimnis, dass der ehemalige Box-Superstar Vitali Klitschko mit seinem Millionenvermögen im Rücken schon längst in Hamburg, London, New York, St. Tropez oder der Karibik in Luxushotelbetten liegen könnte und sich ein schönes Leben machen. Aber er ist in Kiew und riskiert sein Leben. Es wird sein bedeutendster Kampf – gewonnen hat er auf gewisse Weise allerdings jetzt schon.

Russland in Putins Beugehaft

Neben der totalen politischen Isolation seines Landes, mit dem kein demokratischer Staat jemals wieder in freundliche demokratische Verhandlungen gehen wird, solange er dort Präsident ist, hat der größenwahnsinnige Putin vor allem eines geschafft: Solidarität. Allerdings anders als geplant nicht von seinem Volk. Im Gegenteil: Die Einigkeit unter den Völkern der Welt war nie größer.

Wenn die westlichen Länder Wladimir Putin in seine Schranken gewiesen haben, wird der Gewaltherrscher über Russland mit seinem finalen Schachzug zur Destabilisierung der Welt, so wie wir sie lieben, exakt das Gegenteil von dem erreicht haben, was er sich mit seinem verbrecherischen Angriff auf die Ukraine erhofft hatte. Der Westen steht vereinter zusammen als je zuvor.

Und es werden nicht zuletzt die Menschen in seinem eigenen Land gewesen sein, die ihn und seiner Kriegstreiberei ein Ende gesetzt haben. Schon heute demonstrieren hunderttausende mutigster Russen und Russinnen auf den Straßen ihrer Städte – in vollem Bewusstsein dessen, dass ein auf Angst, Unterdrückung, Fake News und Manipulation aufgebautes System wie das Putin-Russland sie dafür jederzeit festnehmen und ohne vernünftigen juristischen Prozess einkerkern könnte.

Auch diese Menschen sind Helden, denn Helden gibt es viele in diesen Tagen. Auch in Russland. Eines bleibt nämlich wichtig immer wieder zu sagen: Nicht Russland führt einen Krieg gegen die Ukraine. Wladimir Putin und seine Boyband alter, machtbesessener, kaltblütiger, seelenloser, inhumaner Menschen-, Freiheits- und Demokratiefeinde führen ihn.

Flankiert von seinen Propaganda-Marionetten wie hierzulande Sahra Wagenknecht, die den Deutschen noch zwei Tage vor seiner Kriegserklärung in ihrer schon aus der Corona-Diskussion bekannten hocharroganten Besserwisser-Art in beinahe herablassendem Tonfall zu erklären versuchte, Putin hätte auch nicht das leiseste Interesse an einem Krieg in der Ukraine. Fälscher lag ja nicht mal Armin Laschet, als er einen klaren Sieg der Union bei der Bundestagswahl prognostiziert hatte.

Geschichte wiederholt sich

Die Geschichte zeigt, dass niederträchtige Landesfürsten, die ihr Volk in einer Schreckensherrschaft zu unterjochen versuchen, am Ende niemals gewinnen. Kein Despot ist jemals in Ruhe, an einem schönen Ort, umhüllt von Liebe und Anerkennung zufrieden gestorben.

Sie alle bekamen ihre Quittung, früher oder später. Wenn es nach mir ginge, im Fall von Putin gerne früher, denn in jeder weiteren Stunde Krieg sterben unschuldige Menschen. Aber selbst, wenn es noch länger dauern sollte, als ich es vielleicht erhoffe: Wladimir Putin wird sich für seine Taten verantworten müssen. Und das Urteil der demokratischen Welt wird hart sein. #StayWithUkraine

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